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Diana, eine stille Heldin
INNSBRUCK. Geboren wurde Diana Budisavljević am 15. Jänner 1891 in Innsbruck als Tochter eines Innsbrucker Unternehmers, dem Begründer des Hotels „Maria Theresia“. Ihre Geschichte ist geprägt von den Weltkriegen und ihrem menschlichen Einsatz, Mut und ihrer Beharrlichkeit.
Diana Budisavljević
"Ich ging von dem Standpunkt aus, dass mein Leben nicht wertvoller sei, als dasjenige all der unschuldig Verfolgten, und dass, wenn ich anderen zu helfen in der Lage wäre, ich dachte da in erster Linie an Kinder, mein Leben so reich sei, dass ich dann hinnehmen müsste, was eben kommen würde." (27. Feber 1942)
Diana Frieda Olga Obexer belegte während des Ersten Weltkriegs einen Pflegekurs an der Universitätsklinik Innsbruck. Dort lernte sie den Chirurgen Julije Budisavljević kennen, heiratete ihn 1917 und folgte ihm 1919 nach Zagreb. Dort lebte sie als Mutter und Ehefrau eher zurückgezogen, hatte aber familiär gute Kontakte zu den politischen Kreisen des SHS-Staates (Staat der Slowenen, Kroaten und Serben) und des Königreichs Jugoslawien. Ebenso hatte sie gute Verbindungen zu Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz. Im Herbst 1941 erfuhr Diania Budisavljević zum ersten mal von internierten Frauen und Kindern und sie wurde Teil eines weit verzweigten Netzes an Organisationen und Einzelpersonen aus allen gesellschaftlichen Schichten und politischen Lagern, die die Gräueltaten der Ustascha verhindern oder abmildern wollten.
Politische Lage
Am 6. April 1941 bombardierte die deutsche Wehrmacht Belgrad, am 10. April rief Slavko Kvaternik den "Unabhängigen Staat Kroatien" aus und die Verfolgung von Juden, Serben sowie Sinti und Roma begann. Am 11. April besetzte die Gestapo das Büro der jüdischen Gemeinde in Zagreb und Ante Paveli´c (Führer des Unabhängigen Staates Kroatien) erließ Gesetze, die an die Nürnberger Rassegesetze angelehnt waren. Es folgten Massaker an der serbisch-orthodoxen Bevölkerung durch Ustascha-Gruppen. Ziel war die Schaffung eines rein arisch-kroatischen Staatsverbandes: "Ein Drittel der Serben müsse man vertreiben, ein Drittel zum katholischen Glauben bekehren und ein Drittel töten." Deportationen als Zwangsarbeiter nach Deutschland, Umerziehungsmaßnahmen und viele Opfer im Konzentrationslager Jasenovac waren an der Tagesordnung. 1946 kam die staatliche Kommission der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zum Schluss, das während des Bestehens des Lagers Jasenovac von 1941 bis 1945 sogar mehr als 1,4 Millionen Menschen ermordet wurden. Nach jahrelangen Diskussionen hat sich die wissenschaftliche Community auf eine Opferzahl zwischen 80.000 und 90.000 Menschen geeinigt.
Tagebuch
Ab Oktober 1941 führte Diana Budisavljević ihr Tagebuch, in dem sie Fakten und Beobachtungen notierte. Ihre erste Hilfsaktion startete sie für die serbischen Frauen und Kinder, die in "Schloss Loborgrad" festgehalten wurden. Es begann der jahrelange Einsatz von Diana Budisavljević
unter lebensgefährlichen Umständen, politischer Beobachtung und Verhaftungen. Vor allem der Verbleib und Aufenthalt von Kindern lag Diana Budisavljević besonders am Herzen. Durch eine umfassende Kartothek konnte sie zahlreiche Anfragen, die die Suche nach den Kindern durch Eltern die in Zwangsarbeit geschickt oder von Müttern und Vätern die willkürlich von ihren Kindern getrennt wurden betrafen, beantwortet werden. Am 8. Mai 1945 schrieb Diana Budisavljević in ihr Tagebuch nur das Wort "Befreiung". Unter dem Namen „Aktion Diana Budisavljević“ kümmerte sie sich um die Versorgung mit Hilfsgütern sowie Freilassung und Unterbringung von befreiten Kindern und Frauen, mehrheitlich serbischer Herkunft, aus den Todeslagern des Ustascha-Regimes. Mit Hilfe von Transportlisten und weiteren Quellen führte sie zusammen mit ihren Mitarbeitern eine Kartei, die gegen Kriegsende Angaben von ca. 12.000 Kindern enthielt. Am 25. Mai suchten zwei Männer der OZNA, dem Geheimdienst der Partisanen, sie auf und verlangten die Fotoalben mit den Bildern der namenlosen Kinder. Am 28. Mai beschlagnahmte das Ministerium für Gesellschaftsfragen die gesamte Kartothek, ein Fotoalbum und ein Notizbuch.
