Die Symbiose zwischen Fledermäusen und Menschen
Tierschützer wollen Bewusstsein für die Wichtigkeit der Nachtschwärmer schaffen. Zur Forschung dienen ausgeklügelte technische Hilfsmittel.
HARTKIRCHEN. Erst als der Mensch seinen Triumphzug antrat und seine eigenen vier Wände erbaute, konnte sich die Fledermaus entfalten. Die Säuger, die es bereits seit etwa 30 Millionen Jahren gibt, verließen ihre Höhlen und bezogen Dachböden und Kirchtürme. "Dort fühlen sie sich wohler. Im Sommer ziehen sie ihre Jungen groß, und da muss es sehr warm sein. Überhaupt sind sie sehr eng mit dem Menschen verbunden", sagt Guido Reiter, Geschäftsführer der KFFÖ (Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Österreich), die sich seit zehn Jahren für die Fledertiere einsetzt. Einer dieser Dachböden befindet sich in einem verlassenen Haus in Hartkirchen. Dort leben derzeit zirka 100 Mausohren- und 200 Wimperfledermäuse. Ansonsten sind viele Kolonien in Grieskirchen und Eferding noch nicht bekannt, fünf Wochenstuben wurden bisher entdeckt. Zwischen 17 und 19 Gattungen kommen in den beiden Bezirken vor. Überhaupt sind viele Tierarten noch nicht erforscht. Die Schätzungen der tatsächlichen Zahlen schwanken zwischen 10 und 100 Millionen, nur etwa 1,75 Millionen sind bekannt und beschrieben.
Renovierung kann Lebensraum zerstören
Die in Hartkirchen hausende Mausohrenfledermaus wird nicht als gefährdet eingestuft. Sie ist mit einer Flügelspannweite von 35 bis 40 Zentimetern und einem Gewicht von 20-30 Gramm die größte heimische Art und wandert bis zu 100 Kilometer bis zu ihrem Winterquartier. Die Wimperfledermaus hingegen ist wegen vermehrten Renovierungs- und Ausbaumaßnahmen an Dachböden angezählt. Sie gehört mit 22 bis 24,5 Zentimetern Spannweite und sieben bis 15 Gramm zu den mittelgroßen Gattungen.
Nutztier des Bauern
Fledermäuse fressen vor allem Insekten, darunter auch giftige und schädliche. "Die meisten Bauern sehen Fledermäuse daher nach einem Aufklärungsgespräch als nützlich an", freut sich Reiter. Die Säugetiere von einem verlassenen Ort wie dem Haus in Hartkirchen zu einem Bauernhof zu lotsen, hat allerdings keinen Sinn: "Sie sind extrem ortstreu und suchen nur im Winter ein anderes Quartier. Für den Winterschlaf brauchen sie niedrige Temperaturen, um nicht zu viel Energie zu verbrauchen. 100 Kilometer legen sie dabei schnell mal zurück." Die KFFÖ sorgt dafür, dass Fledermäuse bei Bauarbeiten geschützt werden. Sie versucht, mit Quartiersbesitzern und Bauherren Regelungen zu finden, damit die Tiere durch Baumaßnahmen nicht beeinträchtigt werden. "Ein- und Ausflugsöffnungen sollen, wenn immer möglich, erhalten bleiben" bittet Reiter. Die Organisation betreut bis zu 100 Fledermausquartiere und führt laufend Zählungen durch. Außerdem erfahren die Forscher durch technische Hilfsmittel immer mehr über das Leben und die Verhaltensweise von Fledermäusen. Beispielsweise durch Miniatursender, die per Hautkleber an den Fledermäusen angebracht werden. Der "Batcorder" kann sie im Anschluss etwa eine Woche lang orten.
Schwungvolle Forschung dank Windkraft
Ein weiteres Utensil ist der Detektor: Durch ihn kann auf Basis aufgezeichneter Rufe am nächsten Tag ausgewertet werden, welche Fledermausarten in der Nacht an einem bestimmten Ort vorbeigeflogen sind. "Die Fledermaus-Forschung entwickelt sich rasant. Sie wurde unter anderem durch die Vermehrung von Windkrafträdern vorangetrieben, da Fledermäuse dort ein Problem darstellen", sagt Reiter. Das Vorhaben, das vermehrte Aussterben zu verhindern, sei auf einem guten Weg. Doch von den 28 Arten in Österreich seien weiterhin zehn stark gefährdet. Laut Gerald Neubacher von der Abteilung Naturschutz des Landes Oberösterreich kann nie eingeschätzt werden, "was passiert, wenn eine Tierart ausstirbt. Es ist wichtig, Wissen und Bewusstsein für Artenschutz zu schaffen. Darum setzen wir uns in langfristigen Projekten für Arten wie die Fledermäuse ein." Die KFFÖ zählt etwa 30-40 ehrenamtliche Mitarbeiter. Vor allem bei Jungen soll das Verantwortungsgefühl wachsen. Denn so wie Fledermäuse unsere Dachböden brauchen wir Menschen die Tiervielfalt, um zu überleben.
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