Demos
"Corona-Spaziergänge" sorgen für Unruhe

Corona-"Spaziergang" am 1. Jänner in Innsbruck. | Foto: ZVG
  • Corona-"Spaziergang" am 1. Jänner in Innsbruck.
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  • hochgeladen von Georg Herrmann

INNSBRUCK. In der Tiroler Landeshauptstadt sind Demonstrationen keine Seltenheit. Verschiedenste Gruppierungen und Aktivisten rufen aus unterschiedlichsten Beweggründen zur Teilnahme auf. Menschenrechtsverletzungen, Solidaritätskundgebungen oder Kritik an Coronamaßnahmen. Diese sorgern aber immer mehr für Probleme: Gegendemonstrationen, Anzeigen und Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppierung.

Auflösung

Beim "Spaziergang" am 6.1. in Innsbruck gab es zahlreiche Unstimmigkeiten innerhalb der Corono-Demoteilnehmer, wie in der Nachbetrachtung der Organisatorin S. R. zu lesen ist: "Am Ende der Versammlung wurde ich gestern von der Polizei darum gebeten, die Versammlung früher als gewünscht aufzulösen, weil zu viele Leute bei der Annasäule den Abstand nicht eingehalten haben und keinen Mund-Nasen-Schutz mehr an hatten. Ich habe dann probiert, die Leute mehrmals aufzufordern, mehr Abstand zu halten, damit unsere letzten Redner eine Chance dazu haben, ihr Gespräch vollständig zu halten - es hat aber kaum einer auf meiner Aufforderungen reagiert. Darum wurde ich gezwungen, die Versammlung doch gleich auf der Stelle aufzulösen." Vor allem die Frage der Haftung beschäftigt die Personen, die die Veranstaltungen anmelden, immer mehr: "Ich erinnere auch daran, dass ich als Versammlungsleiterin haftbar für Euch alle bin, einen MNS tragen muss und auch die Verpflichtung habe, die Anweisungen der Polizei Euch weiterzuleiten und sicherzustellen, dass diese auch befolgt werden. Genau wie die Polizei dazu verpflichtet ist, die Anweisungen ihrer Arbeitgeber zu befolgen und einen MNS zu tragen."

Ohne Anmeldung

Bei Spaziergang am 1. Jänner waren die Teilnahmen zu Beginn auf der Suche nach einem Verantwortlichen. "Es gibt keinen Versammlungsleiter, es gibt keine Anmeldung, es gibt aber Polizeischutz", so wird im Youtube-Video von honkforhope die Situation analysiert. Nach vielen unterschiedlichen Terminen auf einer inzwischen eingestellten Facebook-Seite für die Veranstaltung "Tirol steht auf", fehlte um 14 Uhr der Verantwortliche der Demo. M. R. hat gegenüber der Exekutive die Anmeldung wieder zurückgezogen. Der Videoblogger stellt mehrfach die Frage: "Ist jemanden wegen dem abgesagten Marsch hier?" "Am 01.01.2021, gegen 14.00 Uhr, fanden sich rund 800 Coronamaßnahmenkritiker in Innsbruck, Maria Theresien Straße, ein und begannen einen von ihnen genannten "Coronaspaziergang". Im weiteren Verlauf wurden Sprechparolen skandiert und Transparente gegen die aktuellen Maßnahmen der Regierung hochgehalten. Es handelte sich somit um eine nicht angemeldete Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. Eine ursprünglich für den Nachmittag des 01.01.2021 angemeldete Versammlung gegen die geltenden Anticoronamaßnahmen wurde am Vorabend vom Veranstalter zurückgezogen", ist in der Pressemitteilung der Polizei zu lesen. Es wurden mehrere Anzeigen gegen Mitglieder beider Seiten (Anmerk. als zweite Seite werden Vertretern der linken Szene bezeichnet) u. a. wegen Nichteinhalten der Covidschutzbestimmungen, Ordnungsstörungen, Ehrenkränkungen sowie nach dem Versammlungsgesetz erstattet. Es wurden 2 Organisatoren der Anticoronamaßnahmendemonstration erhoben, die sich nach dem Versammlungsgesetz zu verantworten haben.

Anzeigen

Die Organisatorin sieht sich mit einigen Anzeigen konfrontiert: "Es haben mich gestern schon einige Leute angeschrieben, dass sie Anzeige an die Staatsanwaltschaft und Behörden erstatten, weil eben viele Teilnehmer sich gestern an die Maßnahmen nicht gehalten haben. Das ist das erste Mal, dass ich solche Arten von Schreiben bekommen", schreibt S. R. und meint weiter: "Ich freue mich diesmal nicht auf mein nächstes Vorgespräch mit der Polizei (vor der nächsten Veranstaltung), weil es diesmal viele Anstände geben wird und ich werde aufgefordert sein, dass es nächstes Mal viel, viel besser läuft." Auch intern scheint die Stimmung der Coronokritikergruppe gespalten zu sein: "Nun ist es so, dass sogar ein paar Damen unserer Seite gestern in verschiedenen Facebook Gruppen angefangen haben zu jammern, da die geltenden Verordnungen bei den Versammlungen ihnen nicht passen und mir sogar teilweise die Schuld dafür gegeben haben - sozusagen, ich hätte entschieden, dass diese Verordnungen gelten, was komplett lächerlich ist. Ich wurde teilweise sogar stark beleidigt." und zitiert aus einer Info eines weiteren Organisators: "Wahnsinn. Die eine Gruppe ist wohl eine Frechheit. Als Veranstalter gibt man sich Mühe dass man was organisiert und dann wird nur gejammert, dies passt nicht, dass passt nicht.“

