Schwarz-grüne Fans
Das letzte Guthaben des FC Wacker Innsbruck

"Sport frei für Kinder und Jugend", mit vier Transparenten im Tivoli Stadion, Haller Straße EKZ west und Marktplatz setzten die VK91 den Kinder- und Jugendsport im März 2021 in den Mittelpunkt. | Foto: privat
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  • "Sport frei für Kinder und Jugend", mit vier Transparenten im Tivoli Stadion, Haller Straße EKZ west und Marktplatz setzten die VK91 den Kinder- und Jugendsport im März 2021 in den Mittelpunkt.
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Wacker-Fanmarsch in die Innenstadt, Sammelaktion für das Auswärtsspiel der Damenmannschaft und Petition zum Erhalt. Während der Vorstand und die bezahlten Funktionäre die bekannte Melodie "Wenn ich einmal reich wär" als Devise verwenden, versuchen die Wacker-Mitglieder und -Fans mit zahlreichen Aktionen ihren "FC Wacker Innsbruck" zu retten. Über Mitgliederverein, Investorenklagen und eSport.

INNSBRUCK. "Farbe bekennen" lautete das Motto beim Wacker-Marsch nach dem letzten Spiel des FC Wacker Innsbruck in die Innenstadt. Organisiert von der Tivoli Nord zeigte ein breites Spektrum an Fans und Mitgliedern des schwarz-grünen Traditionsvereins ihr Bekenntnis zum FC Wacker Innsbruck. In einer Situation, in der die Zukunft des Vereins mehr als ungewiss ist. Die FC Wacker Innsbruck GmbH wird voraussichtlich vor einer Insolvenz nicht gerettet werden können, der Schuldenstand soll bei 1,9 Mio. Euro liegen. Der Verein selbst hat mit Schulden von rund 960.000 Euro zu kämpfen. Welche konkreten Auswirkungen die Insolvenz der GmbH auf den Verein hat, ist immer noch unbekannt. Ebenso die Haftungsfragen und rechtliche Konsequenzen gegenüber den verantwortlichen Vorstandsmitgliedern. Eine Insolvenz des Vereins würde auch das Ende des FC Wacker Innsbruck bedeuten. Ein möglicher Neuanfang erfolgt dann in der zweiten Klassen des Tiroler Fußballs.

Die Legende lebt, das Video

Sag, weißt du, wie das Leben spielt? Das Leben spielt nicht immer fair, Ooooh
Doch wir stehen wieder auf. Sag, weißt du, was verlieren heißt? Wenn man dich zu Boden reißt Ooooh Doch wir stehen wieder auf.
Aus dem Text von "Die Legende lebt"

Mitgliederverein

"Im Juni 2002 wurde aus den Trümmern des FC Tirol der offene demokratische Mitgliederverein FC Wacker Tirol ab 1. Juli 2007 FC Wacker Innsbruck gegründet. Den politischen Vätern des Nachfolgevereins war es besonders wichtig, jene Vorkommnisse, die zu einer der größten Pleite in Tirol geführt hatte, zu vermeiden.

Der Verein ist lt. Statut ein offener Mitgliederverein, wird auf demokratischer Basis geführt und ist daher ein allgemeines Tiroler Kulturgut, als Pfleger und Förderer des Fußballsports unter Ausschluss jeder parteipolitischen Tendenz."

