Psychiatrie Hietzing: "Jeder Fünfte braucht in seinem Leben einmal Hilfe"
Vom "Burn-out" bis zur Persönlichkeitsstörung: Hietzings neues psychiatrisches Kompetenzzentrum ist in Zukunft für die medizinische und therapeutische Versorgung einer Region mit rund 500.000 Einwohnern zuständig. Ein Besuch bei den Profis.
HIETZING. Beim Namen "Steinhof" denkt man an Otto Wagner, an die Kirche, das Erholungsgebiet und vielleicht auch an die psychiatrische Abteilung. Sie war eine gefühlte Ewigkeit hier zu finden und bei ihrer Eröffnung vor mehr als 100 Jahren eine der modernsten Anlagen ihrer Art in Europa. Die "Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke Am Steinhof" - wie sie damals hieß. Das Areal hat die besten Voraussetzungen zur Erholung geboten, das vollständige Jugendstilensemble von Otto Wagner ist nicht nur schön sondern auch großartig konzipiert.
Doch die Zeiten der Psychiatrie am Steinhof sind vorbei. Das neue Zentrum für den Westen Wiens (die Bezirke 12 bis 16 und 23) ist jetzt in Hietzing zu finden – für eine Region mit rund 500.000 Einwohnern. Jeder Fünfte braucht in seinem Leben einmal die Hilfe der Fachärzte. Psychische Erkrankungen kommen quer durch alle Bevölkerungsschichten vor.
Besuch in Hietzings neuer Psychiatrie
Im Pavillon 1 des Krankenhauses Hietzing, der in einem strahlenden Weiß durch die Bäume leuchtet, ist das neue Kompetenzzentrum für Psychiatrie beheimatet. Ein Teil des Hauses wurde außen und innen modernisiert, ein Teil ist in seiner alten Substanz und Optik erhalten geblieben. In Zukunft wird es hier ein psychiatrisches Tageszentrum und 140 Betten auf den Stationen geben. Ein Blick hinter die Türen zeigt, was das moderne Zentrum zu bieten hat: eine Therapieküche, einen Raum für Musiktherapie, Gemeinschaftsräume, Terrassen, einen Raum für die Ergotherapie und eine physiotherapeutische Einrichtung. "10 bis 20 Tage verbringen die Patienten im Durchschnitt bei uns – manche weniger, andere auch wesentlich mehr", erzählt Primar Peter Langer, der Leiter der neuen Abteilung.
Die Aufgabe der Psychiatrie sei es, den Patienten zu helfen, ihren Alltag wieder selbstbestimmt meistern zu können. "Wir werden sehr wahrscheinlich voll belegt sein", sagt der Primar. Schon bald nach der Eröffnung. Der Bedarf sei eindeutig gegeben und in den vergangenen Jahren gestiegen. Und niedergelassene Psychiater gebe es viel zu wenig. Depressionen und das sogenannte „Burn-out“, das seien die Krankheiten, die in der jüngeren Vergangenheit eindeutig zugenommen haben, sagt der Arzt. Und daher brauche man eine gute und engmaschige Versorgung.
Schmerz und Depression - Profis am Werk
Stolz sei man jedenfalls auf die neue Abteilung, bestätigt auch Gudrun Steininger. Und dann erzählt die Presseverantwortliche des Hauses davon, wie dringend diese Abteilung hier gebraucht werde und wie sehr die anderen Abteilungen schon auf die neuen Experten gewartet hätten. "Denn psychische und körperliche Beschwerden gehen oft Hand in Hand", so Steininger. Es sind Menschen mit Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen ebenso, wie Menschen mit Krebsdiagnosen, die Hilfe von Therapeuten und Ärzten aus diesem Bereich brauchen.
Und auch Depressionen verstecken sich hinter Schmerzen und aus Schmerzen werden oft Depressionen. Manche Mitarbeiter arbeiten schon seit Jahrzehnten in diesem Bereich, etwa Frau Urban. Sie leitet den Pflegebereich der Abteilung. "Bei uns sehen Sie Menschen, die Sie auch draußen überall sehen können. Sie wissen nur nichts davon", sagt sie und erklärt zugleich, dass niemand vor den neuen Patienten Angst haben müsse. Auch der angrenzende Kindergarten sei absolut sicher, vielleicht sogar sicherer als anderswo. Denn hier sind echte Profis am Werk, die schon viel gesehen haben und beinahe alles kennen, was menschlich ist.
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