Regionalität am Prüfstand

Diskutierten zum Thema in Hall: Wendelin Juen, Sonja Masselter und Forum Land-Bezirksobfrau Regina Norz | Foto: Forum Land
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HALL (sf). Angesichts von Lebensmittelkrisen in aller Welt gewinnt die Regionalität an Bedeutung. Doch kann man diesen Mehrwert von heimischen Lebensmitteln auch beziffern? Gibt es Kennwerte, die für Konsumenten wahrnehmbar sind? Fragen, die Forum Land bei einer Diskussionsveranstaltung in Hall unter dem Titel „Brenn.punkt-Lebensmittel“ beantworten wollte.

Als Expertin aus dem Lebensmittelkontrollbereich referierte dabei die Leiterin der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) in Innsbruck, Sonja Masselter. Sie stellte klar, dass Regionalität an sich kein Prüfkriterium in der amtlichen Kontrolle sei. „Trotzdem muss einmal mehr betont werden, dass die Sicherheit heimischer Lebensmittel besonders hoch ist. Das zeigen auch unsere laufenden Proben“, so Masselter. 30.000 sind es pro Jahr. Bei inländischen Äpfeln und auch bei heimischem Salat beispielsweise gab es im Vorjahr bei keiner Probe irgendeine Beanstandung. „Noch nie war die Lebensmittelkontrolle so weitreichend und so streng. Der Konsument ist eigentlich überinformiert und reagiert sehr sensibel – zum großen Teil aber rein aus der Wahrnehmung heraus“, erklärt die Expertin.

Masselter verweist auf AGES-Studien, die belegen, dass 72 Prozent der Befragten als oberste Angst „Pestizidrückstände“ angeben. „Gerade in diesem Bereich sind wir auf höchstem Niveau, weit weg von einer Gesundheitsschädigung. Menschen sterben nicht an Pestizidrückständen, sondern an ungesunder Ernährung. Im Kontrollbereich sind mikrobiologische Kontaminationen ein viel größeres Problem, wie auch die EHEC-Krise gezeigt hat“, sagt Sonja Masselter.

Preisdruck fördert Krisen
„Obwohl Lebensmittel noch nie so hochwertig waren und so oft kontrolliert wurden, waren die Preise noch nie so niedrig. Gleichzeitig landet ein Viertel der Lebensmittel unverbraucht im Müll“, stellt Agrarmarketing-Tirol-Geschäftsführer Wendelin Juen die Situation dar.

Konsumenten verunsichert
„Fast schon makaber ist, dass die strengen Lebensmittelgesetze insofern nichts nützen, dass etwa in Deutschland 80 Prozent der Konsumenten nicht glauben, was auf dem Etikett steht“, so Juen. Die Gefahr von neuen Lebensmittelkrisen sei hoch. „Der Preisdruck und die Gier nach mehr bringen Skandale wie BSE und Dioxin hervor. Beide sind auf billigere Fütterungsmethoden zurückzuführen“, erklärt der Agrarmarketing-Experte. Dabei spielt der globale Markt eine große Rolle. „China hat in den letzten zehn Jahren die Produktion von Apfelsaftkonzentrat von Null auf 40 Prozent des weltweiten Bedarfs hochgefahren – bei Produktionsbedingungen, die man sich bei uns gar nicht vorstellen kann. Den Apfelsaft trinken wir trotzdem“, meint Wendelin Juen.

Mehr regionale Lebensmittel
„Dennoch: Regionalität boomt. Und vieles spricht für uns. Vor allem aber sind es emotionale Entscheidungen, die das Kaufverhalten der Konsumenten beeinflussen. Es ist der Wohlfühleffekt, der zählt“, erklärt AMT-Chef Wendelin Juen. Der Absatz von Tiroler Produkten wird jährlich gesteigert. „Wir werden in Zukunft aber auch über die Sicherung der Lebensmittelversorgung sprechen müssen“, meint Juen.

Für beide Experten haben regionale Lebensmittel ihre Vorteile. Die Frische, die Nachvollziehbarkeit verbunden mit hohen Standards, der niedrigen CO2-Bilanz und das positiv besetze Marketing bringen immer mehr Menschen dazu, zu heimischen Produkten zu greifen. „Und das ist gut so“, unterstreichen Sonja Masselter und Wendelin Juen.

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