So beschreibt die Plattform sportpolitik.info die Entstehung des Mitgliedervereins. Trotz des Bekenntnisses wurde der Umgang mit Mitglieder und Ehrenamtlichen bei den Wacker-Verantwortlichen eher zu einem "roten Tuch". „Zsammrucken, zsammhalten, Gas geben!“, unter dieses Motto stellte Gerald Schwaninger das Jahr 2009 für den FC Wacker Innsbruck. 2009 war auch das Gründungsjahr des W-Teams: "Das W-Team ist ein eingetragener Verein, der sich das Ziel gesetzt hat, ehrenamtliche Arbeit rund um den Fußballsport zu fördern und zu unterstützen. Der Startschuss für dieses Projekt fiel im Zuge der Umbenennung zu FC Wacker Innsbruck. Engagierte Vereinsmitglieder schlossen sich zusammen und realisierten das Projekt "Wacker Innsbruck Homepage". Im Zuge dessen wurde auch das ehrenamtliche Online Team installiert, das großteils die redaktionelle Betreuung der Homepage übernahm. Neben diesen Tätigkeiten wurden etliche andere Aktionen von Ehrenamtlichen initiiert und betreut." 2012 schreibt tivoli12.at: "Im Verein blickt man begeistert auf die ehrenamtliche Arbeit. Diese Arbeit steigert auch den Stellenwert des Vereins. Zusammenkünfte des Wacker-Teams auch außerhalb ihrer Arbeit zeigen vom guten Zusammenhalt in der Truppe. Aktuell wird das wackere Team sogar von zwei Studenten beobachtet, welche eine Studie daraus machen wollen." Die Einbindung von Ehrenamtlichen und Mitgliedern wurde jedoch sowie die Kommunikation und Transparenz des Vereins nach außen immer weniger.

Die Wacker Petition, BezirksBlätter Innsbruck Beitrag

Kontroversen

Die Führung des FC Wacker pendelte zwischen der Devise "Ich bin einer von Euch" und der Aussage, die Mitgliedern sind das Problem einer erfolgreichen wirtschaftlichen Zukunft. Vor allem die organisierte Fanszene galt und gilt als rebellisch. Eine volle Nordtribüne ohne Support hat es in der Geschichte des Wacker ebenso gegeben wie zahlreiche . auch immer wieder grenzwertige, Spruchbändern gegen Personen rund um den Verein. In Erinnerung sind die Aktivitäten zur Umbnennung des Vereins. Am 8. Juli 2004 wurde auf Betreiben der Mitglieder des FC Wacker Tirol eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, mit dem Ziel der Umbenennung des Vereins in FC Wacker Innsbruck. Nach hitzigen Wortmeldungen und Tumulten wurde der Antrag auf Umbenennung wieder zurückgezogen. Am 23. Februar 2007 wurde bei der Generalversammlung die Umbenennung in "FC Wacker Innsbruck" beschlossen. Durchaus interessante, wichtige gesellschaftliche und soziale Initiativen die von Fan- und Mitgleiderseite aus organisiert wurden, zeichnen sich in der Zusammenarbeit mit den Vereinsverantwortlichen durch eine Gemeinsamkeit aus: eine kurze Lebensdauer. In den immer wiederkehrenden Krisenzeiten erinnerte sich die Wacker-Führungsriege an die starken Möglichkeiten, Paradebeispiel die Aktion "Spiel gegen die Zeit".

Der Beginn des Wacker-Marsch. | Foto: Lassnig
  • Der Beginn des Wacker-Marsch.
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Mehr als nur Fans

Eigentlich wollte die Fanszene feiern. Nicht nur sportliche Erfolge am grünen Rasen. Das Jubiläum der Verrückten Köpfe, die seit über 30 Jahren für Stimmungen sorgen, ist ebenso wie das zehnjährige Jubiläum von "Unterland" ein starker Beweis einer großen Fangemeinschaft. Die Fanszene setzt dabei weitaus mehr Akzente als nur im Stadion. In ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wurde neben der legendären Sammelaktion für Bergamo, sport- und zeitliche Ausstellungen, Fanprojekte, Diskussionsabende und vieles mehr organisiert. Wie tief inzwischen die Kluft der organisierten Fanszene und den inzwischen großteils abgetreten Wackerverantwortlichen ist, zeigt die Bilanz im April 2022: ""EX-ENTSCHEIDUNGSTRÄGER – JAMNIG, HÖRTNAGL, KERLE, KOZUBEK, MARGREITER, STOCKER – IN DIE VERANTWORTUNG NEHMEN!!! PS: Die völlig überzogenen Gehälter des Vorstandsteams, mit denen man sich am chronisch klammen Zweitligisten bediente um die eigenen Taschen vollzustopfen, werden an dieser Stelle gar nicht näher erläutert! PPS: Die Kommunikation seit Pandemiebeginn ließ ohnehin zu wünschen übrig. Der Höhepunkt war jedoch die richtungsweisende Generalversammlung online (unter dem Vorwand Covid-19) abzuhalten. Diese Vorgehensweise ist mehr als feig und zeugt vom fehlenden Charakter der handelnden Personen, die das sinkende Schiff still und heimlich verlassen und sich den Mitgliedern und Fans abermals nicht gestellt haben."

