Bad Blumau: Politikverständnis, etwas diskussionswürdig

Dem Landtagsabgeordneten Franz Majcen liegen zur Bad Blumau-Kontroverse vorerst noch zu wenig Fakten auf dem Tisch.
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Es kursiert die Frage: „Warum tut denn die Politik nichts?“ Diese Frage ist vielleicht in einem fundamentalen Mißverständnis bezüglich unserer Demokratie begründet.


Wir haben uns angewöhnt, das für Politik zu halten, was von Politik und Verwaltung ausgeht, was also Funktionstragende tun, Menschen „in Amt und Würden“. Unserer Kultur und Ideengeschichte entspringt aber eine etwas anderen Vorstellung, was Politik sei.

Politik ist eigentlich, was a) Funktionstragende und b) die Zivilgesellschaft im Dialog miteinander produzieren. In historischen Begriffen wären das a) „Staatskunst“ und b) „Gemeinwesen“.

So gesehen sind wir ja alle auf einem guten Kurs, wenn die etablierte (Funktionärs-) Politik uns eine wachsende Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung nahelegt. Genau das bezeichnet der Begriff „bottom up“, wie er bei Regionext, LEADER und den Lokalen Agenda 21 als Grundbedingung genannt wird.

Eine Bürgerinitiative ist ein mögliches Beispiel dafür. Warum tut denn nun in dieser Bad Blumau-Kontroverse angeblich die Politik nichts? Ich habe ein wenig nachgefragt und bin zum Schluß gekommen: Sie tut ja. Bloß nicht gleich das, was sich einzelne von ihr erwarten. Aber gibt es „Die Politik“ überhaupt? Nein, natürlich nicht.

Die kommunale Ebene hat andere Aufgaben als die Landesebene. Vorfeldorganisationen der Parteien haben andere Agenda als Gemeinderäte etc. „Die Politik“, das ist stets ein Konzert ganz unterschiedlicher Stimmen, im besten Fall auch mit den Stimmen von Bürgerinnen und Bürgern.

Nun habe ich Franz Majcen gefragt, ob es sowas wie eine aktuelle Meinung des Landes Steiermark zur Bad Blumau-Kontroverse gebe.

Majcen ist zweiter Präsident des Landtages Steiermark und Wohnbau-Sprecher, er ist außerdem ein Fürstenfelder und da Bezirksobmann der ÖVP. Nehmen wir also an, der Mann hat ausreichend Ahnung, was diesen Stand der Dinge angeht.

Majcen sagt, er sei auch schon gefragt worden, warum Schützenhöfer in der Sache nichts unternehme. „Was soll er denn unternehmen? Es gibt ja noch kein Projekt“

Da werden nun Laien vielleicht widersprechen wollen, aber Faktum ist, beim Land liegen formell noch keine Projektunterlagen auf dem Tisch, die ein so oder so gehaltenes Eingreifen von Politik oder Verwaltung verlangen bzw. rechtfertigen würden.

Es muß auch klar sein, ein Unternehmer darf sich was wünschen. Ob sich die Wünsche erfüllen lassen, steht auf einem anderen Blatt.

Hermann Schützenhöfer ist Erster Landeshauptmann-Stellvertreter, zuständig für Gemeinden, Personal, Tourismus und Volkskultur. Majcen betont, Schützenhöfer habe zwar eine Vorstellung, was sich Frutura vorgenommen hat, doch da lägen vor allen Beteiligten und Betroffenen noch eine Menge „Wenn-dann-Situationen“.

Es sei geprüft worden, ob es sich um ein agrarisches Projekt handle, weil ein anderes Vorhaben aufgrund der Flächenwidmungen und Raumordnung nicht zulässig sei. Das trifft zu, es ist agrarisch. Aber es stünden noch eine ganze Reihe anderer Prüfungen aus, die klären müssen, ob das Frutura-Projekt mit den vor Ort geltenden Reglements vereinbar sei.

Für Majcen steht auch hinter der Finanzierungsfrage noch ein großes Fragezeichen. Das Land würde in der Sache auf jeden Fall keine Kredithaftung übernehmen. „Ich hab keinen Tau, wie man 48 Millionen Euro aufstellt“, sagte ich. „Na, bei mehreren Banken“, erwiderte Majcen, „aber da muß man selber schon einiges haben, damit man das kriegt.“

Banken geben solche Summen nicht für einen Händedruck. Dazu müssen einem Geldgeber gegenüber Verpflichtungen eingegangen werden. Bringen Sie genau das einmal in Deckung mit folgender Passage im Entwurf der Grundsatzvereinbarung seitens der Rogner Holding, Stand 12. April 2012.

Für den Fall, daß die Grundsatzvereinbarung und/oder das ganze Projekt „aus welchen Gründen auch immer“ beendet wird, „ist Frutura verpflichtet, alle erworbenen Rechte an Rogner unentgeltlich zu übertragen“.

Unter „5.2“ lese ich:
„Darüber hinaus ist FRUTURA verpflichtet, alle infrastrukturellen Einrichtungen, wie insbesondere die Glashäuser, die Pumpstation, die Leitungen, etc. unverzüglich an ROGNER zu übertragen, sodass ROGNER alleiniger Eigentümer wird, dies ohne Anspruch auf Ersatz irgendwelcher Kosten gegenüber ROGNER.“

Wo kommen bei so einem Match nun die Bürgerinnen und Bürger einer Region ins Spiel? Wie früher schon erwähnt, sowohl die Gemeinde als auch die Betriebe könnten mit den Menschen kommunizieren, eine offene Informationspolitik betreiben.

Die „Kleine Zeitung“ berichtete am 25.9.2012:
„Franz Handler, Bürgermeister von Bad Blumau, wurde bei der Staatsanwaltschaft Graz anonym wegen Korruption angezeigt. Es geht um ein Projekt zur Obst- und Gemüseproduktion in Glashäusern, die mit Thermalwasser beheizt werden sollen.“

Naja, auch ein Kommunikationsakt. Da heißt es weiter:
„Zudem habe er verschiedene Aktivitäten für das Projekt gesetzt: Einladungen des Gemeinderats zum Dorfwirt, Busfahrten nach Ungarn, um ein Glashausprojekt zu besichtigen. Die Rechnungen habe immer Frutura übernommen, heißt es in der Anzeige.“

Stoff für einen Groschenroman?

Es wäre wohl klug gewesen, spätestens in den Bad Blumauer Gemeindenachrichten vom Juni 2012 einen Auftakt zur Information der Gemeinde zu setzen. Das Cover betont die „Partnerschaftsgründung in der Ramsau“ und zeigt ein fröhliches Grüppchen rund um Vize Hermann Schützenhöfer: „Gute Stimmung herrschte bei der Partnerschaftsverleihung am 8. Juni 2012 in der Gemeinde Ramsau!“

Auf Prioritäten versteht man sich in der Redaktion eventuell nicht so gut. Seite 2 nennt „Die wichtigsten Gemeinderatsbeschlüsse der letzten 3 Monate (März bis Mai 2012)“. Darunter: „Der ÖKO-Region beizutreten.“ Ja, das läuft doch auf einen Groschenroman hinaus.

Wenn man bedenkt, womit Bürgermeister Franz Handler im Juni 2012 schon befaßt gewesen ist, erscheint sein „Editorial“ ein wenig wie Hohn, wenn es da etwa heißt: „Die kulturelle und sportliche Vielfalt, die touristische und wirtschaftliche Leistungskraft sowie die hohe Lebensqualität sind längst unser Markenzeichen geworden.“

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