Zu Besuch in der Spanischen Hofreitschule: Die Magie der weißen Pferde
Geheimtipp für Pferdefreunde: Die Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule trainieren jeden Morgen in der Winterreitschule vor einem Publikum.
INNERE STADT. Es ist 9 Uhr und eine Radfahrerin, die in der Reitschulgasse Richtung Michaelerplatz unterwegs ist, bleibt auf der Straße stehen. Der Grund des Anhaltens sind fünf Lipizzaner, die von ihren Pflegern von den Stallungen über die Straße zur Winterreitschule geführt werden. Nach dem letzten Pferd tritt die Radlerin wieder in die Pedale und fährt an einer Gruppe Touristen, die vor dem Haupteingang der Spanischen Hofreitschule auf Einlass warten, vorbei.
Die Gäste besuchen die Morgenarbeit der Lipizzaner, die von Dienstag bis Freitag öffentlich abgehalten wird. Ehe die Lektionen in der Winterreitschule beginnen, werden die weißen Stars in der Sommerreitbahn, die sich in einem großen Hof vor der Winterreitschule befindet, aufgewärmt. "Bei schönem Wetter reiten die Bereiter um 9 Uhr Früh hinüber in den Burggarten. Dort können die Pferde grasen", erklärt Andrea Kerssenbrock von der Spanischen Hofreitschule und schlendert den Pferden hinterher. Die Überraschung für die Parkbesucher ist groß und Handys werden in einem Respektabstand zum Fotografieren gezückt. Und respekteinflößend sind die Lipizzaner nicht nur aufgrund ihres für ihre Rasse typischen muskulösen Körpers, sondern auch die Reiter in ihrer napoleonischen, braunen Uniform mit Frack und Zweispitz imponieren. Nach einer entspannten Viertelstunde auf der Wiese geht es am Palmenhaus vorbei durch verwinkelte Höfe zurück zur Winterreitschule, wo die Trainingsarbeiten vor einem zahlreichen Publikum starten.
Training in Frack und Zweispitz
"Es werden jeden Morgen vier Hengstgruppen zu je fünf Pferden trainiert. Jede Gruppe trainiert eine halbe Stunde", so Kerssenbrock, die aus dem Berufsreitsport kommt. Konzentriert trainieren die Bereiter die klassische Reitkunst wie bei der Gründung der Hofreitschule vor 453 Jahren. Elegant werden vor einem zahlreichen Publikum fliegender Galoppwechsel und Pas de Deux geübt, die Pferde nach anstrengenden Übungen mit einem Griff des Bereiters in seinen Frackzipfel belohnt. "Dort ist eine Zuckertasche eingenäht", verrät Kerssenbrock. "Jedes der 72 Pferde in der Hofreitschule wird seinem Talent gemäß ausgebildet. Die Pferde werden rund um die Uhr professionell betreut. Das beginnt beim Pfleger im Stall, der darauf achtet, dass sich der Hengst mit seinem Boxnachbar versteht bis hin zu Aromatherapien, Solarium und Magnetresonanztherapie. Man sieht den Pferden auch an, dass es ihnen wirklich gut geht." Zu den berühmten Schulsprüngen wird übrigens kein Pferd gezwungen. "Wenn ein Pferd quirrlig ist und von sich aus springt, wird geschaut, ob die Schulsprünge mit ihm trainiert werden können", erläutert Kerssenbrock und führt aus der Reitschule hinaus und über die Reitschulstraße in die Stallungen. "Alle acht bis zehn Wochen fährt ein Drittel der Lipizzaner in einer Rotation nach Heldenberg, um publikumsfrei mit ihren Bereitern zu üben und auszureiten. Wir haben 16 Bereiter, inklusive einer Bereiterin. Hanna ist seit 2008 bei uns."
Vorbei an Außenboxen mit freundlich-neugierig blickenden Hengstköpfen geht es zu den inneren Boxen, vor denen bereits die nächsten fünf Lipizzaner für die Morgenarbeit gestriegelt und bandagiert werden. "Die Pferde weiß zu halten, ist eine echte Aufgabe! Ein Lob unseren 18 Pflegern", lacht Kerssenbrock dem Pfleger und stellvertretenden Stallmeister Andreas Haipl zu, der einem Pferd unter dem Solarium zärtlich über den Kopf streicht. "Um sechs in der Früh warten die Pferde schon auf mich am Boxenfenster. Mit Pferden zu arbeiten ist das Schönste", schwärmt Haipl. "Jeder Pfleger ist für fünf bis sechs Pferde verantwortlich. Ich bin stolz, wenn eines meiner Pferde nach der jahrelangen Ausbildung in die Vorführung darf." Diese Ausbildung dauert rund sechs Jahre. Bei der Morgenarbeit können die Besucher auch der Ausbildung beiwohnen, nicht alle morgens trainierten Hengste haben bereits Vorführungsreife. Dementsprechend interessant sind auch diese Arbeiten für Pferdekenner aus aller Welt. "Vor einem Monat war Rod Stewart bei der Morgenarbeit! Er hat sich eine Karte gekauft und wurde vom Kassamitarbeiter erkannt." Nicht alle Besucher sind so bescheiden wie der Popstar aus London. Viele Prominente besuchen das Training, teilweise geheimnisvoll inkognito bis zum Augenblick ihres Eintreffens. "Es kommt vor, dass der Concierge des Sacher oder Hyatt anruft und einen wichtigen Gast ohne Namen ankündigt, wie zum Beispiel die Frau von Robbie Williams, die mit ihren Kindern bei der Morgenarbeit war." Eines muss den Stars und gekrönten Häuptern, die fast ausnahmslos einen Besuch in der Hofreitschule im Wientrip einplanen, klar sein: In der Winterreitschule sind die weißen Pferde sie Stars - egal wieviel Platten man verkauft hat.
Zur Sache
Die Morgenarbeit der Lipizzaner in der Winterreitschule am Michaelerplatz 1 kann von Dienstag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr besucht werden. Der Eintritt kostet für Erwachsene 15 Euro, Senioren und Studenten zahlen 10,50 Euro. Infos unter www.srs.at oder 01/533 90 31-0.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.