Corona
Entschuldigung des Bürgermeisters, Maskenpflicht an öffentlichen Orten

Screenshot der ORF Tirol Heute Sendung vom 30.3., Bgm. Willi entschuldigt sich für sein Verhalten. | Foto: ORF Tirol/Stadtblatt
  • Screenshot der ORF Tirol Heute Sendung vom 30.3., Bgm. Willi entschuldigt sich für sein Verhalten.
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INNSBRUCK. Nach der Veröffentlichung von Bildern mit Bürgermeister Georg Willi vor der Markthalle in der ORF Tirol Heute-Sendung entschuldigt sich Willi für sein Verhalten. Die Diskussionen rund um das Sonnendeck und den Marktplatz versinken immer mehr in politischen Grabenkämpfen. Die Sitzmöbel am Marktplatz stossen auf Unverständnis, Maskenpflicht als Lösung.

Entschuldigung

"Mir ist bewusst, dass die Bilder, die mich im Gespräch mit mehreren Leuten vor der Markthalle zeigen, viele verärgert haben. Hier ist mir eine Unachtsamkeit passiert. Nicht zu jedem Zeitpunkt des Gesprächs wurden die vorgegebenen zwei Meter eingehalten - dafür möchte ich mich entschuldigen. Das Nichteinhalten des Mindestabstands ist mit Strafe belegt - ich habe wegen dieser Übertretung 250 Euro an den Corona Hilfsfond bezahlt." Diese Stellungnahme übermittelte Bürgermeister Georg Willi den Medien, gleichzeitig hat er die Stellungnahme auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht.

Grabenkämpfe

Rund um die Frage, wie die Situation am Sonnendeck und am Marktplatz beurteilt und gelöst werden kann, versinkt die politische Debatte immer mehr in parteitaktische Grabenkämpfe.  Die immer wiederkehrenden Bilder von großen Menschenansammlungen verärgern viele Innsbruckerinnen und Innsbrucker. "Wir dürfen seit Monaten nicht trainieren und trotz Coronakonzepten und Strategien unseren Sport nicht ausüben, da ansonsten umfangreiche Strafen drohen, auf der anderen Seite bleibt die Politik bei derartigen Fotos aber untätig", zeigt sich ein Innsbrucker Fußballvereinsfunktionär verärgert: "Natürlich wissen wir über die Bedeutung des gemeinsamen Treffens, der sozialen Kontakte und der Wichtigkeit des Aufenthalts im Freien, aber gelten die Regeln nicht für alle?" Nachdem sich Vizebgm. Anzengruber für eine Sperre des Sonnendecks und des Marktplatzes ausgesprochen hat, bekam er von der Liste Für Innsbruck, Gerechtes Innsbruck und aus der ÖVP Unterstützung. Die sozialistischen Jugendorganisationen und die Grünen haben sich gegen die Sperre ausgesprochen. "Den stundenlangen Aufenthalt in Gruppen in geselliger Stimmung mit einem Einkauf in einem Einkaufszentrum zu vergleichen ist schon interessant", meint ein Gastrounternehmer: "Schade das sich der Bürgermeister nicht im gleichen Ausmaß für die Öffnung der Gastgärten einsetzt, sondern anscheinend eine bestimmte Zielgruppe im Auge hat, die ja auch bald wieder zur Wahlurne schreiten soll." Die gesellschaftliche Spaltung durch parteitaktische Aussagen zieht sich quer durch die Bevölkerung. "Wir haben in Innsbruck so viele Plätze, wo man sich treffen kann, muss eine derartige Menschenansammlung an einigen wenigen Orten wirklich sein?", stellt eine ältere Dame eine Frage.

Unverständnis

Die Landeshauptstadt gehörte bei der 7-Tage-Inzidenz lange zu den Musterschülern in Tirol und Österreich. In den letzten Tagen hat sich das Bild jedoch gedreht. Die enormen Zuwächse bei den Infektionen (+ 320 Fälle in 7 Tagen, Spitzenwerte von 60 Positiven pro Tag; die Inzidenz hat sich innerhalb von 14 Tage verdoppelt und steht jetzt bei 240) rufen jetzt Vizebürgermeister und Gesundheitsstadtrat Johannes Anzengruber auf den Plan: „Wenn wir nicht zurück in den harten Lockdown wie vor einem Jahr wollen, müssen wir jetzt dringend die Maßnahmen verschärfen.“ Die warmen Temperaturen würden dazu beitragen, dass sich die Straßen und Plätze in der Landeshauptstadt derzeit mit Menschenmassen füllen: „Dabei können die Abstände nicht immer eingehalten werden. Ich kann mir daher gut vorstellen, wie auch in anderen Städten vorübergehend eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum an zentralen Orten einzuführen. Das Tragen der Maske erinnert uns daran, dass der Virus noch immer unter uns ist.“
Ein falsches Signal ist für Anzengruber hingegen die Initiative der Stadt zur Bereitstellung von Sitzmöbeln am Marktplatz: „In dieser kritischen Phase ist vielmehr Abstandhalten gefragt. Auch sind diese Sitzgelegenheiten ein Affrontgegenüber der lokalen Gastronomie, die noch immer geschlossen hat.“

