Wenn ein Puzzleteil fehlt...
Eine Geschichte von Carsten Ledwa:
Wenn solch ein Puzzleteil fehlt, kann einen das ziemlich nervös machen. Mit Ausdauer und Geduld hat man Stunde um Stunde an dem Bild gesessen, hat ein Teilchen an das andere gefügt, war manchmal kurz davor, aufzugeben. Übung, endloses Probieren und der Zufall haben einen jedoch immer wieder weitergebracht. Wenn sich zum Schluss herausstellt, dass ein Puzzleteil fehlt, wird man ärgerlich. Man fängt an, zu suchen, immer verzweifelter; denn wenn ein Teilchen fehlt, ist die bisherige Arbeit fast wertlos. Ein weißer Fleck stört das ganze schöne, bunte Bild doch empfindlich. Man mag es ohne dieses fehlende Teil nicht vorzeigen. Deshalb sucht man und sucht, und es geht einem zunehmend an die Nerven.
Wenn wir sehen, was bei einem Puzzle wichtig ist, sehen wir auch, was bei uns allen wichtig ist.
Jedes Puzzleteil ist für sich klein und unscheinbar, hat aber im Ganzen eine große Bedeutung. So verhält es sich mit einem jeden von uns:
Jeder von uns ist nur ein kleines Teil im großen Ganzen. Aber jeder ist wichtig für das Ganze. Niemand denke von sich, er sei besser als andere; keiner von uns ist wichtiger als der andere. Keiner halte sich für unwichtig; niemand meine, er sei nichts wert. Jeder von uns gehört an irgendeiner Stelle dazu und wird dort gebraucht. Es macht sich bemerkbar, wenn einer fehlt. Jeder von uns hat eine große Bedeutung, aber doch nur mit den anderen zusammen.
Wie die Puzzleteile einander berühren und mit den Verzahnungen einander festhalten, so berühren sich unsere Leben miteinander. So greift das Leben des einen in das Leben des anderen. Jedem von uns sind Grenzen gesetzt. Jeder von uns bekommt dadurch aber auch Hilfe vom anderen.
Jeder von uns fügt sich mit seinem entsprechenden Profil ein, mit seinen zu ihm gehörenden Eigenarten und Eigenschaften. Seht nur, welch absonderliches Profil dieses Puzzleteil besitzt. Und gerade mit diesem absonderlichen Profil wird es an einer ganz bestimmten Stelle unbedingt benötigt. Wehe es fehlt! Dann hat das ganze Bild darunter zu leiden.
Wenn ein Puzzleteil fehlt, ist das sehr schade, geradezu ärgerlich. Das ganze Bild leidet ja darunter. Deshalb fängt dann die nervöse Sucherei an.
Ich wage zu behaupten: Gott sieht uns wie ein Puzzleteil an.
Erst wenn man das letzte, vielleicht verloren gegangene, Teilchen gefunden und eingefügt hat, zeigt man das mühsam zusammengesetzte Bild stolz den anderen, damit sie sich mit einem über das schöne Ergebnis freuen können. Ebenso sucht Gott Euch, um Euch an den richtigen Platz in der Welt einsetzen zu können. An den Platz, an den Ihr hingehört, der für Euch geeignet ist, für den Ihr geeignet seid. Ohne irgendeinen von Euch ist für Gott das Bild hier auf der Erde nicht vollständig. Gott hat jedem von Euch sein ganz bestimmtes Profil, seine besonderen Eigenschaften und Eigenarten geschenkt. Und Gott freut sich, wenn er wieder einmal für einen von uns den richtigen Platz gefunden hat, wo jemand genau hinpasst.
Ihr selbst begebt Euch auf die Suche nach dem für Euch geeigneten Platz in der Welt. Solch eine Suche ist wahrlich keine leichte Aufgabe. Das erfordert nämlich Geduld und Ausdauer. Da muss man viel ausprobieren, da braucht man Hilfe, da spielt nicht selten der sogenannte "glückliche Zufall" eine entscheidende Rolle. Mitunter findet jemand dort seinen Platz, wo er es vorher niemals vermutet hätte. Kaum etwas kann einen unglücklicher machen, als nicht am richtigen Platz zu sein, einsehen zu müssen: Hier gehöre ich nicht hin, hier passe ich nicht hin. So mühsam die Suche nach dem geeigneten Platz in der Welt zuweilen auch ist, und so gewiss man manche Enttäuschung zu verkraften hat - sie lohnt sich in jedem Fall. Denn die Suche macht einen durch Erfahrungen und Einsichten reifer und reicher. Man lernt sich selbst besser kennen.
Wenn ein Mensch seinen Platz gefunden hat, ist das immer eine Freude. Jedes neu passende Puzzleteilchen ist eine kleine Freude für sich. Wo mehrere oder viele Menschen ihren Platz finden und sich gegenseitig ergänzen, wird das Bild schön und bunt...
~ Carsten Ledwa
Quelle: ARBEITSKREIS DOWN-SYNDROM e.V.
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