Cannabis bei Jungen "extrem verbreitet"

Foto: Lorenz Timm/Fotolia

BEZIRK (wey). Denkt man an Suchterkrankungen, fallen einem meist zuerst illegale Drogen wie Haschisch, Ecstasy oder Crystal Meth ein. Dabei sind "nur" sechs Prozent der Suchtkranken in Österreich drogensüchtig. Süchtig sein kann man auch nach Koffein, Beruhigungsmitteln, Glücksspiel oder dem Internet. Das größte Problem ist allerdings der Alkohol. Er ist für knapp zwei Drittel aller Suchterkrankungen verantwortlich. "In OÖ sind 60.000 Menschen alkoholkrank", weiß Evelyn Gösweiner von der Alkoholberatungsstelle Kirchdorf. "Weitere elf Prozent trinken in einem Ausmaß, das ihrer Gesundheit schadet. Bei gut 55.000 Einwohnern im Bezirk weiß man, was das heißt." Nach wie vor sind deutlich mehr Männer als Frauen alkoholsüchtig. Betroffen sind Menschen jeden Alters und jeder Berufsgruppe. Entsprechend gut ausgelastet ist die Kirchdorfer Beratungsstelle. "Wir beraten kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym", erklärt Gösweiner. Ziel ist nicht die totale Abstinenz. "Oft geht es schon darum, den Konsum zu reduzieren. Die Leute entscheiden das selbst." Kommt man an einem Entzug nicht vorbei, kann man diesen zum Beispiel im Sonnenpark Bad Hall machen. Die Wartezeit beträgt derzeit drei Monate.

Cannabis weit verbreitet
Obwohl der Alkoholmissbrauch das weitaus größte Problem darstellt, tauchen auch immer wieder illegale Substanzen auf. "Vor drei, vier Jahren hatten wir mehr mit synthetischen Drogen wie Crystal Meth und dergleichen zu tun", so Bezirkspolizeikommandant Franz Seebacher. "Seitdem sind die Zahlen rückläufig. Unsere Beamten haben das Ohr stets an der Szene. Das meiste spielt sich bei uns im `schwachen´ Bereich ab, sprich Cannabis." Im Bezirk sind vier Präventionsbeamte mit Sucht in allen Facetten beschäftigt und führen auch Projekte an Schulen durch. "Wir schauen, dass wir Jugendliche rechtzeitig auf die richtige Schiene bringen", so Seebacher.
Allgemeinmediziner Johann Plienegger bietet in seiner Praxis Drogensubstitutionstherapie an und bestätigt, dass Cannabis aktuell unter Jugendlichen "extrem verbreitet" ist. Stimulanzien wie Amphetamine, Kokain oder Crystal Meth werden oft zur Leistungssteigerung eingenommen und verursachen eine starke psychische Abhängigkeit. Opiate (Heroin, Morphium etc.) machen stark körperlich abhängig. Sie können im Rahmen des Substitutionsprogrammes behandelt werden, die im Bezirk bei drei Ärzten möglich ist. "Ich behandle pro Quartal ungefähr 50 opiatabhängige Patienten, hauptsächlich aus dem Raum Kirchdorf/Micheldorf, aber auch aus der Peripherie und aus dem Raum Steyr", erklärt Plienegger. Er verdeutlicht abschließend: "Nicht alle Drogenabhängigen befinden sich am Rande der Gesellschaft. Die Hälfte meiner Patienten geht einer geregelten Arbeit nach und lebt in geordneten Familienverhältnissen."

