Bernhard Vettorazzi im Interview
"Innsbruck Marketing muss der Regisseur der Stadt sein"

Immer wieder neue Kampagnen: Das Stadtmarketing muss Flexibilität zeigen. | Foto: Screenshot Innsbruck Marketing, Foto: Czingulszki, Collage: Kinigadner
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  • Immer wieder neue Kampagnen: Das Stadtmarketing muss Flexibilität zeigen.
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Bernhard Vettorazzi leitet seit vielen Jahren das Innsbruck Marketing. Er ist für die Positionierung der Stadt im In- und Ausland verantwortlich und muss den Spagat zwischen Einheimischen, Touristen und Wirtschaft schaffen. Nicht immer geht die Rechnung auf. Die letzte Kampagne "Die Stadt gehört dir" musste auf Kritik der Wirtschaft wieder abgesetzt werden. Als Fehler empfindet Vettorazzi das nicht, aber doch muss seiner Ansicht nach die Aufgabe des Stadtmarketings neu gedacht werden. 12 Fragen an Bernhard Vettorazzi.

STADTBLATT: Worauf liegt der Fokus im Jahr 2021?
Bernhard Vettorazzi: Die Krise hat uns gezeigt, dass wir schnell auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren müssen. Wir sehen uns zukünftig als Konnektor. Zeitgemäßes Stadtmarketing versteht sich als Dienstleister, als Regisseur in einer Stadt. Stadtmarketing ist eine Art Seismograph in einer Stadt, welcher Strömungen erkennt und diese miteinander in Verbindung setzt. Gerade im Wissen, dass die Rolle von Stadtmarketing heute weit mehr ist als Markenpositionierung: Eventveranstalter, Treiber von weichen und harten Standortfaktoren, Ideengeber für kommunale Räume oder beispielsweise auch als Transformator im Sinne digitaler Entwicklung.

Sind Sie mit der Arbeit des Innsbruck Marketings zufrieden?

Welche Pläne mussten für heuer schon über Bord geworfen werden und gibt es auch Lichtblicke, auf die man sich freuen kann?
Das erste Quartal ist auf alle Fälle noch von der Pandemie überschattet. Das bedeutet, dass geplante Veranstaltungen in den nächsten Monaten (z. B. Fasching) diesen Umstand zum Opfer fallen werden. Auch das zweite Quartal wird sich noch als herausfordernd gestalten. Die Frage ist z. B. ob der Ostermarkt schon möglich ist. Deshalb arbeiten wir mit unseren Partnern auch an entsprechenden Alternativen, um vorbereitet zu sein. Realistischerweise rechnen wir mit der Rückkehr zur „alten“ Normalität ab dem Sommer 2021. So gehen wir derzeit davon aus, dass wir das New Orleans Festival am Landhausplatz wieder in gewohnter Art und Weise durchführen können. Wir planen auch neue Formate für Innsbruck, die wir zur gegebener Zeit der Öffentlichkeit vorstellen werden.

Was ist die große Herausforderung für 2021?
Wir sind immer noch von einer gewissen Planungsunsicherheit gekennzeichnet. Dies gilt für uns als Institution aber insbesondere auch für unsere Partner. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Verwerfungen die Krise verursachen wird. Dies hat natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf unser Tun und Handeln. Dementsprechend werden sich die Prioritäten verschieben. Zukünftig wird z. B. der Bereich des Standortmarketings stärkere Beachtung finden müssen.

Sie haben in einem Hintergrundgespräch über mehr Flexibilität im Stadtmarketing geredet: Wie kann man diese erreichen?
Wir werden auch über neue Organisationsformen in einer Stadt sprechen müssen. Als Beispiel soll hier die Colingasse 5a dienen, die vor rund 1 ½ Jahren ins Leben gerufen wurde. Hier arbeiten an einem Ort unterschiedliche Abteilungen der Stadt zusammen. Auch wir als Innsbruck Marketing sind Teil dieses Konzepts. Zielsetzung ist, durch interdisziplinäres Arbeiten möglichst viele Synergien zu erzielen. Wir sehen und dabei als Ideenschmiede, als Anlaufstelle für Umsetzer in der Stadt. Aufgrund der Krise konnten wir bis dato noch nicht unser volles Leistungspotential abrufen, da wir in den letzten Monaten mit anderen Aufgaben beschäftigt waren.

