FFKB Kitzbühel
Rebellen der Berge auf der großen Leinwand

"Bergwelten" erzählt die Geschichte der legendären Wildererschlacht von Molln. | Foto: Paul Simon Bachinger
17Bilder
  • "Bergwelten" erzählt die Geschichte der legendären Wildererschlacht von Molln.
  • Foto: Paul Simon Bachinger
  • hochgeladen von Johanna Bamberger

KITZBÜHEL (red.). Der sommerliche Hahnenkamm zieht Kunst und Kultur bereits seit Jahren an. Das 8. Filmfestival Kitzbühel (24. bis 30. August 2020) bietet neben dem Wettbewerb für Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme jungen Filmschaffenden aus aller Welt eine Bühne sowie eine Plattform des Austausches. In der heimischen und internationalen Filmbranche bereits etabliert, werden bei der Veranstaltung klassische Kino-Screenings, Open-Air oder Vorführungen im höchstgelegenen Kino Europas am Kitzbüheler Horn gezeigt.
Wo es hoch hinaus geht, dürfen auch "Bergwelten"-Filme von ServusTV nicht fehlen. Drei besondere Episoden der stets aufwändig produzierten Dokumentarreihe stellen sich dem internationalen Publikum vor.

"Bergwelten" beim Filmfestival

Eine davon ist die Geschichte der "Wildererschlacht von Molln", einer Auseinandersetzung zwischen einer Wildererbande und der Obrigkeit, welche insgesamt das Leben von sieben Männern forderte.
Geschichten über Wilderer gehören gewissermaßen zur DNA des Alpenraums. Zahllose Heimatfilme und Romane zeichnen den Wilderer gerne als schneidigen Bauernburschen, der mit dem Jäger Katz und Maus spielt. Die Realität dagegen ist oft brutal und voller Leid. Denn wenn Wilderer auf Förster und Obrigkeit treffen, laufen die Dinge bisweilen auf furchtbare Art und Weise aus dem Ruder. „Bergwelten“ erzählt beim Filmfestival in Kitzbühel die Geschichte der legendären „Wildererschlacht von Molln“, als es bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen einer Wildererbande und der Obrigkeit zum tragischen Tod von insgesamt sieben Männern kam.

Echte Jäger als Wilderer

Im Mittelpunkt des Filmes steht der Mollner Bauernsohn August Popp. Er wird als „Wolfbauern Gust“ zum legendären Wilderer und Anführer einer Wildererbande. Als alter Mann, der in einem Interview auf sein Leben zurückblickt, wird Popp vom aus Wels stammenden Kammerschauspieler Martin Zauner (CopStories) gespielt, der sich über die Gelegenheit freute, beim Dreh wieder einmal in seinem oberösterreichischen Heimatdialekt reden zu dürfen.
Jungstar Dominic Marcus Singer (Der Pass) verkörpert den jungen Popp. Besonders pikant: So gut wie alle Wilderer werden von Männern dargestellt, die im echten Leben Jäger sind, teilweise sogar Berufsjäger von Bundesforsten und Nationalpark Kalkalpen. Darunter sind auch zwei direkte Nachfahren des Wolfbauern Gust – seine Enkel Franz und Gerhard Popp. Beim Dreh im vergangenen November an Originalschauplätzen in Molln war der halbe Ort involviert.

Hunger als Motiv, Gewalt als Ergebnis

Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg trieb der Hunger im oberösterreichischen Molln Deserteure, Kriegsheimkehrer und Bauernknechte zum Wildern. Dabei ging es schlicht um das Beschaffen von Nahrung. Als sich der lokale Graf Lamberg auch noch weigerte, wie vorgeschrieben den Großteil seines Wildes abzuschießen und an die notleidende Bevölkerung abzugeben, eskalierte die Lage. Zuerst wurde ein Förster und zehnfacher Familienvater von einem unbekannten Wilderer getötet, bald darauf starb ein Wilderer durch einen Schuss in den Rücken – abgegeben von einem gräflichen Förster. Die Wilderer begannen daraufhin, regelrechte Treibjagden zu veranstalten und verhöhnten so den Grafen und sein Forstpersonal. In einer Spirale der Eskalation schaukelte sich die Lage in Molln gefährlich auf, bis es am 14. März 1919 zur so genannten „Wildererschlacht von Molln“ kam. Bei einem brutalen Gendarmerieeinsatz gegen die Mollner Wilderer starben vier junge Männer unter den Kugeln und Bajonettstichen überforderter Gendarmerieschüler.

Aufstand der Unterdrückten

Hinter dem Ereignis stand jedoch viel mehr, als eine der üblichen klischeebeladenen Wilderergeschichten. Die brutalen Vorfälle stellten das gesamte Steyrtal an den Rande einer Revolution, da vor allem die Arbeiter sahen das Vorgehen der Behörden als Anschlag auf das Proletariat. „Wir haben es hier mit einer sozialen Revolution am Übergang von der Monarchie zur Republik zu tun.“, sagt Regisseur Fritz Kalteis. „Die alte Ordnung ist zusammengebrochen, die neue Ordnung hat sich noch nicht etabliert. Dazwischen begehren die lange Unterdrückten auf. Das macht das Wildererdrama von Molln zu einer Geschichte von allgemeiner Bedeutung.“

Mythos der Alpen

Die Geschichte von der Wildererschlacht von Molln steht dabei beispielhaft für die Wildererkultur, die den Alpenraum bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts geprägt hat. „Wie in keiner anderen Begebenheit verdichten sich im Wildererdrama von Molln die großen Elemente, die den Wilderer zum Mythos der Alpen gemacht haben“, sagt Bergwelten-Chef Hans-Peter Stauber, „nämlich Hunger, Armut, Widerstandsgeist, Rebellentum, aber auch Wagemut und männliches Imponiergehabe.“ Auch wenn die klassische Wildererei „keine Rolle mehr spielt, das alles vorbei ist“, wie der langjährige Förster vom Mollner Revier Bodinggraben, Walter Stecher, in der Doku sagt, so ist die Erinnerung daran noch höchst lebendig.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.