Ausbildung „GenussbotschafterIn Ötztal“ geht in die zweite Runde
Junge Genussbotschafter im Ötztal

Matthias Wilhelm von der Hofmetzgerei in Sölden zeigte detailreich auf, wie das Schlachten und Zerteilen vor sich geht.  | Foto: Fotos: Ötztal Tourismus
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  • Matthias Wilhelm von der Hofmetzgerei in Sölden zeigte detailreich auf, wie das Schlachten und Zerteilen vor sich geht.
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Essen ist ein Bedürfnis. Genießen eine Kunst. Unter diesem Motto bringt man im Ötztal seit Herbst 2019 Lehrlinge und interessierte MitarbeiterInnen aus Hotellerie, Gastronomie und Tourismus mit den Produktionsbetrieben vor Ort zusammen.

ÖTZTAL. Im Rahmen der Ausbildung zur/zum „GenussbotschafterIn Ötztal“ erfahren die TeilnehmerInnen in jeweils einwöchigen Seminaren, was im Ötztal wächst und gedeiht. Daneben geht es um die Veredelung, die Verarbeitung sowie die Präsentation dieser Waren. Im Fokus des ersten Moduls standen regionale Fleischspezialitäten.
Genuss und Qualität gewinnen gerade in diesen besonderen Zeiten einen neuen Stellenwert. Natürliche Archetypen aus der Region erfahren eine Aufwertung, saisonale Lebensmittel von Qualität und mit entsprechender Ökobilanz werden zunehmend geschätzt und auch vereinzelt in der Gastronomie eingesetzt und beworben – es kündigt sich ein leiser Paradigmenwechsel an.In der Genussregion Ötztal hat man diesen Trend schon seit einiger Zeit erkannt und fördert aktiv die bewusste Wahrnehmung der vor Ort produzierten Qualitätsgüter. Die Ausbildung zur/zum „Genussbotschafter*in Ötztal“ bedeutet nicht nur einen Gewinn für die Teilnehmer*innen selbst, sondern auch für Gastronomiebetriebe, Tourismus und Produzent*innen im gesamten Ötztal.  Regionale Besonderheiten wie das Ötztaler Bergschaf oder die Preiselbeere stehen dabei ebenso im Mittelpunkt wie zugehörige Verarbeitungstechniken wie zum Beispiel das fachgerechte Zerteilen von Fleisch oder die aktive Mitarbeit in den taleigenen Käsereien und in der Imkerei. Ganz natürlich ergibt sich hierbei eine intensive Begegnung mit dem Natur- und Kulturraum Ötztal, gelebten Traditionen, der Esskultur sowie altbewährter Sortenvielfalt.

Schlachten und zerteilen

Dass Fleisch nicht von Natur aus perfekt portioniert in Filetstücken auf dem Teller landet, dürfte jedem/jeder Verbraucher*in bewusst sein. Was es aber heißt, bei der Schlachtung und Zerteilung von Rind und Schaf live dabei zu sein, durften die Teilnehmer*innen im Workshop mit Matthias Wilhelm von der Hofmetzgerei Wilhem in Sölden hautnah erleben. „Köch*innen sollten wissen, wie die Produkte entstehen, die sie zu Speisen verarbeiten", erklärt Wilhelm seine Motivation, „das fördert auch das Verständnis für unsere Arbeit." Er selbst sieht die Herkunftsbezeichnung als wichtiges Qualitätsmerkmal in der Gastronomie. Über so wissbegierige Lehrlinge wie Chanette Gstrein aus Sölden freut er sich besonders. Die Köchin im dritten Lehrjahr betont, Regionalität sei für sie ein wichtiges Thema und sie freue sich darüber, dass im Rahmen des Workshops das Bewusstsein dafür gestärkt werde, wo Fleisch und andere Zutaten herkommen.
Teilnehmerin Helena Reinstadler, Köchin/Kellnerin im vierten Lehrjahr, stammt aus einer Bauernschaft: „Ich weiß, wie man mit Vieh umgeht oder etwa einen Fisch ausnimmt." Weil aber nicht alle Anwesenden solcherlei Vorkenntnisse aufweisen können, geht es im Workshop auch um das Kennenlernen der einzelnen Teilstücke der Tiere. So erklärt Experte Wilhelm mit viel Geduld Fachbegriffe wie Dicke Schulter, Schulterscherzel oder Meisel. Dass die Ausbildung der Venterin und den anderen Interessenten die Möglichkeit eröffnet, die vielfältigen Erzeugnisse des Ötztals besser kennenzulernen, weiß Helena Reinstadler sehr zu schätzen.

Woher kommt mein Schnitzel?

Raphael Kuen, Vorstand der Rinderzucht Tirol und Geschäftsführer von Tiroler Grauvieh, informierte die Workshopteilnehmer*innen über die Herausforderungen der Qualitätsfleischproduktion im Berggebiet und die Konkurrenzfähigkeit der kleinstrukturierten Landwirtschaft gegenüber der konventionellen Massentierhaltung. In seinem Vortrag nahm er die Lehrlinge mit auf eine Weltreise, um aufzuzeigen, wie unterschiedlich Fleisch rund um den Globus produziert wird. Regionen oder Regionalität zu definieren, sei für den/die Einzelne*n oft gar nicht so leicht: „Für manche ist das Nachbartal schon nicht mehr regional, andere hingegen zählen sogar Südtirol sehr wohl noch zur eigenen Region.“
Für Kuen birgt ein zu enger Regionalitätsbegriff auch Fallstricke. Wer beim Einkauf von Lebensmitteln seine Region schon beim übernächsten Nachbardorf enden lasse, sehe sich (häufig) nicht etwa in der nächstgrößeren „Region“ um, sondern kaufe gleich auf dem globalen Markt ein. Zu teuer und nicht verfügbar, hieße es dann oft. „Rind- und Kalbfleisch wird im Ötztal und in Tirol schon in beträchtlichen Mengen produziert. Österreichweit liegt der Selbstversorgungsgrad weit über 100 %. Somit kann der agrarische Osten die Lücken im Bedarf des touristisch geprägten Westens schließen”, erklärt Kuen.

Über den Tellerrand

Als Fazit konnten die angehenden „Genussbotschafter*innen Ötztal“ aus der Workshopwoche letztlich mitnehmen: Die Genussregion Ötztal und die heimischen Produzent*innen haben beste Qualität zu bieten, die auf der Liebe und Leidenschaft des Handwerks vor Ort basiert. Dennoch verfügen auch angrenzende Regionen über eine eigene interessante Angebotsvielfalt, der man sich nicht verschließen sollte. So regional wie möglich, so global wie nötig. So lange der Gedanke von Qualität und Handwerk hinter dem Produzierten steht, verfolgen schließlich alle Beteiligten das gleiche Ziel: Dem Gast und den Konsument*innen die bestmögliche Qualität auf den Teller zu bringen. Weitere Infos: www.oetztal-genussbotschafter.at/

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