Patientenverfügung
Trotz Patientenverfügung 10 Jahre künstlich ernährt
In Österreich ist das Patientenverfügungsgesetz (PatVG) schon seit 2006 in Kraft. Obwohl das Deutsche PatVG um drei Jahre jünger ist, braucht es trotzdem den Blick über die Grenze in die Bundesrepublik. Einerseits weil dort schon mehr als 30 % der Bürger eine Patientenverfügung haben, während es in Österreich kaum 5 % sind. Und das führt andererseits dazu, dass es hierzulande diesbezüglich noch kaum höchstgerichtliche Entscheidungen gibt. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen beiden Gesetzen, was für den aktuellen Beitrag aber nicht relevant ist.
Patientenverfügung – ein Vorsorgedokument
Die Patientenverfügung zählt zwar gemeinsam mit Testament und Vollmacht zu den meist empfohlenen Vorsorgedokumenten. Aber warum wird empfohlen sich mit einem Rechtsinstrument auseinanderzusetzen, in welchem der Verfügende die Möglichkeit ablehnt länger leben zu können?
In den letzten 40 Jahren haben Fortschritte in Medizin, Technik und in der Pharmaindustrie zur Verlängerung der Dauer von Pflegebedürftigkeit von damals rund 6 Monaten auf heute durchschnittlich 8, 9 oder 10 Jahre (je nach Quelle) geführt. Viele Menschen sehen für sich persönlich an einem Lebensabend als Pflegefall keine Lebensqualität mehr, weshalb bereits 61% der 16-29jährigen und 85% der 65+jährigen nicht wollen, dass ihr Leben bei Pflegebedürftigkeit im Alter künstlich verlängert wird (Roland Rechtsreport 2016 S 34, Institut für Demoskopie, Allensbach).
Dieses Ziel ist mit einer Patientenverfügung zu erreichen. Aber nicht wie viele glauben, dass ihr Wille zwingend umgesetzt wird, weil sie einmal eine schriftliche (in Österreich eine „verbindliche“) Patientenverfügung erstellt haben. Das zeigt der Fall über welchen der BGH mit Beschluss XII ZB 107/18 entschieden hat. Wenn eine Patientin trotz wirksamer Patientenverfügung mehr als 10 Jahre lang gegen ihren Willen am Leben erhalten werden kann, dann ist es eben nicht damit erledigt, ein – sogar bindendes – Dokument erstellt zu haben.
Möchte also jemand z.B. nach einem erlittenen Schlaganfall lieber in Frieden einschlafen dürfen als pflegebedürftig weiterleben zu müssen, dann braucht es mehr als nur eine entsprechende Patientenverfügung.
Übersichtswissen für die Praxis
Aus meiner Erfahrung als Geriater und Gerichtssachverständiger habe ich diese komplexe Thematik für Laien in einem Buch aufbereitet. Es trägt den Titel „Pflegefall? Nein, danke! Mit der Patientenverfügung selbst entscheiden“ (Facultas-Maudrich-Verlag, Wien, 2017), und es berücksichtigt die unterschiedlichen Gesetze der D-A-CH Länder. Der Ratgeber ist für jeden empfehlenswert, der mit seiner Patientenverfügung auch Pflegebedürftigkeit im Alter abdecken möchte.
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