Mit dem "Rolli" durch die Stadt

Barrierefreiheit in Innsbruck: Im Rathaus mit dem Aufzug zum Meldeamt
17Bilder

INNSBRUCK. (acz). "Türschwellen und Türen sind oft ein unüberwindbares Hindernis, obwohl man größtenteils barrierefrei in den öffentlichen Gebäuden in Innsbruck ist", resümiert "Rollifahrer" Nico Lanquetin, der mit dem STADTBLATT Innsbrucks Barrierefreiheit getestet hat. Oft kommt es auf kleine Details an, die dann den großen Unterschied machen.

Der Test

Unser Weg führt vom Rathaus, zur Bezirkshauptmannschaft, dann weiter zur Wirtschaftskammer, dem Bahnhof und der Arbeiterkammer. Mit dem Rollstuhl kommt man in jedes Gebäude problemlos hinein, öfters ist es aber ein Umweg oder eine Art "Diensteingang". Das findet Lanquetin nicht schlimm. Woran man aber unbedingt arbeiten müsste, sind die Beschilderungen, wo sich die Behinderten-Eingänge befinden, wenn diese nicht beim Haupteingang sind. Oft fehlen auch barrierefreie Toiletten oder sind unglücklicherweise in den oberen Stockwerken platziert. Auch hier ist Lanquetin nachsichtig: "Bei alten Gebäuden ist es nun mal aus bautechnischen Gründen oft unmöglich, alles für Rollifahrer am kürzesten Weg zugänglich zu machen." Bei Neubauten könnte man jedoch schon bei der Planung einfach barrierefrei "mitdenken" ist er der Meinung. Es geht auch öfters nur um eine Türschwelle, die einige Zentimeter zu hoch ist und mit einer kleinen Rampe für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht werden könnte.
Postitiv hervorheben möchte Lanquetin aber, dass in den Innsbrucker Behörden meist jemand an der Rezeption oder am Informationsschalter behilflich ist. Das hilft dann auch der Orientierung. Oft kommen sie auch direkt auf einen zu. Verbesserungspotential gibt es jedoch auch für die Stadt. Lanquetin bringt Spanien und Italien als gutes Beispiel. Hier ist Barrierefreiheit gesetzlich genauestens verankert. Er war schon in Spanien in barrierefreien Discos unterwegs, aber er weiß auch, dass sich sogar in kleinen Strandlokalen am Meer barrierefreie Zugänge oder Toiletten befinden.

So sieht es die Stadt

Gemeinderat und "Für Innsbruck"-Klubobmann Lucas Krackl ist auch der Meinung, dass die Stadt aus Sicht der Behindertengerechtigkeit noch Verbesserungen verkraftet. So sollte seiner Meinung nach das taktile Leitsystem – Rillen, die Blinden den Straßen entlang lotsen – eine Selbstverständlichkeit für die Zukunft sein. "Es wurde schon viel gemacht, aber es braucht weitere Maßnahmen", wie er selbst sagt. Auch beim Ausbau barrierefrei zugänglicher Gebäude gibt es öfters Schwierigkeiten: Bei denkmalgeschützten Objekten ist es oft gesetzlich gar nicht möglich, einen barrierefreien Zugang zu schaffen. Bei neuen Wohnobjekten ist es meist eine Preisfrage, denn barrierefrei zu bauen ist teurer.

Zur Sache

Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist 2006 in Kraft getreten: "Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen." In diesem wurde ebenfalls die Zugänglichkeit zu öffentlichen Gebäuden verankert. Die 10-Jahresfrist, welche zur Adaptierung zur Verfügung stand, endet mit diesem Jahr. Ab 01.01.2016 müssen alle öffentlich zugänglichen Gebäude barrierefrei erreichbar sein.

