Ein Korbflechter auf der Walz

Nepomuk Neyer (sitzend) mit seinen Wandergesellen bei der Verabschiedung durch Bgm. Rudolf Häusler | Foto: zeitungsfoto.at
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  • Nepomuk Neyer (sitzend) mit seinen Wandergesellen bei der Verabschiedung durch Bgm. Rudolf Häusler
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Einen ungewöhnlichen Termin hatte der Kemater Bürgermeister Rudolf Häusler vor kurzem zu absolvieren. Er verabschiedete einen jungen Mann, der einen „aussterbenden“ Handwerksberuf gewählt hat und nun Erfahrungen sammeln will.
Alle Rituale und Traditionen, mit denen ein „Wandergeselle“ verabschiedet wird, wurden durchexerziert: Benedikt Nepomuk Neyer wurde von anderen Gesellen abgeholt und nach der Verabschiedung vom Bürgermeister zum Ortsschild begleitet. Dort nahm der künftige Wandergeselle einen kräftigen Schluck Schnaps und vergrub die „Buddel“ in einem 80 cm tiefen Loch. Verwandte und Freunde hievten ihn auf das Ortsschild – die Wandergesellen fingen ihn auf der anderen Seite auf. Ein symbolischer Abschied, der signalisiert, dass der Geselle in den nächsten drei Jahren nicht nur die Ortsgrenze nicht überqueren darf, sondern auch eine „Bannmeile“ von 50 km im Umkreis einzuhalten hat.

„Arbeiten, um zu reisen“
Dieses Motto lässt sich problemlos auch umdrehen: „Reisen, um zu arbeiten!“ Nepomuk (so möchte er genannt werden) reist, um zu arbeiten und arbeitet, um zu reisen. Er tauscht modernste technische Errungenschaften mit dem Weidenhobel. „Mit jedem Handgriff etwas Großes schaffen“ ist die Motivation des jungen Mannes, der sich der Korbflechtkunst verschrieben hat. Erlernt hat Nepomuk Neyer das Handwerk in der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung in Lichtenfels bei Bamberg in Deutschland – eine europaweit einzigartige Einrichtung. Die Liebe zum Flechten entdeckte Neyer während eines Praktikums der Waldorfschule in Innsbruck. „Talent, Wissen und Wollen“ sind die drei Stichworte, die ein Korbflechter intus haben muss, so der Geselle, der jetzt viel Praxis sammeln will: „Ich bin mir sicher, dass ich niemals auslernen werde. Auf der Walz möchte ich alte, aussterbende Flechttechniken lernen und natürlich fremde Länder bereisen.“
Arbeiten will Nepomuk Neyer in nächster Zeit vor allem mit Palmen und Bambus. Sind selbige nicht vorhanden, gibt es natürlich auch einen Plan B: „Brennesseln gibt es überall!“
In drei Jahren wird der Wandergeselle nach Kematen zurückkehren und das alte Wandergesellenritual mit dem Ausgraben der Schnapsflasche zu Ende bringen.

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