AMS Kirchdorf
"Homeoffice gewinnt an Bedeutung"

Julia Bauer im BezirksRundschau Interview | Foto: BezirksRundschau
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Seit Mitte März 2020 verzeichnete das Arbeitsmarktservice (AMS) erhebliche Zuströme in die Arbeitslosigkeit. Auch der Bezirk Kirchdorf blieb davon nicht verschont. Die BezirksRundschau sprach mit Julia Bauer. Sie ist die Leiterin des AMS in Kirchdorf.

BezirksRundschau: Auch im Bezirk Kirchdorf gibt es Rekordwerte an Arbeitslosen. Wie schauen die aktuellen Zahlen im Vergleich zum Vorjahr aus?
Julia Bauer: Ende Juli waren 1.306 Personen arbeitsuchend beim AMS Kirchdorf vorgemerkt, das sind um 31 Prozent mehr als Ende Juli 2019. Der Höchststand war im April 2020 mit 1.901 Arbeitsuchenden zu verzeichnen, seit Ende April nimmt die Anzahl der Arbeitsuchenden langsam ab. Aktuell sind ein Drittel mehr Personen arbeitsuchend, parallel dazu steigt die Langzeitarbeitslosigkeit, 36 Prozent mehr Personen sind aktuell über zwölf Monate arbeitslos, in Summe sind 113 Personen davon betroffen. Eine Verfestigung von Arbeitslosigkeit wollen wir unter allen Umständen vermeiden, was aber unter den gegebenen Umständen eine große Herausforderung darstellt. Viele Betriebe sind noch in Kurzarbeit und die offenen Stellen noch deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen, auch wenn sich hier langsam eine Besserung abzeichnet. Im Endeffekt ist es einfach, mehr offene Stellen bedeuten mehr Angebote für die Arbeitsuchenden und höhere Chancen, dass eine Stelle zu einer arbeitsuchenden Person genau passt.

Wieviele Betriebe haben derzeit Kurzarbeit für ihr Mitarbeiter angemeldet?
In Kirchdorf haben 637 Betriebe Kurzarbeit angemeldet, für 921 Projekte. In Summe sind davon 11.722 Mitarbeiter betroffen und Fördergelder von über 66 Millionen Euro reserviert. Wichtig ist mir aber zu betonen, dass diese Zahlen von den Maximalwerten ausgehen. Viele Betriebe reichen bei uns das Worst-Case-Szenario ein und rechnen dann weit weniger Ausfallstunden ab. In Summe wurden bisher etwas mehr als 27 Millionen Euro an die betroffenen Unternehmen ausbezahlt. Bei der Antragstellung und ebenso bei den Abrechnungen sind wir – und das freut mich besonders – tagesaktuell in der Abarbeitung.

Welche Branchen sind im Bezirk Kirchdorf von der Krise am schwersten betroffen?
Grundsätzlich sind Betriebe aus allen Branchen betroffen, besonders hart trifft es die Gastronomie, die Tourismusbranche, die Reisebüros, aber auch Produktionsbetriebe.

Wie verändert Corona den Arbeitsmarkt?

Wir bemerken bspw. schon einen größeren Zustrom an Bewerbungen in den Gesundheitsbereich, der sich während COVID-19 ja auch als sicherer Arbeitsbereich herausgestellt hat. Bewerbungsgespräche werden von vielen Unternehmen jetzt verstärkt auch online durchgeführt.
Für das Arbeitsmarktservice haben sich einige Dinge massiv verändert, da hat die Krise auch positive Nebeneffekte gebracht: Wir haben von der Politik die Möglichkeit erhalten, viel mehr Dienstleistungen online oder telefonisch abzuwickeln. Manches davon haben wir uns schon sehr lange gewünscht, jetzt wurde es möglich. Was quer über alle Branchen auffällt, ist, dass Homeoffice an Bedeutung und Ansehen gewinnt. Das freut mich persönlich auch sehr. Natürlich passt Homeoffice bei weitem nicht für alle Tätigkeiten und auch bei weitem nicht für alle Mitarbeiter, aber für viele kann das zum einen eine große Erleichterung in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sein und zum anderen hat Homeoffice ja auch einen ökologischen Nebeneffekt etwa  inpuncto Arbeitsweg.

