Unfälle im Minutentakt - der eigene Haushalt als größte Gefahr

Im Bezirk Kirchdorf starben im Vorjahr neun Personen bei Unfällen im Straßenverkehr, 250 wurden verletzt. | Foto: FF Kremsmünster
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  • Im Bezirk Kirchdorf starben im Vorjahr neun Personen bei Unfällen im Straßenverkehr, 250 wurden verletzt.
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BEZIRK, OÖ. Im Jahr 2017 verletzten sich in Österreich 784.300 Menschen bei Unfällen (2016: 792.100), darunter 26.220 (2016: 26.860) Schwerverletzte. Das sind mehr als 2.000 Menschen täglich. 2.491 (2016: 2.410) Österreicher starben an den Folgen eines Unfalls (Quelle: ST.AT, Todesursachenstatistik. 2017 vorläufige Zahlen). Damit ist die Anzahl der Verletzten in den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent gesunken.
Die Zahl der Toten und Schwerverletzten stagniert seit Jahren auf hohem Niveau, das zeigen die aktuellen Auswertungen der KFV-Unfalldatenbank und der IDB-Austria. „Unfälle werden in Österreich generell gerne unterschätzt – das Bewusstsein für die Größenordnung dieses Gesundheitsrisikos, eine exzellente Unfallversorgung sowie gezielte Unfallprävention sind in Zukunft besonders gefordert“, betonen KFV-Direktor Othmar Thann und Primar Univ.Prof. Mehdi Mousavi, Vorstand der Unfallchirurgie und Sporttraumatologie im SMZ Ost Wien.

Platz 1: Wohnung und nahe Wohnumgebung

303.900 Menschen in Österreich verletzten sich im Jahr 2017 bei Haushaltsunfällen. Damit sind das eigene Zuhause und die nähere Wohnumgebung Platz eins der Unfallorte. 36 Prozent aller Unfälle (285.900 Verletzte) passierten in der Freizeit und bei der Ausübung eines Freizeitsports. 81.100 Verletzte gab es bei Straßenverkehrsunfällen, davon wurden etwa 60 Prozent polizeilich gemeldet. Der höchste Anteil an Schwerverletzten findet sich im Haushalt, gefolgt vom Straßenverkehr, wobei in den eigenen vier Wänden vorrangig ältere Personen verunfallten, während jüngere Personen eher im Straßenverkehr schwer verunglückten.

Mehr tödliche Unfälle im Freizeitbereich

Noch nie gab es so wenig tödliche Straßenverkehrsunfälle wie im Jahr 2017. Ganz anders ist die Entwicklung der tödlichen Unfälle im Haushalts-, Freizeit- und Sportbereich: In den vergangenen zehn Jahren gab es hier einen Anstieg von 15 Prozent. Bei den Senioren sind es sogar 26 Prozent. "Diese Entwicklung ist alarmierend und zeigt, dass wirkungsvolle Gegenmaßnahmen nötig sind. In der Verkehrssicherheit haben wir bemerkenswerte Verbesserungen erreichen können. Es ist höchste Zeit, dass dies auch im Bereich Haushalt, Freizeit & Sport passiert", so Thann.

Weiterer Anstieg bei Unfällen von Senioren erwartet

Während die Gesamtunfallzahlen in Österreich stagnieren, steigt die Unfallzahl der verletzten und getöteten Personen ab 65 Jahren sogar stark: 218.500 Personen über 65 wurden im Jahr 2017 bei Unfällen verletzt (2009: 198.700), rund 73 Prozent der durch einen Unfall getöteten Personen sind in dieser Altersgruppe.

Hochsaison für Kinderunfälle steht kurz bevor

123.500 Kinder verunfallten im Jahr 2017 in Österreich, 20 Kinder überlebten die Folgen dieser Unfälle nicht (vorläufige Zahl). Die negative Entwicklung gerade bei den tödlichen Kinderunfällen veranlasst das KFV dazu, erneut an die politischen Akteure zu appellieren, dem Thema Unfallprävention einen vorrangigen Stellenwert auf ihrer Agenda einzuräumen. "Unfallprävention ist ein Thema das bislang viel zu wenig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt ist“, so Thann.

Mit Prävention Unfallfolgen abschwächen

„Schwere Verletzungen durch Unfälle haben für die Betroffenen ernsthafte Auswirkungen. Das zeigt die tägliche Praxis in unseren Unfallambulanzen“, erklärt Unfallchirurg Mousavi. Besonders schwerwiegend sind bei Kindern Verletzungen der Wirbelsäule und des Kopfes wie sie z.B. durch Stürze verursacht werden. Bei der Gruppe der Senioren führen z.B. Schenkelhalsfrakturen zu oft langwierigen Behandlungen. „Hier gilt es vor allem osteoporotischen Frakturen verstärkt präventiv entgegen zu wirken. Ein knochenfreundlicher Lebensstil – also viel Bewegung und eine gesunde Ernährung – sollte früh begonnen werden. Ein Unfallchirurg sieht die Patienten erst dann, wenn schon ein Bruch vorliegt – also eigentlich viel zu spät“, so Mousavi. „Zusätzlich zur Behandlung vorhandener Brüche können medikamentöse Osteoporose-Therapien, Sturz-Prophylaxe oder physikalische Therapie Frakturen vorbeugen. Diese Maßnahmen werden, vor allem in Hinblick auf die immer älter werdenden Patientinnen und Patienten, besonders wichtig“, schließt Mehdi Mousavi.