Dianas Liste
1972 kehrte Diana Budisavljević nach Innsbruck zurück und starb sechs Jahre später. Für ihren Einsatz wurde sie erst nach ihrem Tod von der serbisch-orthodoxen Kirche gewürdigt. In dem bei Tyrolia erschienenen Roman "Dianas Liste" wird der vergessenen Innsbrucker Heldin ein Andenken bereitet. Wilhelm Kuehs, der Autor des Romans, beschreibt Budisavljević so: "Sie war nicht sanft und zärtlich, sondern nüchtern und durchsetzungsstark. Sie zeigte Mut mit viel Autorität. Diana ist ein tolles Vorbild auch in Zeiten, wie diesen." (Dianas Liste, ein biografischer Roman; Wilhelm Kuehs; Tyrolia; ISBN 978-3-7022-3597-0)
Dianas Kindergarten
Der städtische Kindergarten in der Burghard-Breitner-Straße trägt künftig den Namen „Städtischer Kindergarten Reichenau Ost. Diana Budisavljević“ . Dem voraus geht ein bereits 2014 gefasster Beschluss des Kulturausschusses, einen künftigen neuen Kindergarten am Campagne-Areal nach Diana Budisavljević zu benennen.
Erinnerungstafel
Die Gedenktafel im Wortlaut
Diana Budisavljević, geb. Obexer
1891–1978Diana Budisavljević aus Innsbruck rettete während des Zweiten Weltkrieges mit Unterstützung von weiteren HelferInnen mehrere Tausend überwiegend serbische Kinder aus den Konzentrationslagern des faschistischen Ustasa-Regimes im damaligen „Unabhängigen Staat Kroatien“.
Erst Jahre nach ihrem Tod wurde ihr humanitäres Engagement auch hier in ihrer Heimatstadt bekannt. Mit dieser Tafel an ihrem Elternhaus gedenkt die Stadt Innsbruck dieser mutigen Frau.
Stadtgemeinde Innsbruck
Ehrungen
Das Kroatische Staatsarchiv und die Öffentliche Einrichtung der KZ-Gedenkstätte Jasenovac veröffentlichten 2003 in Zagreb das Tagebuch von Diana Budisavljević, das in 338 Einträgen zwischen 1941 und 1945 die Aktion dokumentiert. Dianas Enkelin Silvija Szabo übersetzte dafür die Tagebucheinträge ins Kroatische.
Am 22. September 2011 beschloss der Innsbrucker Gemeinderat auf Initiative des Serbisch-Orthodoxen Jugendvereins Innsbruck – SPO(J)I und des Sozialdemokratischen Freiheitskämpferbundes Tirols einstimmig, Diana Budisavljević mit dem Orden II. Grades der Stadt Innsbruck auszuzeichnen.
Am 15. Februar 2012 wurde Diana Budisavljević posthum die Miloš-Obilić-Medaille für den „bekundeten Mut und Taten persönlichen Heldentums“ zuerkannt und am serbischen Nationalfeiertag vom damaligen Präsidenten Boris Tadić verliehen. Die serbisch-orthodoxe Kirche mit Sitz in Belgrad zeichnete sie 2012 posthum mit dem Orden „Kaiserin Milica“ aus, auf Vorschlag eines serbisch-orthodoxen Bischofs wegen der Studie „Diana Budisavljević und ihre Rettungsaktion von 1941–1945 im nationalsozialistischen Kroatien“. Die Studie hatte die Kommission für Jasenovac in Zusammenarbeit mit dem Museum der Holocaustopfer in Belgrad erarbeitet. In Belgrad wurde auch eine Straße nach Diana Budisavljević benannt, in Wien 2014 ein Park am Donaukanal.
Im Jahr 2017 erschien der Roman Dianas Liste von Wilhelm Kuehs, in dem ihr Schicksal literarisch verarbeitet wird. Unter gleichem Namen war in den 2010er Jahren auch ein Dokumentarfilm („Dianina lista“) entstanden. Der Film The Diary of Diana B. hatte am 18. Juli 2019 Weltpremiere beim Pula Film Festival und gewann die Goldene Arena für die beste Regie, Schnitt und Musik sowie die Große Goldene Arena für den besten Film.
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