Nach 17 Jahren: Ein Museum nimmt Abschied

150 geschichtsträchtige Fahrräder weiß Manfred Glettler alias der "Herr der 1.000 Dinge" in seinem Besitz. Am 26. Oktober öffnet er ein letztes Mal in seinem Museum in Altenmarkt für Besucher die Tore.
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  • 150 geschichtsträchtige Fahrräder weiß Manfred Glettler alias der "Herr der 1.000 Dinge" in seinem Besitz. Am 26. Oktober öffnet er ein letztes Mal in seinem Museum in Altenmarkt für Besucher die Tore.
  • hochgeladen von Veronika Teubl-Lafer

Im Jahr 2000 eröffnete Manfred Glettler sein Museum in Altenmarkt. Was mit einer alten Wasserpumpe aus der Lehrzeit, begann wuchs zu einer Privatsammlung mit über 1.000 Exponaten. Vor zwei Jahren feierte der ehemalige Lehrer mit seinem Museum 15 Jahre, bereits damals machte sich der nun 75-Jährige auf die Suche nach einem Nachfolger, der sein Lebenswerk übernimmt. Nur zwei Jahre später steht fest: am 26. Oktober öffnet das Museum zum letzten Mal am Standort Altenmarkt seine Tore.
Aber alles der Reihe nach.

Reise in die Vergangenheit

Heute bin ich zu Gast bei Manfred Glettler. Er führt mich durch sein Museum in Altenmarkt. 12 Abteilungen mit einem Innen und Außenbereich geben auf rund 800 Quadratmeter Einblick in die Landwirtschaft, Verkehrs- und Automobilindustrie sowie in das Alltagsleben von damals. Ich staune. Neben Puppenwägen, finden sich auch Nähmaschinen, Waschrumpeln, Zigarettenautomaten und Co. Alles fein säuberlich sortiert, dokumentiert, restauriert und archiviert.
Vor einem kunstvoll verzierten Holzschrank bleibt er stehen. "Das ist der Brautkasten meiner Großmutter", mit dem hat meine Sammlung eigentlich gestartet. Sogleich nimmt er eine schwere Eisenzange, die Glettler als 200 Jahre alte Hostienzange vorstellt.

Tausende Stunden Arbeit

Seine über 1.000 Dinge hat der ehemalige Lehrer, der lange Zeit auch in der Berufsschule Fürstenfeld tätig war, über Flohmärkte, Privatpersonen oder Auflassungen von Häusern zusammengetragen. Im Jahr 2000 reifte dann der Wunsch, seine Privatsammlung auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um "so meinen Beitrag am Dienste am Menschen zu leisten". 
Nach der Besichtigung der Sattelkammer mit Satteln und Gespannen aus Österreich und Ungarn, bleiben wir vor einem Schuppen stehen. Langsam hebt Glettler die Plane an. Zum Vorschein kommen Pferdeschlitten. Kunstvoll gedrechselt aus dem frühen 19 Jahrhundert. "Der mittlere ist ein Doktorschlitten", weiß Glettler. Auf meinem fragenden Blick hin erklärt er weiter:"Erkennbar an der sich schlängelnden Äskulapnatter, die seitlich befestigt ist."

Zeit, Geduld und Herzblut

In der nächsten Kammer finden sich drei Pferdekutschen. Eine sogar von 1886 - "dem Geburtsjahr des ersten Automobiles." Ich staune, wie gut erhalten die Geräte alle noch sind. "Dahinter stecken tausende Stunden Arbeit, erklärt mir der leidenschaftliche Sammler." Wieviel Fingerspitzengefühl, Geld, Zeit, Geduld, aber vor allem Herzblut an den restaurierten Dingen hängt, wird mir aber erst so richtig bewusst, als wir uns nach dem Krämerladen, mit der "ersten fälschungssicheren Kassa aus 1949" und einem Eiskasten aus 1930 in Glettlers private "Wagen-Burg" begeben. Hier steht unter anderem ein originalgetreuer Löschwagen der Freiwilligen Feuerwehr Altenmarkt aus dem Jahr 1881. Gemeinsam mit acht Professionisten wurde der Wagen in 500 Arbeitsstunden und einem finanziellen Aufwand von rund 7.000 Euro wieder zum Glänzen gebracht.