Reinhard Menneweger, stellvertretender Bezirkspolizeikommandant und Leiter des Verkehrsreferates in Kirchdorf, sagt dazu: "Die Anzahl der tödlichen Verkehrsunfälle in Österreich war mit 413 getöteten Personen noch nie so niedrig wie im Jahr 2017. In Oberösterreich wurden 81 Personen im Straßenverkehr getötet. Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Gänzlich verhindern wird man diese Unfälle aber nie können. Gerade im Straßenverkehr ist es aber gelungen, diesen über die Jahre hinweg immer sicherer zu machen. Viele ineinandergreifende Maßnahmen haben letztlich zu den erfreulichen Verbesserungen geführt. Die Fahrzeuge wurden von den Herstellern immer weiter verbessert, Sicherheits- und Fahrassistenzsysteme haben ihren Beitrag geleistet. Die Straßen wurden ausgebaut und befinden sich in überwiegend sehr guten Zustand. Die Polizei leistete ihren Beitrag durch effiziente Verkehrsüberwachung. Eine dichtes Kontrollnetz, insbesondere bezüglich Überwachung der Fahrgeschwindigkeit und des Alkohol- und Drogenkonsums, haben sicher ebenso zu einer Verbesserung beigetragen. Der Fokus der Verkehrsüberwachung wird sich in Zukunft noch mehr an den Unfallhäufungspunkten orientieren. Für den Bezirk Kirchdorf wurden entsprechende Anweisungen bereits erteilt. Ich vertraue hier voll und ganz auf unsere Beamten – diese wissen am allerbesten, wo die neuralgischen Punkte sind. Dort werden die Schwerpunkte gesetzt werden."

Unfallhäufungsstellen

Eine der angesprochenen Unfallhäufungsstellen im Bezirk ist die Kreuzung B138/B140 (bei der so genannten "Steinwänd") an der Gemeindegrenze Klaus und Micheldorf. Bürgermeister Rudi Mayr aus Klaus: "Ich war selbst als Feuerwehrmann schon bei einigen schweren Unfällen in diesem Bereich als Ersthelfer dabei. Auch privat habe ich hier schon manche gefährlichen Situationen erlebt. Gerade im Frühverkehr fahren manche, aus Steyr kommend, ohne Rücksicht auf die B138 ein und bewirken starke Abbremsmanöver der Nutzer der B138. Am Nachmittag hat die oft tiefstehende Sonne in den Sommermonaten schon Unfälle ausgelöst. Das starke Verkehrsaufkommen auf der B138 bewirkt durch die Ungeduld der Verkehrsteilnehmer der B 140 oft ein `Hinausdrängen´. Im Winter sind außerdem schon manche Lenker von der abfallenden B140 auf die B138 gerutscht. Wenn sich alle an die vorgegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verkehrsregeln halten würden, gäbe es auch in diesem Bereich keine oder kaum Unfälle."
Eine weitere Unfallhäufungsstelle ist der Abschnitt zwischen den Firmen RAG und Greiner auf der L554 in Kremsmünster. Bürgermeister Gerhard Obernberger dazu: „Die Gemeinde hat gemeinsam mit der Straßenmeisterei das Geschwindigkeitsproblem auf diesem Straßenstück erkannt. 2017 wurde eine Beschränkung auf 80 km/h für die gesamte Strecke verordnet, welche von der Polizei ständig überprüft und meines Wissens nach gut eingehalten wird."

Ablenkung als Unfallursache Nummer eins

Haupt-Unfallursachen, so Reinhard Menneweger, sind Ablenkung und Unachtsamkeit. Smartphone, Tablet, etc. leisten hier einen sehr negativen Beitrag. Diese Ablenkung der Lenker kann insbesondere für Motorradfahrer fatal sein – diese werden ohnehin leicht übersehen. Menneweger: "Ist der andere Fahrzeuglenker zusätzlich noch abgelenkt, wird es noch gefährlicher. Hier hilft nur große Aufmerksamkeit der Zweiradfahrer und, den Fehler des anderen miteinzuberechnen."

Über alle Bereiche hinweg, vom Straßenverkehr über den Haushalt bis hin zu Sport und Freizeit, sagt Reinhard Menneweger: "Würden alle Sicherheitsvorschriften und alle gesetzlichen Vorgaben immer eingehalten, würde es kaum Unfälle geben. Wir alle wissen aber, dass Fehlleistungen menschlich sind und deshalb wird es immer zu Unfällen kommen. Was dann zählt, ist schnelle Hilfe, nicht wegsehen, die Einsatzkräfte verständigen und bis dahin Erste Hilfe leisten. Zivilcourage ist das Zauberwort. Ein Erste-Hilfe-Kurs wäre deshalb zu empfehlen."

Primar Robert Pehn, Leiter der Unfallchirurgie im LKH Kirchdorf, sagt zu den Unfallzahlen:  "Man muss sich solche Statistiken immer genau anschauen. Früher wurden mehr Patienten vom Hausarzt versorgt, heute kommen umso mehr direkt ins Krankenhaus. Was mich nicht wundert, ist die steigende Zahl bei den über 65-Jährigen. Das hat für mich zwei Gründe. Erstens hängt das mit der Anzahl der Menschen zusammen, die über 65 Jahre alt sind. Das hat mit der demografischen Entwicklung zu tun - es gibt heute einfach mehr ältere Menschen. Außerdem sind diese heute viel aktiver als früher." Bei vielen Jungen, so Pehn, muss es "immer höher, schneller, weiter" sein. "Das ist natürlich mit einem großen Risiko verbunden. Es gibt Schwerstverletzte und Tote in einer Altersgruppe, wo wirklich schade ist. Vor 60, 70 Jahren war ein Marathon das Ultimative, mehr hat man sich nicht belastet. Heute ist der Marathon für manche zu einem Mittelstreckenlauf geworden. Eigentlich sollte man wieder zu einem gesunden Maß zurückfinden."

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