Gefundene Akte weckt die Erinnerung an Todesmarsch
KIRCHDORF (sta). Eigentlich wollte Augustine Eglauer nur die Archivräume im Keller der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf durchforsten. Als ihr dann aber ein Akt aus dem Jahr 1945 mit dem Vermerk "Beisetzung der Opfer der NSDAP" in die Hände fiel, staunte die Sekretärin von Bezirkshauptmann Dieter Goppold nicht schlecht. "In Papier eingewickelt, fand ich einen persönlichen Ausweis, Fotos, einen Brief und eine Postkarte eines Mannes, der 1945 in St. Pankraz erschossen wurde. Ich war fassungslos und berührt zugleich, persönliche Dinge eines Menschen der damaligen Zeit und damit ein Stück Zeitgeschichte in den Händen zu halten."
Wie aus den Unterlagen hervorgeht, handelte es sich dabei um den Ungarn Zoltan Schultz. Er war einer von etwa 900 Menschen, die erschöpft und unterernährt durch den Bezirk Kirchdorf marschierten. Gemeinsam mit zwei anderen Männern wurde er erschossen und gleich neben der Straße begraben. "Aus den Akten geht hervor, dass der damalige Bezirkshauptmann, Reinhard Kienmoser, die Exhumierung der Leichen anordnete und in Auftrag gab, sie sofort im zuständigen Ortsfriedhof beizusetzen", sagt Eglauer.
Die Erinnerungen an den Todesmarsch der überwiegend ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge durch den Bezirk retten möchte das Projekt "Einhalt" des Studienzentrums für internationale Analysen (STUDIA) in Schlierbach. Im Zuge dieser Recherchen konnten auch schnell die Nachkommen von Zoltan Schultz ausgeforscht werden. Die Spuren führten dabei bis nach Amerika.
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