Die Schutzengel der Stadt – Innsbrucks Lawinenkommission

Werner Haberfellner ist seit 15 Jahren in der Kommission. Wer einen guten Lawinenkommissionsmitglied ausmacht? "Er darf kein Schreibtischtäter sein und viel Erfahrung am Berg und im Schnee haben."
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  • Werner Haberfellner ist seit 15 Jahren in der Kommission. Wer einen guten Lawinenkommissionsmitglied ausmacht? "Er darf kein Schreibtischtäter sein und viel Erfahrung am Berg und im Schnee haben."
  • hochgeladen von Agnes Czingulszki (acz)

INNSBRUCK. Noch ist es leise. Sieben Uhr. Dort, wo sonst Freerider mit ihren Skischuhen auf dem Holzboden der Talstation poltern, hört man nur das Summen der ersten Kontrollbahn. Die Scheiben sind vereist, heftig fällt der Schnee auf die Stadt und den Wald. Die Sicht ist schlecht. Schade, finden die Kommissionsmitglieder, die oben auf der Seegrube im Schnee mit einem Funkgerät in der Hand stehen und in das Weiße spähen. "Gsehn hamma nix", sagen sie in den Funk. Am anderen Ende stehen die Sprengbeauftragten. Sie transportieren den Sprengstoff mit Sprengbahnen in die bekannten Lawinenpunkte: Juliusrinne, Karrinne, Seilbahnrinne – um nur einige zu nennen. Man weiß, dass die Errichtung eines Skigebietes, wie es die Nordkette ist, heute undenkbar wäre – viel zu lawinengefährlich.

(Video: Christian Wucherer)

"Die Erfahrensten"

Die Kommissionsmitglieder Werner Haberfellner, Kurt Pröller, Klaus Baumgartner und Sebastian Larcher sind die erfahrensten, erklärt Christian Wucherer, der für den Bahnbetrieb auf der Nordkette verantwortlich ist. Sie stehen im Schneefall und warnen uns "Gehts an Schritt zrück". Eine Minute nach dem nächsten Krach schneit uns der Lawinenstaub ein. Pröller, der eigentlich Förster der Stadt ist, kennt Geschichten aus Zeiten, als Lawinen noch so groß und lang waren, dass sie bis zum Inn reichten. Heute ist die Nordkette mit Lawinenverbauungen und Auffangbecken gesichert. Evakuierungen gibt es kaum mehr. Lediglich die Bewohner des Rechenhofes müssen in Extremsituationen ihre Häuser verlassen. Im Normalfall ist man – auch bei viel Schnee – in drei, vier Stunden mit den Sprengungen fertig, nur Skitourengeher können Verzögerungen verursachen. Das ärgert die Kommission, da sie die Arbeit nur dann fortsetzen können, wenn der Tourengeher oben angekommen ist.

Gesammelter Lagebericht

Nach den Sprengungen trifft man sich in einem kleinen Raum und beurteilt gemeinsam, welche Wege offen bleiben können. In den Computer wird außerdem der Lagebericht für das Gebiet eingegeben: Dieser kommt zum Lawinenwarndienst, der diese tirolweit sammelt und danach die allgemeine Warnstufe veröffentlicht. Heute: Warnstufe vier. Als krönenden Abschluss gönnen sich die Kommissionsmitglieder eine Fahrt zur Talstation. Die erste Powderfahrt des Tages haben sich die "Schutzengel der Stadt" verdient.

Zur Sache

Lawinenwarnstufe fünf. Derart viel Schnee in Kombination mit einer derart heiklen Situation, wie diesen Montag, gab es seit 1999 nicht mehr in Tirol. In solchen Fällen ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die Lawinenkommissionen – Gremien, die täglich die Lawinensituation einschätzen (in Tirol gibt es über 250) – echte Lebensretter sind. In Innsbruck stellen die Nordkettenbahnen die "Schutzengel der Stadt". Sie sind (teilweise) seit Jahrzehnten dabei und bringen ihre Erfahrungen über Schnee, Wetter und Berge ein. Sie geben ihre Empfehlungen ab, welche Wege gesperrt werden müssen, welche Lawinenwarnstufe vergeben werden soll, etc. Nach der Einschätzung sind die Mitglieder der Innsbrucker Kommission ganz "normale" Mitarbeiter des Skigebietes und für die Pistenrettung verantwortlich.

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