Beratungsstellen:

Alkoholberatung:
Familienberatungszentrum im Bezirksaltenpflegeheim Kirchdorf, Pernsteinerstraße 32
telefonische Terminvereinbarung: Mo/Di/Do/Fr 8-12.30 Uhr, Tel. 0664/60072-89235

X-Dream Drogenberatung:
Dierzerstraße 2/8, Kirchdorf
Tel. 07582/63598
erreichbar: Di 14-16 Uhr, Do 15-17 Uhr

Süchtig nach dem Internet: Verbot führt nicht zum Ziel

Das Handy ist schon für Kinder ein ständiger Begleiter. Viele können sich nur schwer losreißen, es besteht Suchtgefahr. "Internetsucht betrifft alle Altersgruppen", weiß Alexandra Steiner, klinische Psychologin in Kirchdorf. "Jugendliche gelten jedoch als Risikogruppe, da sie mit dem Internet aufwachsen und es automatisiert in den Alltag integriert haben." Wenn die Zeitspanne, die man "online" verbringt, immer länger wird, man nur noch an Facebook & Co. denkt und nervös wird, wenn man länger nicht ans Handy darf, wird es Zeit zu handeln. "Vor allem den Eltern kommt eine wichtige Vorbildfunktion zu, nach dem Motto: Es ist okay, wenn man nicht ständig erreichbar ist", so Steiner. Barbara Reiterer, Psychotherapeutin aus Kirchdorf, ergänzt: "Ein Kind darf ein Handy haben. Es ist aber wichtig, dass es den Umgang damit lernt und die Eltern klare Regeln vorgeben." Es komme, so Reiterer, auf die Selbststeuerung an, die sich ab dem dritten Lebensjahr trainieren lässt. Keine Option sind Verbote oder gar Liebesentzug. "Wenn Kinder ein Problem haben, muss man die Eltern stützen", so Barbara Reiterer.

Risikofaktoren: Depressivität, soziale Ängste, niedriges Selbstwertgefühl, Einsamkeit, aber auch Lebenskrisen (Arbeitslosigkeit, Trennung/Scheidung). Bei der Entwicklung eines Suchtverhaltens spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle.

Kriterien der Sucht:
- Kontrollverlust: die online verbrachte Zeit kann nicht kontrolliert werden, oft wird die Zeitdauer immer länger
- Fokussierung: über länge Zeitspanne wird der größte Teil des Tages zur Internetnutzung verwendet, das Denken kreist vor allem um das Onlinesein, Internetgebrauch erlangt erste Priorität
- Entzugssymptome bei längerer Unterbrechung der Internetznutzung treten Symptome wie Nervosität, Gereiztheit, Unruhe, Unkonzentriertheit, Ängste etwas zu verpassen und intensives Verlangen online zu sein auf
- Unfähigkeit zur Verhaltensänderung: Trotz der offensichtlichen negativen Konsequenzen schafft man es nicht, das Verhalten zu verändern
- Negative Konsequenzen: körperliche Schäden (Mangelernährung, wenig Schlaf, Schäden/Schmerzen des Bewegungsapparates, Erschöpfungszustände) und psychosoziale Folgen (Vernachlässigung von Sozialkontakten, schulisches Versagen, Arbeitsplatzverlust)

Was können Eltern vorbeugend tun:
- Eltern haben bei der Mediennutzung eine wichtige Vobildfunktion - es ist auch okay, wenn man nicht ständig erreichbar ist...
- Alternativen anbieten: gemeinsame Unternehmungen, Brettspiele,...
- Gemeinsam mit den Kindern feste Zeiten pro Tag bzw. Woche festlegen, wann und wie lange Fernsehen, Internet und Smartphones genützt werden dürfen. Diese Regeln müssen kontrolliert werden und bei Verstößen Konsequenzen erfolgen.
- Interesse zeigenm welche Spiele gespielt, welche Internetseiten und soziale Plattformen besucht werden. Immer wieder das Gespräch darüber suchen, sich auch bevorzugte Internetseiten zeigen lassen. Jüngere Kinder nicht unbeaufsichtigt am Computer lassen.
- Alarmzeichen erkennen: Wenn das Kind Freunde, Schule und Freizeitaktivitäten vernachlässigt, sich die Schulnoten verschlechtern und es bei "Entzug" gereizt und aggressiv reagiert.
Eltern sollten unbedingt ihre Befürchtungen mit ihrem Kind besprechen und sich nicht davor scheuen, auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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