Der Kärntner Hitzeschutzplan wurde aktiviert
Wie rüstet sich Klagenfurt für die Hitze? Heute: 38 Grad am Messpunkt Heiligengeistplatz
- hochgeladen von Franz Waditzer
Die erste große Hitzewelle ist da, seit Tagen liegen die Werte weit über dem Durchschnitt. Der durch den Klimawandel verursachte Hitzestress ist ein großer Risikofaktor für die menschliche Gesundheit, insbesondere in Städten, wo immer mehr Menschen im Sommer immer höheren Temperaturen ausgesetzt sind:
Brütende Hitze, wenig Schatten, dazu Lärm und Smog am Ring, der Durchzugsverkehr in der Herrengasse und in der Theatergasse, der vollgeparkte Pfarrplatz. Die Stadt Klagenfurt ist schwerst belastet.
Es gibt 27 Wege, auf denen dich eine Hitzewelle umbringen kann. So nannten US-Mediziner ihre 2017 erschienene Denkschrift. Darin aufgelistet sind physiologische Mechanismen, durch die eine zu hohe Umgebungstemperatur zur tödlichen Gefahr für den menschlichen Körper werden kann. Zwar seien Kranke, Alte und Kinder besonders verletzlich – aber bei großer Hitze sei jeder in Gefahr, sagt Hauptautor Camilo Mora von der University of Hawaii, auch junge und gesunde Körper können schnell an ihre Grenzen kommen.
In Städten ist es in der Regel heißer als in den umliegenden ländlichen Gebieten, da dunkle und undurchdringliche Oberflächen mehr Wärme absorbieren“, erklärt die Forscherin Iulia Marginean vom CICERO Center for International Climate Research. In der Villacher Straße und beim Bezirksgericht an der Ampel Feldkirchner Straße/Magazingasse zeigt das Thermometer gestern Nachmittag 36,5 bzw. 36 Grad an.
Wirksamere Anpassungsstrategien, die auf die am stärksten gefährdeten Stadtviertel abzielen, sind erforderlich, um den zunehmenden Hitzestress zu bewältigen, mit dem Klagenfurt heute schon konfrontiert ist. Der wirksamste Weg, die Hitzebelastung zu verringern, ist ein nachhaltiger Entwicklungskurs mit einer raschen Reduktion der Emissionen“, so Iulia Marginean.
Klagenfurt setzt verschiedene Strategien ein, um den Herausforderungen der Hitze zu begegnen. Dazu gehören Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung, die Verbesserung der Stadtbegrünung, die Erhöhung des Rückstrahlvermögens von Oberflächen und die Berücksichtigung hitzeangepasster Gebäudeplanung. Zudem gibt es Initiativen zur Kühlung durch offene Wasserflächen und zur Anpassung von Parks und Grünanlagen.
In der Klagenfurter Innenstadt können folgende Orte als Hitze-Hotspots identifiziert werden: Bereiche mit wenig Schatten wie Warteflächen an Fußgängerampeln, (St.Veiter Ring, Heuplatz) die der prallen Sonne ausgesetzt sind, und stark asphaltierte Flächen in der Innenstadt können sich erheblich aufheizen. Der Alte Platz, der Heuplatz, der Pfarrplatz mit der Herrengasse und Theatergasse und der Neue Platz mit den Bepflasterungen und der Heiligengeistplatz sind unerträgliche Hotspots. Auch die Bereiche um den Lendhafen und den Lendkanal, sowie der Glanpark und die Parks am Ring können sich bei extremer Hitze stark erwärmen.
Strandbad als Zuflucht
Im Strandbad Klagenfurt gibt es den Wunsch nach mehr Bäumen, da der vorhandene Schatten durch Bäume schon im Vorjahr bei einer Reihe von extremen Hitzetagen als zu wenig empfunden wurde. Auf der Event-Fläche, wo einst die Beachvolleyball-Arena stand, gab es sogar Pläne ein Badehaus errichten. Angesichts des stetig steigenden Bedarfs an beschatteten Liegeflächen wäre das Vorhaben mehr als kontraproduktiv gewesen. Zur Zeit wird die Fläche mit vier Beachvolleyball-Plätzen bespielt und als Fußballplatz genützt, was auch eine durchaus soziale Komponente hat. Die Klagenfurter Stadtbevölkerung wird in Zukunft noch viel mehr Raum am See benötigen.
