Der Bergisel ist nicht der Tiroler Schicksalsberg

Nordtirols Landeshauptmann Platter in Meran  (Foto Stol.it)

Wirtschaftskreise und Tourismusexperten befürchten massive Auswirkungen der Brenner-Krise. Der deutsche Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, dass die Entscheidungen des Landes derzeit mehr vom Wahlkampf für das Präsidentenamt und "einer gewissen innenpolitischen Rhetorik" beeinflusst wären als von echter Politik. Indessen verwirren Platters politische Aussagen das ganze Land

Wenige Stunden vor den bisher härtesten Ausschreitungen am Brenner hatten Innenminister Sobotka und Tirols Landeshauptmann Platter (beide ÖVP) die Grenzkontrollen bei der Versammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Meran verteidigt. „Ich möchte gleich zum Punkt kommen“, sagt Nordtirols Landeshauptmann Günther Platter zu Beginn seiner Grußworte bei der SVP-Landesversammlung in Meran. „Ich als Nordtiroler Landeshauptmann habe überhaupt kein Interesse an einer Grenze am Brenner“. Später: „Wir haben schon bessere Zeiten erlebt. Die EU habe es aber verabsäumt, ihre Außengrenze zu sichern. Nun müsse man eben handeln, wie es Österreich mache. Zudem sei Europa derzeit nicht eine Wertgemeinschaft, wie man sich das vorstelle."

Ingrid Felipe und Günther Platter

Platters soll fuchsteufelswild gewesen sein, als seine Stellvertreterin Felipe am Brenner demonstrieren ging. Gegen jene geplanten Grenzkontrollen, die Platter seit Wochen mit Müh und Not zu rechtfertigen versucht. "Ich werde immer wieder an Demos teilnehmen", verkündete Ingrid Felipe am Dienstag nach der ersten Brenner-Demonstration gutgelaunt in seiner Anwesenheit.

Unschärfe in der politschen Positionierung

Als der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher die Idee eines einstweiligen Demonstrationsverbots auf dem Brenner kundtat, war Platter sofort begeistert.

Zu der am Samstag am Brenner stattfindenden Demonstration fand Platter im Vorfeld in Meran klare Worte: „Demonstrationen sind ein wichtiges Recht einer Demokratie.“ Hierbei handle es sich aber um eine illegale Demonstration, mit Personen, die mit dem Brenner überhaupt nichts am Hut haben. Daher braucht es ein scharfes Vorgehen."

Zu den bürgerkriegsähnlichen Zuständen und Straßenschlachten am Samstag Nachmittag meint der Landeshauptmann heute: „Die massiven Ausschreitungen bei der gestrigen Demonstration am Brenner verurteile ich strengstens und ich bin schockiert über das Ausmaß der Gewalt durch die Demonstranten gegenüber der italienische Exekutive“.

Platter fährt eine politische Schlangenlinie: Auf der einen Seite ist er begeisterter Befürworter eines Demonstrationsverbots am Brenner. Dann verurteilt er die illegale Demonstration im Vorfeld, spricht aber davon, dass Demonstrationen ein wichtiges Recht einer Demokratie sind.
Er habe überhaupt kein Interesse an der Grenze am Brenner, sagt er in Meran.
Andererseits sind wegen des Nicht-Handelns der EU und das zu laxe Verhalten Italiens solche nationalen Maßnahmen, wie sie die österreichische Bundesregierung setzt, aber notwendig.

In Meran sagt er auch: "Südtirol und die Brennergrenze dürfen nicht zum Spielball im österreichischen Wahlkampf um den Bundespräsidenten werden." Was zum Teufel ist mit Platter los?

Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Mailand, Michael Berger, verwies auf das noch positive Image Österreichs in Italien und auf die wachsenden bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Italien ist der zweitwichtigste Wirtschaftspartner Österreichs, und die italienischen Gäste stehen in der Auslands-Tourismus-Rangliste ganz oben.

Touristik

Ernsthaft besorgt über Erklärungen verschiedener österreichischer Regierungsmitglieder zeigten sichTouristikmanager. 2016 hat bestens begonnen. Die Zahl der Nächtigungen italienischer Gäste in Österreich ist allein in den ersten zwei Monaten um sechs Prozent auf 330.000 gestiegen. Hoffentlich macht der Brenner der florierenden Tourismus-Entwicklung nicht einen Strich durch die Rechnung.

Transportunternehmen und Exportwirtschaft

Die italienische Industrie- und Handelskammer Confcomercio befürchtet, dass Verzögerungen beim Grenzübergang nicht nur die Transportunternehmen, sondern auch die Exportwirtschaft schwer treffen würden und den zögerlichen wirtschaftlichen Aufschwung gleich wieder im Keim ersticken könnten.

Die italienische Regierung hat in Wien und Brüssel auch heftig protestiert. Premierminister Renzi warnte, dass am Brenner nicht nur die politische Zukunft Europas auf dem Spiel stünde, sondern auch sehr viele Arbeitsplätze. "Was wir in Europa derzeit betreiben, ist selbstschädigend", kritisiert auch der Südtiroler Manager Mitterer. "Grenzschliessungen kosten die Konsumenten Millionen und schaden unserer Wettbewerbsfähigkeit enorm. Das kann sich Europa heute schlicht nicht mehr leisten. Anstatt all dieses Geld einfach aus dem Fenster zu werfen, würden wir es besser dafür einsetzen, effizientere Lösungen für das Flüchtlingsproblem zu finden."

"Den österreichischen Freunden will ich nur sagen, dass der Brenner nicht nur ein Tunnel ist, um beide Länder zu verbinden, er ist Arbeitsort für unzählige Firmen und vor allem ist er ein Symbol", sagte Regierungschef Renzi im Fernsehinterview.

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