ÖVP-Landesparteitag
Martin Gruber: "Weg vom politischen Phrasendreschen, hin zum Umsetzen"

Martin Gruber im Gespräch mit Chefredakteur Peter Kowal. Wichtig ist ihm, den Kontakt der Landespartei zu den Gemeinde-Parteien zu stärken
  • Martin Gruber im Gespräch mit Chefredakteur Peter Kowal. Wichtig ist ihm, den Kontakt der Landespartei zu den Gemeinde-Parteien zu stärken
  • hochgeladen von Vanessa Pichler

Der geschäftsführende ÖVP-Landesparteiobmann Martin Gruber will die Partei auch inhaltlich breiter aufstellen: "Das ist mein Anspruch, dass wir uns als Volkspartei wieder Themen annehmen, die wir viele Jahre links liegengelassen haben."

KÄRNTEN. Seit Anfang April ist Martin Gruber geschäftsführender Parteichef der Kärntner ÖVP und Landesrat. Nun stellt er sich am 30. Oktober im Casineum Velden der Wahl zum Parteiobmann. Die WOCHE sprach mit ihm über die Zukunft.

WOCHE: Sie sind 2009 mit 25 Jahren in Kappel am Krappfeld der jüngste Bürgermeister Kärntens geworden. Weshalb haben Sie sich nach dem Rücktritt von Christian Benger die Übernahme der Landespartei angetan?
GRUBER:
Es war in der Situation am 4. April wichtig, als Kärntner Volkspartei Stärke zu beweisen und schnellstmöglich einen Nachfolger zu finden. Nach dem Okay meiner Frau, mit der ich als erstes Rücksprache hielt, war es für mich fast eine Verpflichtung, ja zu sagen. Damit wir in schwierigen Zeiten der Partei Führungsstärke zeigen und so schnell wie möglich in den politischen Normalbetrieb zurückkehren können. Es ist nicht wirklich ein "Antun", sondern eine Verantwortung, die man übernimmt.

Vermissen Sie den Bürgermeister-Job?
Der aktive Rücktritt als Bürgermeister war eine der härtesten Entscheidungen, die es danach zu treffen galt. Da sind mir sehr viele Gedanken durch den Kopf gegangen. Ich habe mir aber auch eines gesagt: Wenn es auf Landesebene nicht funktioniert und ich dort den Rückhalt in meiner Partei nicht habe, was hilft mir das dann als Bürgermeister? Schlussendlich hat sich nur die Ebene, wo ich auch für meine Gemeindebürger dasein kann, verlagert. 

Nach den personellen Turbulenzen war die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in der Landesregierung für die SPÖ Grundbedingung für die Koalition. Kritiker warfen der ÖVP vor, die Hosen heruntergelassen zu haben. Im Nachhinein zu Recht?
Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, dem die Zustimmung zu erteilen. Die Bereitschaft zu zeigen, trotzdem für das Land zu arbeiten, war das Wichtigste, was in den Vordergrund zu stellen war. Was dazu beigetragen hat, zuzustimmen, ist, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung abgeschafft wurde, aber im Landtag nicht. Wenn wir uns in der Regierung nicht grün sind und im Landtag auch nicht, haben wir ohnehin ein gravierenderes Problem. LH Peter Kaiser hat immer gesagt, er wird davon nicht Gebrauch machen. Darauf verlasse ich mich. Das ist ein Vertrauensvorschuss. Aber bisher sind wir auch niemals in die Situation gekommen, über eine Unstimmigkeit in der Regierung überhaupt zu diskutieren. 

Bürgermeister aus dem Bezirk Spittal haben nach der Landtagswahl einen Regierungssitz für den damaligen Klubobmann Ferdinand Hueter gefordert. Wie konnten Sie diese Bürgermeister "beruhigen"?
Ich habe ein sehr gutes Einvernehmen mit den Bürgermeistern in Oberkärnten, habe mit allen lange Gespräche geführt. Die Fehler, die passiert sind und sie betroffen haben, sind ja vor allem in der Listenerstellung geschehen. Das war schon im Sommer vergangenen Jahres. Das wurde mir auch nicht angelastet. Wir werden geeint in Richtung Zukunft marschieren. 

Der Koalitionspartner SPÖ sitzt im Nationalrat in der Opposition. Wie wirkt sich das auf das Koalitionsabkommen aus?
Auf die Zusammenarbeit in Kärnten nicht gravierend. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung niedergeschrieben, dass bundespolitische Themen koalitionsfreier Raum sind. Es ist herausfordernd, aber daran wird eine Koalition in Kärnten nicht scheitern. 