Die Tivoli Nord über den Wacker-Vorstand, BezirksBlätter Innsbruck Artikel

Bittere Bilanz

Mit der letzten Statutenänderung und der Einführung der Kernmitgliedschaft wurde dem Drängen der damaligen Vereinsverantwortlichen  nachgegeben. "Wir haben uns damals für Zweiteres entschieden, weil wir keine Alternative gesehen und gehofft haben, nicht nur zu sportlichem Erfolg zu gelangen, sondern insbesondere auch nachhaltige Strukturen (Trainingszentrum) aufzubauen. Heute müssen wir uns eingestehen: Wir haben uns getäuscht und wir wurden getäuscht. Übertriebene Pläne gepaart mit mangelnder Zahlungsmoral haben unseren Verein in nur zwei Jahren scheinbar hoffnungslos an die Wand gefahren. Welchen Anteil daran die drei Investoren und welchen unsere Vorstände haben, ist für uns nicht nachvollziehbar. Die Kommunikation der Verantwortlichen gegenüber den Mitgliedern und Fans wurde in den letzten Monaten praktisch eingestellt. Wenn doch kommuniziert wurde, dann wurden zentrale Dinge verschwiegen oder man hat uns offenbar schlichtweg angelogen." Eine bitte Bilanz der Initiatoren der "Initiative Wacker 2022". Die Forderungen: völlige Transparenz über die finanzielle Situation des FC Wacker Innsbruck; den Rückzug des Kernmitglieds (Blockrock GmbH) und die Streichung der Kernmitgliedschaft aus den Vereinsstatuten; den Rücktritt von Präsident Kevin Radi; die geordnete Übergabe aller Agenden an ein zu wählendes neues Vorstandsteam.

Die Uhr tickt

Das Problem, die Uhr tickt. Zur Teilnahme an einem der Bewerbe des Tiroler Fußballverbandes mit uns eine Nennung abgegeben werden und genau diese ist derzeit unmöglich. Auch wenn der Abschied vom Profifußball fest steht, stehen der Amateurbereich, die Damenmannschaften und der Nachwuchs vor einer ungewissen Zukunft. Um der Damenmannschaft das Auswärtsspiel in der Planet Pure Bundesliga zu ermöglichen, wurde in den sozialen Netzwerken eine Sammelaktion gestartet. Mehr scheint derzeit auch nicht möglich. Eine offiziellen Plan B bis Z gibt es vonseiten der Führungsetage des Vereins nicht. Vor allem auch die offenen Fragen über noch mögliche Einnahmen sind weiterhin unbeantwortet. Kann mit Förderungen des Landes und der Stadt gerechnet werden? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn ja, was wird für die Auszahlung benötigt werden? Wo kann der Verein spielen? Wo kann er trainieren? Wer kann oder darf Gespräch mit möglichen Sponsoren führen? Und, und, und. Fakt ist aktuell nur, selbst der Lotto-Jackpot reicht derzeit nicht, um den Verein und die GmbH zu entschulden.

