BB-Interview mit Leiterin Pflegezentrums
"Frau sein, aber nicht um jeden Preis"

Andrea Jäger ist politisch und sozial engagiert und Mutter einer 13-Jährigen Tochter. | Foto: Foto: Archiv/Böhm
  • Andrea Jäger ist politisch und sozial engagiert und Mutter einer 13-Jährigen Tochter.
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IMST. Andrea Jäger leitet seit 2005 das Pflegezentrum Gurgltal, seit 1983 arbeitet sie bereits in der Altenpflege. Seit mehr als zehn Jahren ist die Mutter der 13-jährigen Tochter Anna als Imster Gemeinderätin engagiert. Im BB-Interview verrät sie ihre Sicht auf die Sache der Frauen.

BEZIRKSBLÄTTER: Was ist für dich eine starke Frau?
ANDREA JÄGER: "Das ist für mich eine Frau, die ihre eigenen Wünsche und Gedanken vertritt, aber nicht um jeden Preis. Ganz schlimm wirds, wenn vermeintlich starke Frauen Männer kopieren, um sich zu behaupten. Man sollte eine starke Frau sein, aber nicht um jeden Preis."
Wie bewertest du die Gleichstellung der Frau im Beruf? 
"Als Frau in einer Führungsposition muss man sicher mehr leisten, bzw. besser sein, um die gleiche Akzeptanz wie ein Mann zu erreichen. Manchmal muss man wohl auch härter agieren, um wahrgenommen zu werden. Frauen in Männerdomänen haben es natürlich noch bedeutend schwerer. Es gäbe hier viel aufzuzählen und mitunter sollte auch die Sinnfrage hinter mancher Betrebungen gestellt werden."
Wie waren für dich die persönlichen Erfahrungen in der Politik?
Ich denke, dass sich politisches Engagement für Frauen generell schwieriger gestaltet, angefangen von Kindern, Beruf und natürlich auch der Akzeptanz. Vielfach werden Klischees bedient, obwohl eine Vielzahl von Frauen wertvolle Arbeit in den Gemeinden leisten. Fehler werden Männer eher nachgesehen, als Frauen. Das habe ich bei mehreren Gelegenheiten erleben dürfen."
Wo siehst du gesellschaftliche Defizite?
"Die aggressive Betonung des eigenen Geschlechts zur Selbstverwirklichung ist hier zu nennen und das ist sicher eine eher kontraproduktive Sache. Viel wichtiger wäre es, die Rolle der Mutter aufzuwerten und bessere Unterstützungsmodelle zu kreieren. Kinderzeiten werden noch immer nicht  als Versicherungszeiten angerechnet. Politik und Gesellschaft sind gefordert, mehr Inhalte und weniger Worthülsen in die Welt zu setzen. Die Frauen sind hier noch immer sehr stark im Nachteil, wenn sie Mütter werden.
Machen Frauen-Quoten Sinn?
"Nein, das glaube ich nicht. Letztlich sollte einzig die Kompetenz zählen und nicht eine Quote bestimmen. Die Beurteilung von Bewerbungen sollte aber ebenfalls nicht ausschließlich Männern vorbehalten sein. Ein ausgewogenes Verhältnis wäre aber natürlich wünschenswert."
Was stört dich am aktuellen Frauenbild?
"Es gibt viele fragwürdige Klischees, die bedient werden. Das Selbstbild der Frau sollte, übrigens wie auch das der Männer, ständig hinterfragt werden. Geschlechterspezifische Stärken könnten für gemeinschaftliche Interessen eingesetzt, der Egoismus gegen ein Miteinander getauscht werden."
Ist der Pflegeberuf eine Frauendomäne?
"Ja das kann man sagen. Die eigentliche Pflege ist immer noch vorwiegend Frauensache, die Männer engagieren sich im Sozialbereich eher in der Organisation und dem Management. Wir beschäftigen in unserem Haus dreiviertel Frauen in der Pflege. Soziales ist generell und traditionell eher Frauensache, was natürlich nicht heißen soll, dass es unzählige engagierte Männer im Sozialen gibt."
Was gibst du deiner Tochter mit auf den Weg?
"Ich versuche ihr, echte Werte mitzugeben. Das Selbstwertgefühl ist bei jungen Mädchen ganz allgemein oft nur wenig ausgeprägt und führt dann in schwierige Verhältnisse. Meine Tochter Anna ist mein ganzer Sonnenschein und ich versuche, so gut es geht, ihrem Naturell gerecht zu werden. Ganz wichtig ist an dieser Stelle die Kultivierung der sozialen Kompetenzen. Das gilt aber für Buben und Mädchen, Männer und Frauen gleichermaßen."
Das Gespräch führte
Clemens Perktold

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