Sturzflug über St. Pölten
Vor zehn Jahren stand der Flugplatz Völtendorf vor einer ungewissen Zukunft. Er wurde gerettet. Und mir geht's auch gut.
ST. PÖLTEN/VÖLTENDORF (jg). Die jüngsten Segelflieger-Abstürze – den einen in St. Pölten selbst, den anderen im Bezirk Lilienfeld – habe ich noch in den Knochen, oder besser gesagt im Hinterkopf, als ich am Flugplatz in Völtendorf in den "C-Falke" namens "Betty Belle", Baujahr 1988, steige. Die knappe Einschulung mit dem Resümee, nur ja keine Seile zu blockieren, macht das mulmige Gefühl vor dem Start des 80 PS starken Boxermotors nicht besser.
Über die Kopfhörer bekomme ich schließlich mit, wie Johannes Gruber die Starterlaubnis erhält, und erinnere mich, dass die meisten Flugzeug-Katastrophen angeblich beim Start passieren.
Faszinierende Perspektive
Doch hier geht alles gut: Der Motorsegler läuft über die mit Gummimatten ausgelegte Rollbahn und hebt ab. Ein Schlenker nach links, einer nach rechts – der Flug mit dem Segler ist deutlich unruhiger, als man es von großen Maschinen gewohnt ist. Hoch hinaus kommt man aber auch mit dem Kleinen. Im Nu sind wir 100 Meter über St. Pölten. Auffallend viele Einwohner besitzen einen Pool, wie der Blick aus dem Cockpit verrät – eine "faszinierende Perspektive", so auch Gruber, der schon als 15-Jähriger den Flugplatz besuchte und mitunter Vögel um ihre Fähigkeit beneidete. Fliegen hat auch bis heute nichts von seiner Faszination verloren, wie etwa die rund 2.000 Zuschauer, die heuer zum Flugplatzfest in Völtendorf erwartet wurden, zeigen.
Der Retter des Flugplatzes
Fliegen bietet eine gewisse Freiheit und erweitert den Horizont, beschreiben einige Mitglieder des Fliegerclubs St. Pölten ihre Eindrücke. Bereits 1960 wurde der Flugplatz gegründet. Verschiedenste Vereine nutzten im Verlauf der Zeit den Platz, ehe er vor zehn Jahren im Rahmen der Veräußerung von Grundstücken des Bundesheers vor einer ungewissen Zukunft stand. Schließlich kaufte Dietrich Mateschitz den Flugplatz, tätigte Investitionen und "hat ihn damit gerettet", wie Hans Parzer, Obmann des Clubs, sagt. In weiterer Folge wurden auch die damals drei nebeneinander existierenden Vereine geeint.
Kleine und große Probleme
Frühere Streitereien zwischen den Vereinen waren damit vom Tisch. Heute wird die Gemeinschaft gepflegt, nicht zuletzt, weil man "zwischen vier und fünf Personen braucht, um einen Flieger in die Luft zu bekommen", so Flugbetriebsleiter Alois Sulzbacher. Zu manch zwischenmenschlichen Reibereien passt auch Grubers Sicht auf das Fliegen: "Jedes Problem ist von oben gesehen so klein", sagt er und verdeutlicht mit Zeigefinger und Daumen, wie "klein" er meint.
Während Gruber vom Gas geht und sich die Maschine im freien Fall – quasi im Sturzflug – dem Erdboden zubewegt, stoße ich hoch über St. Pölten aber doch auf ein Problem: "Hat sich schon einmal ein Fluggast übergeben müssen?", frage ich. Nein. Ich letztlich auch nicht.
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