Verkehrs-Kollaps ohne Bahn
Verkehrs-Experten schlagen Alarm: Schließ ung der Wachaubahn schadet der Region
„Die Wachau braucht eine elektrifizierte, zumindest im Stundentakt betriebene moderne Leichtbahn, die in der Region wie sonst kaum wo, mitten durch die Orte fährt“, so appelliert jetzt eine Formation von Experten für den Erhalt des Vollbetriebes.
WACHAU (sg). „In der Eisenbahn reist man, im Bus wird man transportiert“, so lautet Dr. Hermann Knoflachers Plädoyer für die Erhaltung des Vollbetriebes der Wachaubahn. Gemeinsam mit anderen Größen aus Verkehrsplanung und Architektur appelliert der erimitierte TU-Professor und renommierte Verkehrsplaner und -Techniker, einen „unwiederbringlichen Schaden an der Zukunft für diese Region“ zu verhindern. „Wenn man die Eisenbahn herausnimmt, ist auch der Bus, der als Zubringer Wichtigkeit hat, ebenso ein Verlierer.“
Ist die Konzession für eine Vollbahn einmal verloren, drohe bald ein Verkehrskollaps. Die Konzession wieder zu erlangen brächte zudem einen Rattenschwanz neuer, schwer zu erfüllender Bestimmungen mit sich, ist Knoflacher überzeugt. Eine „Parallelwelt zwischen Bussen und Bahn“ erkennt der, aus der Schweiz stammende Architekt, Dr. Christian Hanus, der empfiehlt, die Fahrpläne nach den Takten der Hauptverkehrsachsen auszurichten. So hätten Schweizer Nebenbahnen beachtliche Frequenzzuwächse erfahren. Hanus, der Leiter des Lehrgangs für Sanierung und Revitalisierung an der Donau Uni Krems, empfiehlt auch, die Bahn mit Elektroakkumulatoren, die mit erneuerbarer Energie gespeist werden, auszustatten.
„Ohne Nebenbahnen kein öffentlicher Verkehr“
„Zwei große Bahnstrecken nutzen nichts, wenn die kleinen Bahnen fehlen, welche die Leute dorthin bringen“, argumentiert DI Dr. Harald Frey von der TU Wien und Knoflacher erkennt gar eine Chance für das Land, eine funktionierende Nebenbahn zu entwickeln, sofern die Takte wohlüberlegt werden. So würde etwa die Pinzgaubahn seit Jahren mit Erfolg von den Salzburger Landesbahnen betrieben, auch in der attraktivierten Vinschgaubahn (Südtirol) sei die Fahrgästezahl seit den 80er Jahren regelrecht explodiert. Dr. Wilfried Posch (ICOMOS), der den Welterbestatus der Wachau gefährdet sieht (die Bezirksblätter berichteten vergangene Woche), hält die im Raum stehende Frage der Rentabilität der Bahn für scheinheilig. „Der Staat, das Land, die Gemeinden sind Gemeinschaften, die für das Gemeinwohl zu sorgen haben. Auch die Wasserleitungen rechnen sich nicht und trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, sie abzuschaffen.“
Außerdem könne man den Verbrauch 30 Jahre alter Dieselloks nicht mit dem moderner Busse vergleichen. „Die Wachau braucht ein, dem 21. Jahrhundert entsprechendes Verkehrsmittel“, fordert Posch und schließt sich dem Appell der Wachaubahnbefürworter, zu denen auch Größen wie Gustav Peichel oder der Biologe Bernd Lötsch gehören, an: „Der Vollbetrieb der Wachaubahn soll mit 12. Dezember nicht für immer beendet sein.“
Zur Sache
Die Wachaubahn - eine Chronologie
• 1909: Am 2. Dezember wurde die Wachauer Bahn Krems-Grein eröffnet.
• 1909-1910: Das einzige hochwassersichere Transportmittel bringt einen Aufschwung für Tourismus und Wirtschaft.
• 1958: Die Wachaubundesstraße wird eröffnet, ein durchgehender Radweg entsteht.
• 2000: Am 30. November wird die Wachau in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen.
• 2001: Im September wird die Weltkulturerbe-Urkunde übergeben.
• 2009: Die Wachaubahn feiert 100-jähriges Jubiläum mit einer großen Ausstellung im Schifffahrtsmuseum Spitz.
• Oktober 2010: Feier der 10-jährigen Eintragung in die Weltkulturerbeliste.
• November 2010: Welterbewächter Wilfried Posch sieht den Status wegen der Einstellung der Wachaubahn gefährdet und entsendet einen Bericht an die UNESCO.
• Dezember 2010: Der Vollbetrieb der Wachaubahn soll mit 12. Dezember eingestellt werden.
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