Im Detail

Das Rathaus: Das Rathaus ist für Rollstuhlfahrer gut gerüstet. Wir begeben uns zum Meldeamt und konstatieren, dass das Regal, an dem die Meldezettel liegen gut erreichbar sind. Vielleicht etwas zu hoch, für niedriger sitzende Rollstuhlfahrer. Es gibt zwei Lifte, die in das Gebäude führen. Auch die Knöpfe im Aufzug sind leicht erreichbar.

Die Bezirkshauptmannschaft: Durch den Haupteingang geht es barrierefrei direkt zur Information – die Rezeptionistin ist hilfsbereit, störend ist jedoch, dass sie sehr weit oben sitzt. Es gibt zwei Azfzüge, daneben gut beschildert, wo sich was befindet und welchen Lift man nehmen muss. Wenn man sich irrt, geht es jedoch rasch wieder ins Erdgeschoss, denn die Flüre sind oft halbstöckig versetzt – da führen Treppen hinunter. Die Tür am Nebeneingang, wo sich auch ein Behindertenparkplatz befindet, geht aber leider nicht automatisch auf. Lanquetin "Dür E-Rolli-Fahrer ist das ein Problem, weil sie oft nicht die Kraft haben ihren Arm auszustrecken."

Die Wirtschaftskammer:
Gleich am Anfang wird uns Hilfe von der Information angeboten – das findet Lanquetin sehr positiv. Die Lifte sind teilweise sehr schmal – nicht jeder Rollstuhlfahrer würde da reinpassen. Wir fahren in den 5. Stock: Das ist Endsstation für die Aufzüge, dabei gibt es auch noch einen 6. Stock, wo man mit dem Rollstuhl nicht hinaufkommt. Auch ist es ähnlich, wie in der Bezirkshauptmannschaft: Die Stockwerke sind teils halbstöckig versetzt und man kommt nicht gerade durch den Flur, ohne über Treppen gehen zu müssen. Dafür hätten wir den anderen Aufzug nehmen müssen: Den haben wir deswegen nicht gewählt, da man eine Tür öffnen müsste, um dahin zu kommen.

Der Bahnhof:
neben den Aufzügen, die einzeln zu jedem Gleis führen, gibt es auch niedrige Ticketautomaten. Auch gibt es eine Toilette für Behinderte (diese funktioniert mit dem sogenannten "Euroschlüssel", der für zwanzig Euro erhältlich ist und vielerorts in Österreich u.a. die Behinderten-WCs öffnet). Wir wählen den Zug nach Hall vom Gleis fünf um zu sehen, wie es funktioniert. Zu unserem Pech – der Aufzug ist "Ausser Betrieb". Was kann man da machen? Lanquetin erklärt, dass es ein sogenanntes Mobilitätsservice gibt, welches man im vorhinein anfordern kann. Spontan kann man da aber leider nicht wirklich entscheiden. Am Gleis selbst gibt es für alte Züge "Rollihebel", bei den neueren gibt es dafür für Gehbehinderte einen bereiteren Abteil, bei dem auch die Heber automatisch eingebaut sind. Unglücklich ist aber, dass zum Beispiel der "Rollihebel" nicht auf der Seite der Aufzüge ist, sondern am anderen Ende des Gleises. Das heißt: Die ganze Strecke durch die wartenden Menschen fahren. Da kann man sich auch schlecht auf den Zug beeilen.

Die Arbeiterkammer: Auch barrierefrei befahrbar, die obersten Stockwerke sind jedoch auch nur "mit Umstieg" von einem Aufzug in den anderen möglich. Im 3. Stock befindet sich die Toilette für Behinderte, die "sehr in Ordnung" ist. Positiv ist auch, dass die Bibliothek ebenfalls mit dem Rollstuhl auf beiden Ebenen befahrbar ist. Ungünstig ist jedoch die Tür, die zwischen Bibliothek und unterer Ebene ist: Sie hat überhaupt keine Funktion und vom Bibliotheksbereich kann man sie nicht öffnen, wenn sie einmal zugeht. Außer dieser Kleinigkeit Schnitt die Arbeiterkammer gut ab.

Der Kommentarzum Thema.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.