Demo-Kultur

Im vergangenen Jahr sorgte die "Black Lives Matter" mit rund 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder die Veranstaltung "Laut durch Stille" der Kulturszene am Landhausplatz für Aufsehen. In bester Erinnerung ist auch der "Schwedenmarsch" anläßlich der Fußball-Europmeisterschaft in Innsbruck. Zahlreich sind Demonstrationen vor allem im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung. 1986 sorgten die Chaos-Tage in Innsbruck für Aufsehen und enormen Polizeieinsatz. 2016 wurde das Projekt zur Protestkultur von Petra  Gerschner, Künstlerin und Filmemacherin, im Rahmen der „stadtpotenziale“ präsentiert.  Im Allgemeinen gilt die Demo-Kultur in Innsbruck durchaus als gehoben, wobei extreme Gruppierungen vereinzelt die Möglichkeit nutzen, um in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Maßnahmen

Das Innenministerium will mit verschiedenen Maßnahmen die Corona-Demos strenger kontrollieren. "Die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit wird die personellen Einsätze länderübergreifend koordinieren. Es wird verstärkte Kontrollen des Personenzustroms bei Demos geben, eine strikte Ahndung von Verwaltungsübertretungen wie fehlendem Mund-Nasen-Schutz oder Abstandhalten. Zudem soll es eine akribische Dokumentation der Versammlungen geben, um verfassungsgefährdendes Verhalten zu erkennen. Alles unter Einhaltung der Verhältnismäßigkeit", teilt der standard.at in Sache Polizeipräsenz mit "Ein zweiter Eckpunkt der neuen Verordnung setzt hier an: Dem "Strafrecht zuwiderlaufende Postings" in die Beurteilung der Behörde einfließen. Das "verbale Eskalationspotenzial" der Organisatoren werde ein "entscheidender Faktor bei der Untersagung einer Versammlung" sein" und "Der dritte Eckpunkt der Verordnung sieht vor, dass zwischen einzelnen Sicherheitsbehörden Erkenntnisse über den – bundesweit sehr oft identen – Kreis von Anmeldern und etwaige strafbare Handlungen bei Versammlungen ausgetauscht werden sollen. Die Prüfung muss "im Einzelfall durch die Sicherheitsbehörden erster Instanz erfolgen". Durch diese kann es zu einer Untersagung im Vorfeld kommen." Umstände, die den heimischen Organisatoren bekannt sein dürften. So schreibt S. R.: "Liebe Leute, ich wurde gestern darum gebeten, diese Veranstaltung (Anmerk.: Spaziergang in Hall am 9.1.) als Versammlungsleiterin zu übernehmen - dies habe ich gern gemacht. Dies bedeutet, dass ich nun diejenige bin, die dafür haftet, dass die geltenden Corona-Maßnahmen (1 Meter Abstand + Schal/Tuch tragen) eingehalten werden. Ich bitte Euch darum: wer keine Lust hat, morgen sich an die Maßnahme zu halten, sollte auch nicht kommen."

Mobilisierung

Der 16. Jänner scheint für die Corona-Demosszene von besonderer Bedeutung zu sein. In Wien wurde bereits drei geplante Veranstaltungen durch die Exekutive abgesagt. In Tirol existieren Aufrufe zur Teilnahme an den Demos in Wien. Es werden Busdienste aus den verschiedensten Tiroler Städten und Gemeinden angeboten. Die Devise "Diese Reise wird Dich erheben, aufbauen und mit neuer Freude und Energie beflügeln." Laut S. R. sind die Vorbereitungen für "die Versammlungen in Innsbruck am 16.01 schon im Laufen. Ich hoffe, auf rege Teilnahme."

Warnung

Vor einer Radikalisierung innerhalb der Corona-Demogrupperiungen wird seit Wochen gewarnt. Die Plattform a:ibk schreibt zum Beispiel: "Nun liegen Belege vor, dass es auch in Tiroler Telegram-Gruppen zu Gewaltphantasien und Todesdrohungen gekommen ist: So schreibt S. F., sie habe für die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner “nit nur a Rakete aufkalten, sondern a 120 Schuss Box“; “Gute Idee”, antwortet der User A. M. F.-G. wiederum meint, man müsse sich ein Vorbild an den Gelbwesten nehmen: “ist zwar nicht immer legal oder ohne Gewalt aber anders geht es anscheinend nicht dass man die Aufmerksamkeit bekommt”. Es müsse Gleiches mit Gleichem vergolten werden, wenn sich die Staatsgewalt aggressiv verhalte. Das sehr aktive Mitglied “11F!_00” postete das Bild einer Todeszelle und schreibt: “Mental Grab i schon Löcher im Garten…” Und M. F. stellte mehrfach das Bild eines Galgens in die Gruppe, Untertitel: “Government Repair Kit” – “das einzige was wirklich hilft”, erklärt er."

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