Zwischen Haben und Sein
Lisa Überbachers Zeitgeistgruppe bespielt und betanzt den Innsbrucker Recyclinghof. Von Christine Frei
Im Vorjahr haben sie die alte Hungerburgbahntalstation aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt und ihr Publikum auf eine poetische Traumreise eingeladen. Bei “Letzte Talfahrt – last descent. Ein Fundbüro der Erinnerungen“ – so der Titel dieses in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Theaterabends – war melancholisches Schwelgen in Erinnerungen und Reminiszenzen angesagt.
Beim aktuellen Projekt der von der jungen Innsbrucker Bühnen- und Kostümbildnerin Lisa Überbacher gegründeten Theaterformation Zeitgeistgruppe „Die Dinge“ darf man sich nun im leichtfüßigen Walzerschritt dem eigenen Umgang mit den viel zu vielen Dingen in unser aller Leben stellen. Dies an einem Ort, mit dem man vieles verbinden kann, Erleichterung, Widerwillen, Ekel vielleicht sogar, am wenigsten jedoch Poesie.
Doch das Unglaubliche gelingt: denn Regisseurin Corinna Popp, Choreografin Maria Walser, Dramaturgin Alida Beitrag und das Ausstatterinnenduo Lisa Überbacher und Susanne Albrecht verwandeln den Innsbrucker Recyclinghof mit ihren vier engagierten Darsteller/innen und dem hochpräsenten Chor in einen geradezu magischen Ort, an dem man zuletzt sogar selbst Walzer tanzen mag. Mitten unter den feinsäuberlich geordneten Containern, den angerissenen Ding- und Beziehungsgeschichten, den nicht nur sinnbildlichen Abgründen unserer weitestgehend sinnfreien Konsumgesellschaft, die den Einzelnen ja ebenfalls gerne zu verdinglichen versucht, um ihn irgendwann auch zu entsorgen.
Natürlich ist dieser Tanz skurril, das ist wahrscheinlich das Reizvolle daran, und es gibt sogar Momente, wo man fast schon befreit auflachen kann. Außerdem ist es ein Hochgenuss, Frank Koenen und Maria Walser dabei zuzusehen, wie virtuos sie Texte vertanzen und als Paar in Stellung bzw. ins Abseits gehen. Meine Empfehlung: Ziehen Sie sich warm an und fahren Sie ausnahmsweise mal ohne Müll zum Recyclinghof. „Die Dinge“ ist noch Mi und Do, jeweils um 18 und 20 Uhr zu sehen.
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