Insolvenzstatistik
40 Prozent weniger Firmenpleiten in den ersten neun Monaten

Die aktuelle Insolvenzstatistik für Kärnten für die ersten drei Quartale 2020. | Foto: pixabay/ratfink1973 - Symbolphoto
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  • Die aktuelle Insolvenzstatistik für Kärnten für die ersten drei Quartale 2020.
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Die aktuelle Entwicklung der Insolvenzen in den ersten drei Quartalen 2020 zeigt fatale Konsequenzen für die Zukunft der heimischen Wirtschaft.

KLAGENFURT. Seit Beginn der Corona-Krise sind die Unternehmensinsolvenzen in Kärnten nicht gestiegen, sondern vielmehr ist das Gegenteil eingetreten: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist gegenüber dem Normalbetrieb um rund 40 Prozent gesunken. Dabei handelt es sich um eine Konsequenz aus den durch die Bundesregierung gesetzten Corona-Maßnahmen. Daraus resultiert eine Wettbewerbsverzerrung, deren Ausmaß weiterhin unklar ist. Die größte Gefahr dabei ist, dass auch „gesunde Firmen“ ins Verderben (mit-) gezogen werden.

Hochrechnung für die ersten drei Quartale

Unternehmensinsolvenzen für die ersten drei Quartale 2020 | Foto: KSV1870
  • Unternehmensinsolvenzen für die ersten drei Quartale 2020
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Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten des Jahres in Kärnten 90 Insolvenzverfahren eröffnet. 46 Anträge wurden mangels Vermögens der Schuldner nicht eröffnet. Insgesamt sind also 136 Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 65 Millionen Euro insolvent – ein Rückgang von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtet Barbara Wiesler-Hofer, Leitern des KSV1870 Kärnten.

Fatale Konsequenzen für die Zukunft

Bundesländervergleich der Unternehmensinsolvenzen | Foto: KSV1870
  • Bundesländervergleich der Unternehmensinsolvenzen
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Die skizzierte Situation hat die Wirtschaft den sogenannten „Corona-Maßnahmen“ zu verdanken. Waren diese ursprünglich dafür gedacht, jene Unternehmen zu unterstützen, denen der verordnete Lockdown massiv geschadet hat, geht derzeit der Schuss nach hinten los: „Anstatt betroffenen Firmen zu helfen, die eine positive Zukunft vor sich haben, werden damit „wirtschaftlich kranke“ Unternehmen künstlich am Leben gehalten, die wiederum aktuell gesunde Firmen mit ins Verderben ziehen. Es ist spätestens jetzt an der Zeit, zu einer wettbewerbsorientierten Volkswirtschaft zurückzukehren“, erklärt Wiesler-Hofer. Im österreichweiten Durchschnitt verzeichnet Kärnten den drittgrößten Rückgang der Unternehmensinsolvenzen – vor allem im Bereich der Unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Bauwirtschaft und Gastronomie.

Ausblick auf 2021

Durch die anhaltende Insolvenzverschleppung wird es 2021 zu einem massiven Anstieg bei der Zahl der Unternehmensinsolvenzen kommen. Die aktuelle Situation zeigt allerdings schon jetzt, dass es sich dabei um viele nicht sanierungsfähige Firmen handeln wird. Dies hat zur Konsequenz, dass sich Gläubiger nächstes Jahr vermehrt mit Null-Quoten konfrontiert sehen werden. Der KSV1870 plädiert daher für eine rechtzeitige Sanierung, bevor es zu spät ist – und das gerade in der jetzigen Situation. „Eine Insolvenz ist in erster Linie die Möglichkeit einer Entschuldung und damit eine zeitnahe Chance auf einen Neubeginn“, so Wiesler-Hofer.

Rund ein Sechstel weniger Privatkonkurse in Kärnten

Privatkonkurse in den ersten drei Quartalen 2020 | Foto: KSV1870
  • Privatkonkurse in den ersten drei Quartalen 2020
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Die Hochrechnung des KSV1870 zeigt für die ersten drei Quartale des Jahres 2020 in Kärnten einen Rückgang der eröffneten Privatkonkurse um 16,5 Prozent und damit eine Fortsetzung des Trends des 1. Halbjahres 2020. „Mit 436 eröffneten Verfahren liegen die ersten drei Quartale um 16,5 Prozent unter dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Mittlerweile haben sich die Ausreißer wieder normalisiert. Der Rückgang hatte zur Jahresmitte schon 28 Prozent betragen“, berichtet Wiesler-Hofer. Parallel dazu sind die Verbindlichkeiten um rund 5 Prozent von 77 Millionen Euro auf 73 Millionen Euro gesunken. „Die Passiva wurden durch ein Großverfahren eines ehemaligen Selbständigen in die Höhe getrieben“, so Wiesler-Hofer. Ohne dieses Großverfahren wären die Verbindlichkeiten gegenüber 2019 sogar um 27 Prozent gesunken.

Pandemie wird Spätfolgen haben

Bundesländervergleich der Privatkonkurse | Foto: KSV1870
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Insbesondere während des Corona-bedingten Ausnahmezustandes hat es unter anderem aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit recht unbürokratische Stundungen gegeben. Diese Erleichterung für private Schuldner kann und wird jedoch langfristig für Probleme sorgen – spätestens dann, wenn die Zahlungen fällig gestellt werden. „Leider vergessen viele, dass Stundungen nicht einen Erlass bedeuten, sondern die Zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen müssen. Erschwerend kommt dann jedoch hinzu, dass es meist im Laufe der Zeit noch schwerer wird, Schulden zu begleichen. Sich rechtzeitig in ein Schuldenregulierungsverfahren zu begeben, kann den Teufelskreis somit frühzeitig beenden und eine Chance auf einen Neubeginn bedeuten“, erklärt Wiesler-Hofer. Kärnten liegt mit dem Rückgang der Privatkonkurse österreichweit an letzter Stelle.

Ausblick 2020

Vergleicht man die bisherigen Zahlen mit jenen des Vorjahres fehlen bis Jahresende hochgerechnet, rund 264 Privatinsolvenzeröffnungen. „Da Privatschulden nicht von heute auf morgen entstehen und es sehr unwahrscheinlich ist, dass tatsächlich so viele Personen weniger in finanzielle Schieflage gekommen sind, könnten die Anträge im letzten Quartal 2020 nachgeholt werden“, so Wiesler-Hofer. Aufgrund der wieder steigenden Corona-Infektionszahlen werden die vom Gesetzgeber festgelegten Einschränkungen im Alltag wohl wieder zunehmen. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Rückgänge nicht zur Gänze aufgefangen werden können, da die Schuldner gehemmt sind, - persönlich - zu zwingend notwendigen – Beratungs- und Verhandlungsterminen zu erscheinen. „Es werden daher die Zahlen 2020 zweifellos unter denen des Vorjahres zu liegen kommen“, fasst Barbara Wiesler-Hofer zusammen.

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