Corona in Österreich
Weit über hundert Schulklassen sind bereits in Corona-Quarantäne
Die Lage an Österreichs Bildungseinrichtungen spitzt sich zu. Die Temperaturen sinken, Husten und Schnupfen in den Klassen nehmen zu, bereits weit über hundert Klassen sind in Österreich in Corona-Quarantäne, die Schüler in Homeschooling. Lehrergewerkschafter Paul Kimberger: "Die Lage dynamisiert sich."
ÖSTERREICH. Während das Bildungsministerium mit einer Aussendung beruhigt und um Aufklärung bemüht ist, brodelt es in Österreichs Schulen gewaltig. Kimberger: "Weit über 100 Klassen sind bereits wegen Corona in Quarantäne und im Distance-Learning zuhause", so der Lehrergewerkschafter im Interview mit RMA-Redakteurin Anna Richter-Trummer: "Mit Stichtag 25. September gab es 10.600 Corona-Verdachtsfälle unter Österreichs Schülern und 1.500 unter Österreichs Lehrern. 900 Schüler sind bereits positiv auf COVID19 getestet, bei den Lehrern sind es 100."
Corona-Infektionszahlen an Schulen steigen rasant an
Laut Einschätzung des Lehrervertreters dynamisiert sich die Lage, denn "die Zahlen steigen rasant an", so Kimberger. Und weiter: "Wir gehen in eine heikle Zeit hinein, die Schüler husten, schnupfen, haben Halsweh, und es ist äußerst schwierig für den Lehrer abzuschätzen, ob der Schüler nun Anzeichen einer Corona-Infektion hat, oder nicht. In Wahrheit kann er das auch nicht, Lehrer sind kein medizinisches Personal. Aber er muss entscheiden, welche Maßnahmen gesetzt werden. Im Zweifel ist jedenfalls anzuraten, sich an die Gesundheitsbehörde bzw. 1450 zu wenden, das Problem sind nur die langen Wartezeiten, oft mehrere Tage. Und täglich steigt die Zahl der Corona-Fälle."
Schulschließungen im ländlichen Raum möglich
Noch ist es in Österreich wegen der Corona-Pandemie zu keinen Schulschließungen gekommen. Kimberger befürchtet, dass es vor allem im ländlichen, dezentralen Raum, wo es etwa ein- oder zweiklassige Volksschulen gibt, rascher dazu kommen könnten. In Tirol etwa wurden in mehreren Schulen halbe Klassen in Quarantäne geschickt. Und das laut Medienberichten nicht aus Gesundheitsgründen, sondern weil unterschiedliche Behörden entschieden haben. Denn für jeden Schüler ist die jeweilige Bezirksbehörde seines Heimatorts zuständig.
"Wir haben derzeit eine viel zu große Vielfalt im Agieren der Gesundheitsbehörden", kritisierte dazu Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Und forderte: "Wir brauchen ein homogenes Vorgehen." Denn bei allem Verständnis für die regionalen Besonderheiten müsse die grundsätzliche Behandlung von positiven Fällen und den engsten Kontaktpersonen in ganz Österreich die gleiche sein. Faßmann sieht hier das Gesundheitsministerium gefordert: Über den Verordnungsweg sei es möglich, hier einheitliche Vorgaben zu machen.
Maskenpflicht auf Unis, halbe Hörsäle leer
Bildungsminister Faßmann erlässt zum Start des Wintersemesters auch Regeln für Universitäten: So gilt Maskenpflicht in allen Hochschulgebäuden, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. In Wien haben Universität und TU eine Maskenpflicht auch während der Lehrveranstaltungen beschlossen. Weiters entscheiden Unis selbst, ob Vorlesungen digital oder an der Uni abgehalten werden. Die Hörsäle dürfen jedenfalls nur zur Hälfte ausgelastet werden, Prüfungen sollen sowohl online als auch an der Universität stattfinden. Lesesäle und Uni-Bibliotheken bleiben offen. Faßmann: "Studierendenheime sind jetzt keine Partyzone."
Die Quarantäne-Regeln in Schulen und Kindergärten
Das Ministerium teilt mittels Aussendung auch die Quarantäneregeln in Schulen mit, um eine einheitliche Vorgangsweise in den Bundesländern zu gewährleisten. "Das Vorgehen in Kindergärten und Schulen bei Auftreten eines positiven Corona-Falls oder eines Verdachtsfalles wird in den Bundesländern weitgehend einheitlich gehandhabt. Verdachtsfälle werden isoliert und bleiben bis zur Abklärung abgesondert. Für positiv Getestete gilt eine zehntägige Quarantäne daheim als Regel. Grundsätzlich wird aber jeder Fall einzeln behandelt", so das Ministerium.
Was passiert bei einem Verdachtsfall in der Schulklasse?
Das betroffene Kind wird abgesondert, Eltern, Gesundheitsbehörde und Bildungsdirektion informiert. Die konkrete Vorgehensweise wird in den Ländern etwas unterschiedlich gehandhabt. Teils wird direkt via Hotline 1450 oder durch die Schulärzte das weitere Vorgehen abgeklärt, in einigen Ländern - etwa in Wien - sind in erster Linie die Eltern angehalten, ihre Kinder abzuholen und den Anruf bei der Hotline 1450 zu tätigen und so das weitere Prozedere zu klären.
Sollte ein PCR-Test als notwendig erachtet werden, muss das betroffene Kind der Einrichtung bis zum Vorliegen des Testergebnisses fernbleiben. Kontaktpersonen eines Verdachtsfalls werden nicht unter Quarantäne gestellt. Für die Kontakte des Verdachtsfalls wird der Unterricht bzw. die Betreuung weitergeführt, dabei soll es möglichst zu keiner Vermischung mit anderen Klassen/Gruppen kommen - und es wird den betroffenen Kindern bzw. Eltern empfohlen, auch private Kontakte möglichst einzuschränken.
