Am eigenen Leib
Krippenbaukurs: Vom Schreibtisch in die Werkstatt
BezirksBlätter-Redakteurin Johanna Schweinester tauschte den Schreibtisch gegen die Werkbank und fertigte unter Anleitung der Krippenfreunde Waidring eine Tiroler Krippe.
WAIDRING, KÖSSEN (jos). Schon als Schulkind stellte ich mir auch an den Wochenenden den Wecker, nur um meinem Großvater in seiner Tischlerei als kleiner "Handlanger" zur Hilfe zu eilen. Fasziniert vom Handwerk zeigte er mir allerhand und brachte mir mit Engelsgeduld die ersten Handgriffe als kleine "Tischlerin" bei. Kaum waren die Arbeiten in der Werkstatt erledigt, griff ich zu Pinsel und Farbeimer und konnte mir schnell von meinem Vater erste Tipps und Tricks als "Malerin" abschauen.
Die Faszination für das Handwerk bleibt bis heute ungebrochen, auch wenn ich beruflich einen ganz anderen Weg eingeschlagen habe.
Anmeldung
Eines Nachmittags, als ich gerade dabei war, die vielen E-Mails in der Redaktion zu bearbeiten, stach mir eine Nachricht ganz besonders ins Auge: Die Waidringer Krippenfreunde laden zum Krippenbaukurs. Eine tiefe Entschlossenheit machte sich breit und so griff ich zum Handy und wählte die Nummer des Vereins. Fünf Minuten später war ich für den Kurs angemeldet.
Überraschung für die Eltern
Gebaut wurde aber nicht für mich selbst, sondern für meine Eltern, deren Wohnzimmer in der Weihnachtszeit in Zukunft mit einer "Tiroler Krippe" noch der letzte Feinschliff verliehen werden soll. Auf die Frage, ob ich an den Donnerstag-Abenden schon etwas vorhabe, musste ich des Öfteren ausweichend antworten und das ein oder andere Mal zur "Notlüge" greifen, denn schließlich sollte die Überraschung perfekt gelingen.
Werkstätte im "Kramerstall"
Mit gemischten Gefühlen machte ich mich am 7. Oktober erstmals auf zur "Kramerstall" nach Waidring, der "Heimat" der Krippenfreunde. Dort wurde in einem ehemaligen Stallgebäude eine Werkstätte eingerichtet.
Im Laufe des ersten Abends lernte ich die anderen Teilnehmer etwas kennen und musste feststellen, dass sie im Vergleich zu mir schon sehr konkrete Vorstellungen hatten und diese teilweise auch schon in detailreichen Plänen zu Papier brachten. Ringsum wurde bereits fachmännisch über die Ausführung gesprochen, während ich noch vergeblich auf eine Eingebung wartete.
Erste Ausführungen
Mein etwas verzweifelter Gesichtsausdruck blieb wohl auch bei den Kursleitern nicht unbemerkt, denn bereits nach kurzer Zeit traten sie auf mich zu und zeigten mir zahlreiche Ideen. Auch Pinterest & Co. lieferten mir wertvolle Tipps.
Bereits am ersten Abend konnte ich mir erste Pläne zurechtlegen und mit dem Bau beginnen. Zuerst wurden noch die Grundrisse der Gebäude auf eine Holzplatte gezeichnet. Beherzt griff Obmann Andreas Schreder zum Bleistift und skizzierte ein Bild, wie meine zukünftige Krippe aussehen könnte.
Als erstes "Projekt" stand der Bau der Höhle an, in dem das Jesuskind und die heilige Familie ihren Platz finden werden.
Etwas erschöpft trat ich nach Fertigstellung des "Grundgerüstes" meine Heimreise an.
Eine Krippe ist im Entstehen
Jeden weiteren Donnerstag-Abend nahm meine Krippe immer mehr Gestalt an: Zuerst wurden die Wände der Gebäude aus Weichfaserplatten ausgeschnitten, dann wurden diese in liebevoller Kleinarbeit mit Türen und Fenstern versehen. Im Anschluss bekamen meine beiden Häuser ein Dach, das "Haupthaus" bekam zusätzlich noch einen Balkon.
Auch mein Selbstvertrauen steigerte sich zusehends, da mir der Umgang mit dem Werkzeug jeden Abend etwas leichter fiel.
"Corona" sorgte für Zwangspause
Leider machte eine Corona-Infektion meinen Bauarbeiten einen Strich durch die Rechnung und so musste ich das Bett hüten, während meine Kurskollegen ihre Krippen annähernd fertigstellen konnten.
Doch während meiner "Auszeit" blieben die Krippenfreunde nicht untätig und arbeiteten an meinem Werk etwas weiter. In meiner Abwesenheit entstand eine Berggruppe im Hintergrund und die gesamte Krippe wurde mit weißer Farbe grundiert.
Dankbar für diese Unterstützung machte ich mich nach meiner Genesung mit frischem Elan wieder auf den Weg nach Waidring, wo ich unermüdlich an meiner Krippe arbeitete, um für die Ausstellung am 19. Dezember gerüstet zu sein. In sechs Stunden wurden die Dächer fertiggestellt und die Malarbeiten fortgeführt.
Fertigstellung in letzter Minute
Am letzten Kursabend hatte ich noch ein zusätzliches Ass im Ärmel: Kurzerhand entschied sich mein Partner Josef dazu, mir beim Krippenbau noch etwas unter die Arme zu greifen. Während ich mich den Malarbeiten widmete, finalisierte er den Balkon des Haupthauses. Die Vereinsmitglieder versahen die Krippe noch mit der passenden Beleuchtung und so konnte mein Werk in letzter Minute noch fertiggestellt werden.
Überraschung gelungen
Am Sonntag, den 19. Dezember fand die Ausstellung in der "Kramerrem" statt. Die Freude meiner Eltern war enorm, als sie sahen, dass ich meine Krippe für sie gestaltet habe. Bei netten Gesprächen und Glühwein ließen wir den Nachmittag in Waidring ausklingen.
Engagiertes Team
Zu Beginn hätte ich mir nicht vorstellen können, dass diese Arbeiten solch ein hohes Maß an Genauigkeit und Konzentration erfordern. Doch mit jedem Abend gingen mir die Arbeiten leichter von der Hand und ich lernte viel Neues und Wissenswertes von den engagierten Vereinsmitgliedern.
Nun werden aber Leim, Pinsel und Farbe erstmal im Schrank verstaut und ich tausche die Werkbank wieder gegen meinen Schreibtisch im Büro.
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