Wie läuft die Arbeit der Koalition intern aus Ihrer Sicht?
Wir sind eine Regierung, die Probleme erkennt, Lösungen erarbeitet und Lösungsansätze umsetzt. Ich kann das an Beispielen festmachen: Über die Fischotter-Verordnung wurde eine Legislaturperiode herumgestritten, innerhalb von wenigen Tagen wurde dies in der neuen Regierung auf die Reise gebracht. Ähnlich bei Wildschadensfonds und Wirtschafts-Ombudsstelle - die Gesetze sollen im kommenden Jahr in Kraft treten. Wir müssen weg vom politischen Phrasendreschen und hin zum Umsetzen. Das sollte eine neue Art der Politik werden und ich beanspruche für unsere Volkspartei, dass wir dabei der treibende Motor sind.

Wer soll die ÖVP Kärnten als Spitzenkandidat in die EU-Wahl im Mai 2019 führen?
Das werden wir erst nach dem EU-Ratsvorsitz bekanntgeben, das ist mit der Bundespartei so abgeklärt.

Sie haben angekündigt, die ÖVP Kärnten umbauen zu wollen. Was wurde bereits umgebaut?
Zuständigkeiten und Köpfe sowie Organisationsstrukturen. Entscheidend war vor allem, ein Team zu formen, das miteinander kann und nicht gegeneinander arbeitet. Wir sind gerade dabei, wieder ein Ausbildungsprogramm einzuführen - für die Jugend, Frauen, Gemeinde-Mandatare. Es ist die Aufteilung und Zuständigkeiten in der Gemeinde-Betreuung in Neuaufstellung, um den Kontakt vom Land zu den Gemeinde-Parteien zu verbessern. Es ist da schon einiges gelungen, auch was Einsparungspotentiale in der Partei betrifft. 
Wesentlich ist auch die inhaltliche Aufstellung: Unsere Kernkompetenzen - Wirtschaft und ländlicher Raum bzw. Landwirtschaft - sind jetzt in der fachlichen Auseinandersetzung mit den Zuständigkeiten von Ulrich Zafoschnig und mir erweitert worden, z. B. um Straßenbau, Jagd und Fischerei, Deregulierung und Mobilität. Wir haben es also fachlich geschafft, breiter zu werden. Das ist mein Anspruch, dass wir uns als Volkspartei wieder Themen annehmen, die wir viele Jahre links liegengelassen haben. Daran arbeiten wir konsequent. Da geht es etwa auch ums Thema Familie oder die Pendler. Meine konkrete Forderung ist, die Pendlerförderung seitens des Landes zu erhöhen. Dafür werde ich mich massiv einsetzen.

Wie sieht die Situation in Klagenfurt aus, wo die ÖVP bis 2009 den Bürgermeister gestellt hat - auch im Hinblick auf die nächsten Gemeinderatswahlen?
Die Gemeinde- und Stadtparteien sind autonom. In ihre Entscheidungen wird sich der Landeschef nicht einmischen. Mit Markus Geiger haben wir einen guten Kenner der Partei und der Strukturen. Ich bin ihm dankbar, dass er in einer damals schwierigen zeit die Verantwortung übernommen hat. Wir haben eines geschafft - auch in der ÖVP Klagenfurt: Die Partei befindet sich wieder in ruhigeren Gewässern, kann sich mit neuer Kraft aufladen.

Am 30. Oktober stellen Sie sich der Wahl zum Landesparteiobmann. Rechnen Sie mit einem Gegenkandidaten?
Nein. Ich wurde vom Landesparteivorstand auch einstimmig als Kandidat vorgeschlagen, also rechen ich überhaupt nicht damit.

Welches Wahlergebnis wäre für Sie zufriedenstellend?
Es muss klar ein Achter vorne stehen - also Mitte 80 plus. 

Wo wird die ÖVP nach der Wahl 2023 stehen?
Sie wird stärker in der politischen Landschaft dastehen als jetzt. Wir müssen auch auf diese erwähnte breitere Öffnung hinarbeiten. Das wird harte Arbeit. Und sie soll 2023 wieder in einer Regierungsverantwortung ankommen. 

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Zur Person: Martin Gruber

  • geboren am 29. April 1983
  • verheiratet, Vater von zwei Töchtern (3 Jahre & 9 Monate)
  • lebt in Kappel am Krappfeld und ist dort nach wie vor Gemeinderat
  • Hobbys: die Kinder

Werdegang:

  • 2009 Landes-Vertragsbedinsteter
  • seit 2009 Bürgermeister von Kappel am Krappfeld
  • seit 2010 Vize-Obmann des Bauernbundes
  • seit 2013 Bezirksparteichef von St. Veit
  • seit April 2018 ÖVP-Landesparteiobmann
  • seit 12. April 2018 Landesrat

Interview: Peter Michael Kowal & Vanessa Pichler

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