Bernhard Vettorazzi ist Leiter des Innsbruck Marketings. | Foto: privat

Woran merken die Innsbrucker, dass das Innsbruck Marketing aktiv ist: Wie viele Kampagnen gibt es üblich, welche wurden kürzlich durchgeführt und was plant man für die nahe Zukunft?
Der Innsbrucker/die Innsbruckerin „spürt“ das Innsbruck Marketing an vielen verschiedenen Lebensbereichen, insbesondere natürlich bei Veranstaltungen wie z. B. das New Orleans Festival, die innsbruck@night oder auch das Bergsilvester. Darüber hinaus versuchen wir auch als Kommunikator in einer Stadt aufzutreten. Die letzte Kampagne hatte beispielsweise zum Ziel, den stationären Handel in der Vorweihnachtszeit einen Impuls zu verschaffen. Unter dem Slogan „Kauf, wo dein Herz schlägt“ wollten wir auf diesen Umstand ganz besonders Wert legen. Unsere Aufgabe ist es auch, verschiedenen Leistungen unter eine Klammer zu stellen. An dieser Stelle darf an den „Osterfrühling“, den „Kultursommer“ oder auch an die „Bergweihnacht“ erinnert werden. Sie stehen für verschiedene Leistungen, die in Summe den Mehrwert offerieren.

Wie sieht die Zukunft des Bergsilvesters aus? Ist INN’szenierung noch immer im Spiel? Wenn ja, auf welche Art und Weise?
Der letzte Jahreswechsel stand ja noch ganz im Zeichen der Pandemie, das kommende Bergsilvester soll hoffentlich wieder unter anderen Umständen stattfinden. Wir haben verschiedene Szenarien ausgearbeitet und werden diese demnächst den Entscheidungsträgern präsentieren. Ende Februar wird das endgültige Konzept stehen.

Was ist die Devise zum Thema Feuerwerke zum Jahreswechsel in Innsbruck?
Das Feuerwerk auf der Seegrube war bis dato Teil des Jahreswechsels. Im Stadtgebiet wird es aktuell kein offizielles Feuerwerk mehr geben.

Wer ist aktuell Aufsichtsratsvorsitzender – nach dem Karl Ischia im September 2020 alle Funktionen niedergelegt hat – und was bedeutet diese personelle Änderung für das Stadtmarketing?
Das Nominierungsrecht oblag der Wirtschaftskammer Tirol, die Herrn Franz Jirka als Ersatz für Dr. Karl Josef Ischia entsandt hat. Wir erleben Franz Jirka als äußerst engagiert und professionell. Er ist reibungslos in die Fußstampfen von Charlie Ischia getreten. Die Zusammenarbeit funktioniert ausgezeichnet.

Was kann man als Leiter des Innsbruck Marketings einer politischen Beeinflussung durch die Struktur der Gesellschafter – WK, TVB, IG Altstadt, etc – entgegensetzen oder gar vermeiden?
Es ist ein legitimes Interesse der Eigentümer der Gesellschafter, ihre Vorstellungen im Innsbruck Marketing verwirklicht zu sehen. Meine Aufgabe ist es, hier einen Konsens zu finden, gleichzeitig aber die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Die Marke Innsbruck fungiert dabei als die Leitidee für die Stadt. Politische Einflussnahmen wird sachorientiertes Agieren entgegengehalten. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass gute Projekte und Veranstaltungen einen breiten Konsens finden und dementsprechend auch unterstützt werden.

Immer wieder ist zu hören, dass die Zusammenarbeit zwischen Innsbruck Marketing und Innsbruck Tourismus nicht funktioniert. Wo liegt das Problem, wo gehen die Vorstellungen auseinander und wie könnte eine bessere Zusammenarbeit erreicht werden?
Ich würde hier nicht von Spannungen sprechen. Städtetourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für eine Stadt, gerade in Innsbruck. Wir haben gespürt, wie die einzelnen Wirtschaftsbereiche voneinander abhängig sind. Sie fungieren als kommunizierende Gefäße. Eine Innen- und Altstadt ohne Touristen ist für uns nicht vorstellbar. Auch der Handel funktioniert ohne Gastro oder auch Kulturangebote nicht. Gleichzeitig ist es wichtig, die Innenentwicklung voranzutreiben. Die Produkte müssen authentisch und nachhaltig sein. Wir wollen hier mit dem Innsbruck Tourismus noch intensiver zusammenarbeiten.

Aus welchen Geldern wird das Stadtmarketing genau finanziert und wie viel stehen jährlich zur Verfügung?
Wichtigster Finanzier bildet mit Abstand die Stadt Innsbruck, die ja auch als Hauptgesellschafter der IMG fungiert. Weitere Geldgeber bilden der Innsbruck Tourismus und die Wirtschaftskammer. Darüber hinaus ist die Geschäftsführung angehalten, Sponsoren und projektbezogene Gelder aufzutreiben. Das jährliche beträgt jährlich rund 1.400.000 Euro

Welche sind die größten Ausgaben des Stadtmarketings?
Die größten Ausgabenpositionen im Budget der Innsbruck Marketing GmbH bilden das Bergsilvester Innsbruck, gefolgt von Projekten für die Marke Innsbruck und dem New Orleans Festival.

Immer wieder neue Kampagnen: Das Stadtmarketing muss Flexibilität zeigen. | Foto: Screenshot Innsbruck Marketing, Foto: Czingulszki, Collage: Kinigadner
Bernhard Vettorazzi ist Leiter des Innsbruck Marketings. | Foto: privat
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