Was passiert bei einem positiven Fall in der Klasse/Kindergartengruppe?
Das positiv getestete Kind wird zehn Tage in Heim-Quarantäne geschickt. Ein Verlassen derselben ist nach diesen zehn Tagen möglich, sofern man mindestens 48 Stunden symptomfrei war. Für die Mitschüler bzw. Kinder in derselben Kindergartengruppe sowie erwachsene Betreuungspersonen gelten teils unterschiedliche Vorgaben. In Wien werden derzeit alle Kinder in derselben Gruppe als Kontakt der Kategorie I eingestuft (sofern direkter Kontakt bestand) - und müssen ebenfalls für zehn Tage in Quarantäne. Um rascher Klarheit zu haben, wurden zuletzt in Wien mehrere Projekte gestartet, die mobile Tests direkt vor Ort ermöglichen und je nach Vorgehen rasche Testergebnisse (innerhalb einer oder maximal 48 Stunden) liefern sollen.
In Niederösterreich, Kärnten, Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich, Salzburg, in der Steiermark und dem Burgenland werden hingegen bereits die jüngsten Empfehlungen des Gesundheitsministeriums umgesetzt. Diese bringen Unterschiede je nach Alter: Kinder und Betreuungspersonen, die in der Schulklasse oder in der Kindergartengruppe einen engen Kontakt zu einem positiv getesteten Kind älter als zehn Jahre (oder einem Erwachsenen) hatten, werden als Kategorie I-Kontakt eingestuft. Sie müssen für zehn Tage in Heimquarantäne. Anders verhält es sich bei Personen mit engen Kontakten zu positiv getesteten Kindern unter zehn Jahren: Diese können als Kategorie II-Kontakt eingestuft werden (wegen der vermuteten geringeren Infektiosität von kleineren Kindern) - und dürfen damit in der Klasse bzw. der Gruppe verbleiben. Ein Test kann für diese Kinder bzw. das Betreuungspersonal von der Gesundheitsbehörde auf freiwilliger Basis angeboten werden. Grundsätzlich gilt, dass immer die Entscheidung der Gesundheitsbehörde ausschlaggebend ist - jeder Fall ist als Einzelfall zu werten, eine generelle Regel gibt es nicht. Im Falle dessen, dass innerhalb von zehn Tagen zwei oder mehr Kinder der Klasse bzw. Gruppe positiv getestet werden, kann die Gesundheitsbehörde je nach Fall dann weitere Absonderungen verfügen.
Was passiert mit einem Kind, das außerhalb der Schule Kontakt mit einem positiv Getesteten gehabt hat?
Diese Kinder werden grundsätzlich als Kategorie I-Kontakt eingestuft, sie müssen daher in zehntägige Heim-Quarantäne. Das gilt z.B. auch dann, wenn ein Geschwisterkind positiv getestet wird, das andere aber negativ - dieses darf dann in der Regel ebenfalls nicht die Schule oder den Kindergarten besuchen.
Dürfen Kinder, die mit einem Verdachtsfall (auch außerhalb der Einrichtung) Kontakt gehabt haben, in Schule oder Kindergarten?
Ja, zumindest so lange, bis sich dieser Verdachtsfall nicht als positiver Fall entpuppt. Nur wenn sich der Verdachtsfall bestätigt, werden für die Kontaktpersonen Maßnahmen gesetzt - in der Regeln bedeutet das auch für diese zehn Tage Heim-Quarantäne.
Wer muss und wer darf informiert werden?
Tritt ein Verdachtsfall in einer Schule oder im Kindergarten auf, sind die Erziehungsberechtigten (bei Minderjährigen) des Kindes und die Gesundheitsbehörden zu informieren. Tritt der Fall außerhalb einer Einrichtung auf, sind die Erziehungsberechtigte dazu angehalten, Schule oder Kindergarten zu benachrichtigen. Auch die Gesundheitsbehörde wird im Rahmen der Kontaktpersonenerhebungen mit den jeweiligen Einrichtungen Kontakt aufnehmen. Ebenso werden die Erziehungsberechtigten jener Kinder, die mit einem Verdachtsfall in Kontakt standen, informiert. Grundsätzlich sind auch die Bildungsdirektion bzw. die für Elementarpädagogik fachlich zuständige Abteilung des jeweiligen Amtes der Landesregierung über Verdachtsfälle oder positive Fälle zu informieren. Prinzipiell dürfen alle in den jeweiligen Einrichtungen darüber informiert werden, dass (Verdachts-)Fälle aufgetreten sind (ohne die Bekanntgabe personenbezogener Daten).
Können Einrichtungen komplett geschlossen werden?
Ja, grundsätzlich können Gesundheitsbehörden (laut Epidemiegesetz) eine vollständige oder teilweise Schließung von Lehranstalten, Kindergärten und ähnlichen Anstalten im Falle des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit aussprechen. Zusätzlich kann eine größere Anzahl von Absonderungen dazu führen, dass kein sinnvoller Betrieb mehr möglich ist, so dass an Schulstandorten kein Präsenzunterricht mehr stattfinden kann - dies ist jeweils in Absprache mit der Bildungsdirektion zu entscheiden. In diesen Fällen wird auf Distance-Learning umgestellt, auch besteht die Möglichkeit, am Schulstandort in kleinen Gruppen Betreuung anzubieten. Grundsätzlich gibt es die Vorgabe, dass es möglichst zu keinen Schließungen kommen soll. Diese Regelungen gelten auch für Kindergärten. Auch hier wird aber eine Notbetreuung sichergestellt.
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