Ende September läuft die Covid 19-Kurzarbeit aus. Darüber hinaus wurde von der Regierung gemeinsam mit den Sozialpartnern ein neues Modell ausgearbeitet. Wie sieht das aus?

Derzeit haben wir noch keine definitiven Ergebnisse vorliegen. Vorinformiert wurden wir dahingehend, dass die Phase 3 der Kurzarbeit von 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 dauert und die Arbeitszeit zwischen 30 und 80 Prozent betragen kann. Die Nettolohnersatzrate soll bleiben, ebenso wie die Behaltepflicht. Mir gefällt sehr gut, dass die Kurzarbeit auch für Weiterbildung genutzt werden soll. Das rate ich aus arbeitsmarktpolitischer Sicht auch von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeitern: Holen Sie Ausbildungsabschlüsse oder Formalqualifikationen nach, erwerben Sie Zusatzausbildungen und ähnliches. Wir sind gespannt auf die Details dazu und beraten dazu gerne, sobald wir näheres wissen.

Wie wird sich der Arbeitsmarkt aus ihrer Sicht im Herbst entwickeln?

Das ist eine sehr gute Frage, auch für uns ist es schwierig, da Einschätzungen zu treffen. Aus den vielen Gesprächen, die ich mit Unternehmern aus den unterschiedlichsten Branchen führe, leite ich ab, dass einige Branchen weniger Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken werden, umgekehrt rechne ich auch mit vereinzelten Insolvenzen und damit einhergehend einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ich nehme aber auch sehr positive Signale für den Herbst wahr, viele Betriebe berichten von guter Auslastung bis Jahresende. Wie sich die Situation danach weiterentwickelt, hängt sicher auch von der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen für die Behandlung von COVID-19 und dem darauf basierenden Vertrauen auf eine Normalisierung der internationalen Handelsbeziehungen.

Das System Kurzarbeit hat auch Missbrauch zur Folge. Was droht den „schwarzen Schafen“, die sich nicht an Vorgaben halten?
Wir arbeiten sehr eng mit der Finanzpolizei zusammen und gehen Hinweisen konsequent nach. Gegebenenfalls wird die Kurzarbeitsbeihilfe rückgefordert.

Wie schauts am Lehrlingsmarkt aus? Gibt es Bedarf?
Ja, sehr wohl, viele Betriebe sind aktuell auch noch auf der Suche nach Lehrlingen für Herbst 2020. Wir haben noch offene Lehrstellen ausgeschrieben, auf unserer Homepage sind diese abrufbar. Für Jugendliche, die also noch eine Lehrstelle suchen, ist es noch nicht zu spät. Die Situation ist heuer jedenfalls besonders: Wir verzeichnen einen Rückgang der Jugendlichen, die sich bei uns melden und eine Lehrstelle suchen. Gleichzeitig ist auffallend, dass das Potential an Lehrstellensuchenden leider oft weniger geeignet ist und an den Arbeitsmarkt herangeführt werden muss. Dies geschieht mittels Angeboten, die sowohl einen schulischen als auch betrieblichen Charakter haben und wo die Jugendlichen sozusagen nachreifen können, um die Kompetenzen, die für die erfolgreiche Absolvierung einer Lehre notwendig sind, zu erlangen.

Fehlen trotz Krise Fachkräfte?
Ja, trotz Krise fehlen Fachkräfte – aber stark branchenabhängig. Es sind nicht alle Branchen gleich von der Krise betroffen. Aufgrund der hohen Spezialisierung gestaltet sich der Fachkräfteaustausch zwischen den Branchen als schwierig.

Julia Bauer im BezirksRundschau Interview | Foto: BezirksRundschau
Julia Bauer, Leiterin des AMS in Kirchdorf | Foto: Staudinger
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