Fahrbarer Untersatz mit viel Geschichte

Auch ein Daimler V8 aus dem Jahr 1968, ein Weltmeister-Käfer von 1972 oder auch ein Mercedes 190 SL aus dem Jahr 1958 sind trotz ihres stattlichen Alters dank Manfred Glettler wieder fahrtüchtig. Insgesamt 12 Oldtimer nennt Glettler sein Eigen. Mit seinem Porsche BJ 1960 nahm er sogar regelmäßig an der Ennstal Classic teil.
"Ursprünglich habe ich mit den landwirtschaftlichen Utensilien gestartet, über die Schlitten und Kutschen bin ich dann auf Standmotoren und schlussendlich auch auf die Autos gekommen." - Alle restauriert und natürlich fahrbereit.
Das ist aber nicht der einzige fahrbare Untersatz, der sich in Glettlers Sammlung findet. In einer Halle eröffnet sich den Besuchern die gesamte Historie des Zweirades. Vom ersten Laufrad über dem markanten Hochrad bis hin zum limitierten Puch Manager dem motorisierten "Moped-Zweirad" oder einer original Vespa von 1951 ist hier alles vertreten.

Herr der tausend Geschichten

Während mir Glettler voll Leidenschaft die Anfänge des ersten Laufrades bis zum motorisierten Zweirad erklärt, reift in mir der Gedanke: Manfred Glettler aus Altenmarkt ist nicht nur der Herr der 1.000 Dinge, sondern auch Herr der 1.000 Geschichten. Mit seinen unterschiedlichsten Anektoten reist er mit seinen Besuchern nicht nur zurück in die Vergangenheit, sondern erweckt die Exponate seines Lebenswerkes für Besucher zum Leben und lässt sie somit eintauchen in eine jahrhunderte alte Geschichte.

Auf Wanderschaft: von Altenmarkt nach Neumarkt

In den letzten 17 Jahren gab Glettler sein Wissen rund um die 1.000 Dinge an zahlreiche Interessierte und Schulklassen weiter. "In den besten Jahren führte ich jährlich bis zu tausend Besucher durch mein Museum."
Leider hätte sich trotz intensiver 5-jähriger Suche in der näheren und weiteren Umgebung niemand gefunden, der bereit gewesen wäre, die Sammlung in seiner Gesamtheit zu übernehmen und weiterzuführen. "Ich wollte ich schon aufgeben. Dann hat sich aber doch eine Lösung ergeben", erklärt Glettler, dass seine Privatsammlung nun bald siedeln muss.
Von Altenmarkt geht es nach Neumarkt. Bedingung für eine Weitergabe war, dass seine Exponate nicht weiterverkauft werden dürfen. "Natürlich hätte ich auch einzelne Stücke, wie die Oldtimer verkaufen können. Doch ich wollte, dass mein Lebenswerk als Gesamtpaket erhalten bleibt."  Im Natechnikum in Neumarkt in der Obersteiermark bot sich dazu dann die Gelegenheit.

Ein (letzter) Blick auf regionale Geschichte

Bevor Glettlers tausend Dinge auf Wanderschaft gehen, bietet sich noch einmal die Gelegenheit diese in Altenmarkt hautnah zu erleben.
Am Nationalfeierstag, 26. Oktober ab 10 Uhr öffnen in Altenmarkt 88 ein letztes Mal für Interessierte die Museumstore. "Es ist aber nicht das Ende der Geschichte, es wird nur ein neues Kapitel - wenn auch an einem anderen Platz - aufgeschlagen."

Details

  • Seit dem Jahr 2000 führt Manfred Glettler alias der "Herr der tausend Dinge" sein Museum in Altenmarkt.
  • Letzter Tag der offenen Tür: Donnerstag, 26. Oktober, ab 10 Uhr
  • Adresse: Altenmarkt 88, 8280 Fürstenfeld.
  • Kontakt: Manfred Glettler, 0664/4123088.
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