Das Ende des wackeren Profifußball, BezirksBlätter Innsbruck Artikel

Rettung

Immer wieder wird die Hoffnung durch Lösung der Problematik mit einem Investor in die Diskussion eingeworfen. Spannend ist dabei die Frage, wie ein Masseverwalter sich gegenüber den Investoren und vor allem den vorhandenen Verträgen verhalten wird. Dazu passend die Recherchen des Fußballmagazins Kicker: "Denn mittlerweile klagt Mikhail Ponomarev beim Landesgericht Innsbruck gegen die Wacker Innsbruck GmbH, wie ein Sprecher des Gerichts dem kicker bestätigt. Es scheint noch ein Betrag offen aus dem Überbrückungskredit, den der einstige KFC-Investor zur Verfügung gestellt hatte und der mit seinem Ausscheiden wieder abgelöst werden sollte. Als Klägerin tritt dabei Ponomarevs österreichische Firma "Private Kapital Partners Holding" auf." Außerdem berichtet Kicker: "Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat die "Arrestierung” des Vermögens des ehemaligen Investors Mikhail Ponomarev bestätigt. Gerichtsvollzieher sind nun befugt, Wertgegenstände vorläufig zu beschlagnahmen. Der Insolvenzverwalter erhebt Schadenersatzansprüche gegen Ponomarev, die so gesichert werden sollen. Ob er für die Schadenersatzforderungen aufkommt, ist aber offen: Ponomarev soll "nicht über Vermögenswerte im Inland" verfügen." Zur Verbindung mit dem FCW wird geschrieben: "Dass Ponomarev nicht über Vermögen im Inland verfügen soll, könnte mit seinem zeitweiligen Engagement in Österreich zusammenhängen. Der Energieunternehmer gewährte dem klammen Zweitligisten FC Wacker Innsbruck im Sommer 2021 einen Überbrückungskredit, im Januar trennte sich der Klub von ihm. Aktuell klagt Ponomarev über eine österreichische Gesellschaft gegen Innsbruck, in seinen Augen stehen offenbar noch Rückzahlungen aus." Und Kicker meint abschließend: "Pikant: Erst kürzlich hatte der kicker enthüllt, dass in das Darlehensgeschäft auch eine Firma aus dem Steuerparadies British Virgin Islands involviert war. Zudem hatte Insolvenzverwalter Kruth in einem Zwischenbericht, der dem kicker vorliegt, Verbindungen nach Moskau und ins EU-Steuerparadies Zypern feststellen können. Trotz des rechtskräftigen Urteils dürfte es maximal kompliziert werden, Ponomarevs ausländische Vermögenswerte festzusetzen."

Die wackere Fangemeinde vor dem Goldenen Dachl. | Foto: Lassnig
  • Die wackere Fangemeinde vor dem Goldenen Dachl.
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eSports

Im April 2022 setzte die Stadt eine eSports-Initiative. In einem gemeinsamen Gemeinderatsantrag der vom Stadtsenat dem Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Tourismus zugewiesen wurde haben die Grünen, FPÖ, Für Innsbruck, ÖVP,Tiroler Seniorenbund und SPÖ den erneuten Anlauf gestartet, Innsbruck aus dem digitalen Schlaf zu holen. Dabei sollen in einem ersten Schritt mit den Systempartnern, in erster Linie dem Land Tirol, die zukünftigen Möglichkeiten erörtert werden. Der Antrag enthält den Vorschlag eines runden Tischs zwischen Entwicklern, Veranstaltern und Forschern aus dem entsprechenden Bereich, der noch in den nächsten drei Monaten stattfinden soll. Ein möglicher Partner wäre hier durchaus der FC Wacker Innsbruck. Aber auch hier gibt es offenen Fragen.

Wacker-Firma

Neben der "FC Wacker Innsbruck GmbH" besitzt der Verein "FC Wacker Innsbruck" eine zweite Gesellschaft. Die Firma "eSports Management Agency GmbH" steht ebenfalls zu 100 Prozent im Eigentum des Vereins. Die Firma wurde am 17.04.2019 mit einer "gründungsprivilegierten Stammeinlage" gegründet und ist 2020 in den Besitz des Vereins übergegangen und befindet sich am Rennweg 1. Als Homepage wird die Adresse e-mau.eu angegeben. Wie bei der FC Wacker Innsbruck GmbH gibt es aber auch bei der eSports durchaus offene handelsrechtliche Fragen, so ist nämlich auch bei dieser GmbH kein Geschäftsführer eingetragen. Mit 8.6.2019 waren drei Geschäftsführer eingetragen, am 30.12.2020 wurde eine Geschäftsführerin gelöscht und am 22.3.2022 haben die beiden weiteren Geschäftsführer ihre Funktionen löschen lassen. In den Wacker-Netzwerken ist das Interesse an eSport ein Thema, auch die ehrenamtliche Mitarbeit. Problem einmal mehr, wer ist der Ansprechpartner?

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