EU-Sanktionen als Bumerang
Russland-Revanche trifft derzeit Viehzüchter und Schlachthöfe. Weitere Auswirkungen werden befürchtet.
(ae). Wie schnell die „große“ Politik zu einer Katastrophe für die „kleinen“ Leute führen kann, zeigt sich in den letzten Tagen deutlich. Bekanntlich haben die EU und die USA gegen Russland wegen der Ukrainekrise Wirtschaftssanktionen verhängt. Die russische Regierung hat darauf heftig reagiert und den Import von Lebensmitteln aus den USA, der EU und einigen anderen Ländern verboten. Dieser vorläufig für ein Jahr verhängte Importstopp hat zu negativen Auswirkungen für die heimische Wirtschaft geführt.
EU-Schlachthof betroffen
Am schnellsten wurden die Viehzüchter und Schlachthöfe zu Opfern der Weltpolitik. Johann Gantner, Chef des gleichnamigen EU-Schlachthofes in Hollabrunn, der im Vorjahr Fleisch um eine Million Euro nach Russland lieferte, zur aktuellen Situation: „Die Russen waren vor allem Abnehmer für Nebenprodukte wie Speck und Innereien. Jetzt sitzen wir auf der Ware, die wir als erste Maßnahme eingefroren haben, und wissen nicht, wohin damit.“ Andere Länder als Abnehmer zu finden, sieht Gantner als hoffnungslosen Versuch, weil ja auch die Fleischbetriebe aller anderen EU-Länder auf ihren Produkten sitzen bleiben. „Die Preise werden stark gedrückt, weil sehr viele in neue Märkte drängen. Ich weiß derzeit nicht, wie es weitergeht. In letzter Konsequenz werden wir die Produktion herunterfahren und Leute entlassen müssen“, befürchtet Gantner.
Schaden nicht abschätzbar
Wenn die Schlachthöfe weniger Fleisch übernehmen, trifft dies die Viehzüchter in der Region. LKR Maria Winter, Viehzüchterin in Ravelsbach, sieht die Zukunft auch nicht rosig: „Die ganze Misere kommt erst mit ein wenig Verspätung auf uns zu. Aber die Preise verfallen teilweise schon, weil die Konzerne volle Lager haben. Außerdem kostet einfrieren auch etwas, da wird dann Fleisch oft lieber unter Preis verkauft. Der Schaden, den wir haben werden, ist derzeit noch gar nicht abzuschätzen.“
Ein für die Landwirtschaft sehr wichtiger Betrieb in Hollabrunn, die Kartoffelverwertung des Weltkonzerns Lamb Weston/Meijer, die von rund 200 Bauern beliefert wird, beruhigt: „Die Produktionsstätte Holla-brunn exportiert nicht nach Russland, daher gibt es für uns derzeit keine Auswirkungen.“ Für die Wirtschaftstreibenden sieht WK-Obmann Alfred Babinsky keine Probleme, weil es im Bezirk keine exportorientierten größeren Betriebe gibt. Allerdings könnte die Krise auf dem Lebensmittelsektor auf längere Sicht auch Auswirkungen auf den Handel haben.
Zur Sache
Russland hat am 7. August ein Importverbot für Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Milchprodukte verhängt. Es ist ab sofort gültig und soll ein Jahr dauern. Unsere Wirtschaft könnte aufgrund der EU-Sanktionen und der Importsperre der Russen heuer 700 Millionen Euro verlieren, befürchten WK und Industriellenvereinigung.
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