Starker Gegenwind bei Eliteschulprojekt

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Die öffentliche Gemeindeversammlung zur Präsentation des Elitecampus hatten sich die Projektverantwortlichen wohl etwas anders vorgestellt. Aufgrund des massiven Publikumsandrangs musste die Informationsveranstaltung vom Gasthof Post in den Gemeindesaal verlegt werden. Rund 400 Bürger waren gekommen, um den Ausführungen des Projektwerbers und der Gemeindeführung zu lauschen und mehrheitlich ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen.

Projektvorstellung

Die Betreiberfirma Nobel Education Network möchte rund 60 Millionen Euro in die Hand nehmen und auf dem Areal zwischen Sportanlage und Campingplatz einen Campus nach angloamerikanischen Vorbild errichten. Das Hauptgebäude, ein Boardinghaus, die Schule, ein Turnsaal und mehrere Internatseinheiten sollen in dem Areal Platz finden. Für dieses Vorhaben müssen rund vier Hektar Wald gerodet und eine Zufahrt zum Campusgelände gebaut werden. Das Projekt soll vom Wörgler Projektentwickler TIS Development GmbH in drei Bauabschnitten verwirklicht werden. Im Endausbau soll eine Eliteschule für 400-500 Schüler und 50-60 Lehrern aus aller Herren Länder entstehen.

Jahrhundertchance für die Gemeinde

Bgm. Friedl Hoppichler und Vizebgm Mario Weger sehen in dem Projekt die einmalige Chance, die Finanzen der Gemeinde langfristig zu sichern und wieder etwas Leben in das zu einer Schlafregion verkommende Südöstliche Mittelgebirge zu bringen. Sie führen Gründe wie Wirtschaftsimpulse über Umwegsrentabilität, Initiierung einer regionalen Wertschöpfungskette und Stärkung der regionalen Wirtschaft ins Treffen. Die Gemeinde soll demnach rund 2 Mio. Euro aus dem Grundstücksverkauf, 1 Mio. Euro aus der Erschließung und rund 130.000 Euro pro Jahr an Kommunalsteuern lukrieren. „Mit diesem Geld sind wir auf einem Schlag unsere Sorgen los und können es zum Wohle der Bevölkerung, beispielsweise für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur einsetzen“, so Bgm Friedl Hoppichler.

Fehlende Nachhaltigkeit in sämtlichen Bereichen

Die Bürgerinitiative und ein Großteil der anwesenden Bürger sehen dies naturgemäß etwas anders. Abgesehen vom Verlust eines beliebten Naherholungsgebietes und eines Schutzkorridors gegen Wind, Geruchsbelästigung und Schadstoffeintrag empfinden sie das Projekt als für das kleine Mittelgebirgsdorf völlig überdimensioniert. „Die Gemeinde Rinn ist für einen Bevölkerungszuwachs von rund 30% gar nicht ausgelegt“, meint etwa die Sprecherin der Bürgerinitiative, Daniela Köck-Nardelli. „Es fehlt die Einbettung des Projekts in das wirtschaftliche, soziale und naturräumliche Gefüge der Region“. Weitere Stimmen sprechen von einer Ghettoisierung, von einem Dorf im Dorf ohne Interaktion mit der örtlichen Bevölkerung, und auch die lange Bauzeit von zehn Jahren mit den unzähligen LKW-Fahrten, Lärm, Staub- und Geruchsbelästigungen quer durch das Dorf sind vielen Bürgern ein Dorn im Auge. Schließlich wird auch ein Impuls für die regionale Wirtschaft kritisch hinterfragt, denn „ein so riesiger Komplex werde sicherlich von Großzulieferern versorgt und nicht von den kleinen Betrieben und Bauern der Region“, so die Sprecherin der Bürgerinitiative.

Demokratiepolitische Entscheidung

Die Gemeinde Rinn hat mit der öffentlichen Bürgerversammlung ein demokratiepolitisches Zeichen gesetzt, dass nämlich Projekte mit solch weitreichenden Auswirkungen für Mensch und Umwelt nicht von einigen wenigen entschieden werden sollen, sondern dass es der Meinungen, des Wissens und der Erfahrung engagierter Bürger bedarf, um ein Projekt dieser Größenordnung überhaupt erst richtig einordnen zu können. Es ist Bgm. Hoppichler hoch anzurechnen, dass er bei Zustandekommen eines Bürgerreferendums mit ausreichender Wahlbeteiligung das erzielte Ergebnis als verbindlich werten wird: „Das letzte, was ich möchte, ist eine Entscheidung von so großer Tragweite gegen die Bürger und Bürgerinnen unseres Dorfes zu treffen - auch wenn diese gegen meine Überzeugung ausfallen sollte“, so die Schlussworte des Langzeitbürgermeisters.
Link zum Kommentar von Stefan Fügenschuh

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