Ansteckungsgeneigten Orten

Im März 2020 hat Bürgermeister Georg Willi eine Sperre der Innpromenade veranlasst. Begründet wurde diese mit: "Zu den ansteckungsgeneigten Orten zählen insbesondere Promenaden bzw. Flussufer, wie die gegenständlichen, wo bei den im März 2020 vorherrschenden Witterungsverhältnissen größere Menschenansammlungen entstehen. Um die Infektionsgefahr hintanzuhalten, war es notwendig, die verfahrensgegenständliche, zweckmäßige Verordnung zu erlassen." Nachzulesen im der Entscheidung des Verfassugnsgerichtshofes, die eine Eingabe des Landesverwaltungsgericht abgewiesen hat.

Beschwerden

Beim Landesverwaltungsgericht Tirol sind Beschwerden im Zusammenhang mit der Verordnung des Bürgermeisters vom März 2020 eingegangen. Eine Geldstrafe in Höhe von € 150,00 wurde verhängt wurde, weil am 26. März 2020 um 11.28 Uhr ein Passant auf Höhe der Matthias-Schmid-Straße 12c in 6020 Innsbruck "unter einem Absperrband hindurch" und dann weiter über den Innradweg und über die Tiflisbrücke gegangen sei und damit einen öffentlichen Ort entgegen § 1 Z 22 der angefochtenen Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck betreten habe. Ebenfalls eine Geldstrafe in Höhe von € 150,00 wurde verhängt , weil ein Passant am 23. März 2020 um 14.15 Uhr auf der Innpromenade in der Höhe des Gebäudes Prandtauerufer 8 angetroffen worden sei und damit einen öffentlichen Ort entgegen § 1 Z 20 der angefochtenen Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck betreten habe. Der Landesverwaltungsgerichtshof hat beim Verfassungsgerichtshof einen Beschluß über die Gesetzwidrig der Verordnung beantragt.

Einblicke

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs ermöglicht auch einen Einblick in die Entstehung und Begründung der Verordnung. So wird in einem Aktenvermerk der Stabsstelle festgehalten: "Zu diesem Zeitpunkt erfolgte eine exzessive Nutzung der Innpromenaden, insbesondere im Innenstadtbereich. Durch diese exzessive Nutzung besteht die latente Gefahr einer Ausbreitung von COVID-19. Folglich wurde heute in der Stabsbesprechung aus fachlicher Sicht einstimmig festgestellt, dass die Erlassung einer über die Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmanns (LGBL. 33/2020) hinausgehende Verordnung dringend notwendig ist um an Orten mit üblich starkem Personenaufkommen auf engen Raum die Infektionsgefahr hintanzuhalten." Anlass war: Die Anzahl der positiven Fälle hat sich stark erhöht, aktueller Stand bei 123 Infizierte. Gegenüber dem Verfassungsgerichtshof wird argumentiert: "Aufgrund der aktuellen Lageübersicht und einer dynamischen Lageentwicklung in Innsbruck (Anstieg der positiv getesteten Personen innerhalb von 48 Stunden von 86 auf 123 sowie dem Anstieg der Verdachtsfälle innerhalb von 48 Stunden von 882 auf 1.182) war die dringende Notwendigkeit gegeben, für Orte mit üblicherweise starkem Personenaufkommen und der damit verbundenen Gefahr einer Weiterverbreitung von COVID-19 zeitnah Maßnahmen seitens der Bezirksverwaltungsbehörde zu setzen. Zu den ansteckungsgeneigten Orten zählen insbesondere Promenaden bzw. Flussufer, wie die gegenständlichen, wo bei den im März 2020 vorherrschenden Witterungsverhältnissen größere Menschenansammlungen entstehen. Um die Infektionsgefahr hintanzuhalten, war es notwendig, die verfahrensgegenständliche, zweckmäßige Verordnung zu erlassen."

Abgewiesen

Der VgH hält fest in der Urteilsbegründung weiter fest: "Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als verordnungserlassende Behörde verwies demgegenüber unter anderem auf die im Verordnungsakt dokumentierte Entwicklung des Infektionsgeschehens und darauf, dass es notwendig gewesen sei, bei den damals herrschenden Witterungsverhältnissen im "zusammenhängenden Promenadensystem (Inn, Sill) im Stadtgebiet von Innsbruck" Verlagerungen bzw. Verdrängungen massenhafter Zusammenkünfte zu verhindern, weshalb auch die Verordnung dem sich "täglich ändernden Lagebild" angepasst worden sei." Die Anträge des Landesverwaltungsgerichts wurden abgewiesen.

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