Sozialpädagogik & Wirtschaft
Presseaussendung des Instituts für Sozialpädagogik Stams, 14. Dezember 2009 Dir. Mag. Lydia Naschberger-Schober Kontakt: Susanne Bosin, Abschlussklasse des berufsbegleitenden Kollegs für Sozi-alpädagogik
Der Arbeitsalltag – Teil des sozialen Lebens
Die Berührungspunkte von Wirtschaft und Sozialpädagogik oder
»Ohne Wirtschaftlichkeit überleben wir es nicht, ohne Menschlichkeit halten wir es nicht aus.«
Die Berührungspunkte zweier auf den ersten Blick nicht zu vereinbarenden Welten versuchte die Stamser Sozialpä-dagogik-Studentin Susanne Bosin im Rahmen einer Projektarbeit zu untersu-chen. Sie ging der Frage nach, inwiefern SozialpädagogInnen auch im unmittelba-ren Wirtschaftsalltag ihre Fähigkeiten und Kompetenzen anwenden können. Ihre Fragestellung entstand dadurch dass, in Krisenzeiten das Bedürfnis von MitarbeiterInnen nach einem guten Ar-beitsklima in den Hintergrund gedrängt wird, SozialpädagogInnen aber gerade am Faktor Mensch, also bei den Arbeits-bedingungen der Mitarbeiter, ansetzen würden: Einfühlungsvermögen, Selbst-bewusstsein, die Fähigkeit, sich mit sei-nen Handlungen und seinem Verhalten auseinanderzusetzen, werden zwar auch im Wirtschaftsalltag geschätzt, aber in den wenigsten Unternehmen auch ge-fördert.
So antwortet Reinhold Obermayr, Leiter des Betrieblichen Gesundheits-management der Firma Sandoz, auf die Frage, was er mit den Begriffen »Wirt-schaft und Sozialpädagogik« verbinde, folgendermaßen: » Die Abläufe [in der Wirtschaft] werden häufig viel zu starr gesehen, dabei wird der Faktor Mensch nicht ausreichend berücksichtigt.« Und Helga Flatscher von Innovia meint, dass gerade für das wirtschaftliche Gelingen von Arbeit ihre sozialen Faktoren nicht ausgeblendet werden können und im Sozialbereich wirtschaftliche Rahmenbe-dingungen und Arbeitsweisen ebenso wichtig sind. Auch alle anderen Ge-sprächspartnerInnen von Susanne Bosin haben bestätigt, dass die Entwicklung von einer ausschließlich an Leistung ori-entierten zu einer an den MitarbeiterIn-nen orientierten Arbeitswelt grundsätz-lich notwendig ist: »Die Ratio kann nicht alles abdecken, … MitarbeiterInnen be-nötigen ein Arbeitsklima in dem ein Wohlbefinden möglich ist. Ist dies nicht der Fall, so führt das zu psychischen Be-lastungen und dies wiederum zu Krank-heit«, bestätigt Reinhold Obermayr, und Vera Lochmann von der Jugendabtei-lung der AK meint: »Der Knackpunkt ist, den Unternehmen zu vermitteln, dass soziale Kompetenzen [der MitarbeiterIn-nen] einen wirtschaftlichen Nutzen brin-gen. Wie dies gelingen kann, ist jedoch noch unklar.«
Wirtschaft und Soziales berühren sich also nach der Einschätzung der meisten GesprächspartnerInnen vor al-lem im Personalbereich. So sehen die Befragten in der Zukunft z. B. einen Be-darf an SozialpädagogInnen als Vertrau-enspersonen, etwa in der Lehrlingsaus-bildung oder in Schulen. Sozialpädago-gInnen könnten auch hier einen wesent-lichen Beitrag zur Verbesserung des Ar-beitsklimas leisten. Hannes Aigner, Per-sonalleiter bei der Tiroler Sparkasse, bringt das grundsätzliche Problem mit dem Zitat von Guido Mark, ehemaliger Personalleiter bei D. Swarovski & Co auf den Punkt: »Ohne Wirtschaftlichkeit ü-berleben wir es nicht, ohne Menschlich-keit halten wir es nicht aus.« Ein Umden-ken zugunsten der Menschlichkeit wird stattfinden müssen. Dessen Umsetzung kann mit Hilfe von sozialpädagogischen Ansätzen um einiges besser gelingen.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Frau Susanne Bosin:
susanne.bosin@gmail.com Statements der GesprächspartnerInnen Hannes Aigner, Personalleiter, Tiroler Sparkasse zitiert Guido Mark, ehemaliger Per-sonalleiter bei D. Swarovski & Co.: »Ohne Wirtschaftlichkeit überleben wir es nicht, ohne Menschlichkeit halten wir es nicht aus.« Reinhold Obermayr, Leiter des Betrieblichen Gesundheitsmanagement bei Sandoz: »Für eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit ist die Menschlichkeit eine Grundvorausset-zung.«
Aaron Latta, pädagogischer Leiter, Don Bosco Heim: »Die Öffentlichkeit muss sagen: ‚Ohne die [SozialpädagogInnen] können wir nicht le-ben’.« Verena Födisch, Personalentwicklerin, D. Swarovski & Co.: »Das Thema Gerechtigkeit [Sozialpädagogik] scheint auf den ersten Blick nicht in die Wirtschaft zu passen und darf dennoch in der Wirtschaft nicht ignoriert werden.«
»Der Begriff Sozialpädagogik muss definiert und publik gemacht werden, sein Be-kanntheitsgrad muss erhöht werden.« Vera Lochmann, Jugendabteilung, AK Innsbruck: »Wirtschaft und Sozialpädagogik sind ohne einander nicht denkbar, sie gehören zu-sammen.« Helga Flatscher, Projekt DisFlex, Innovia: »Die soziale Arbeit ist zu sozial und die Wirtschaft zu wirtschaftlich.«
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