Die Parkanlagen im Zentrum
Der Maria-Theresia-Park muss zum Familienpark modifiziert und allesumfassender bepflanzt werden. Weite Teile des Parks sind ohne Schatten. Wesentliche Teile des Goethe- und Schillerparks sind massiver Sonnenbestrahlung ausgesetzt. In der Innenstadt sind die kleinen Rasenflächen auf den Verkehrsinseln schon verbrannt. Der kleine Kinderspielplatz im Goethepark ist der prallen Sonne ausgesetzt und hat zudem keinen modernen Standard. Der gut beschattete Bereich um das Architekturhaus Klagenfurt, dem Napoleonstadl, ist seit geraumer Zeit gastronomisch ungenützt und damit zurzeit als halböffenticher Raum verloren, wie auch das Künstlerhaus, dessen Cafe schon lange um nur einige Problemfelder aufzuzeigen. Der Alte Platz wurde mit Palmen versehen, die alljährlich aus dem Gewächshaus der Stadtgartenzentrale in die Innenstadt gebracht werden, die jedoch kaum Schatten werfen.
Um die überhitzte Stadt schnell zu entlasten, sind Maßnahmen wie die Schaffung von mehr Grünflächen, die Entsiegelung von Flächen, die Installation von Nebelduschen und Wasserspielen sowie die Förderung von hellen Oberflächen und Dachbegrünungen wichtig. Zudem sollten Hitzewarnsysteme genutzt und die Bevölkerung informiert werden, um sich besser schützen zu können. Die durchwegs versiegelten und teils zugestellten Innenhöfe in der Innenstadt müssen allesamt geöffnet werden und dürfen sorgsam bepflanzt werden.
Der Sommer 2024 hat in Kärnten neue Maßstäbe gesetzt und ist als der heißeste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte eingegangen. Es ist auch damit zu rechnen, dass zukünftige Sommer, wie auch der heurige, ähnlich verlaufen und möglicherweise noch wärmer werden.
Was unternehmen deutsche Städte gegen die Bruthitze?
Als eine der ersten Städte in Deutschland ist in Karlsruhe eine kommunale Klimaanpassungsstrategie beschlossen worden, heißt es von dort. Darin wurden Ziele für die Stadtplanung formuliert, für das Stadtgrün und den Hitzeschutz städtischer Gebäude. So gibt es beispielsweise in bestimmten Gebieten der Stadt eine Pflicht, bei Neubauten, Fassaden oder Dächer zu begrünen. Auch Freiflächen auf Grundstücken müssen bepflanzt werden. Schottergärten und Kunstrasen sind verboten.
Karlsruhe
In einem „Stadtplan für heiße Tage“ zeigt Karlsruhe Orte, an denen man sich abkühlen kann: So sind darin Trinkwasserbrunnen, Wasserspiele, Toiletten oder auch öffentliche Gebäude verzeichnet, in die man sich vor gleißender Sonne und hohen Temperaturen flüchten kann. Der Stadtplan wird im Sommer unter anderem mit Videos in den Straßenbahnen und Werbe-Displays im Stadtgebiet beworben.
Eine andere Aktion ist das Projekt „Coole Kirchen“: Einige Kirchengemeinden öffnen im Sommer die Türen ihrer Kirchengebäude. Neben Trinkwasser und der Möglichkeit zum Zur-Ruhe-Kommen gibt es vor Ort auch Informationen dazu, mit welchen einfachen Maßnahmen an heißen Tagen bereits viel erreicht werden kann.
Dresden
Im Dresdner Stadtteil Gorbitz sind konkrete Schutzmaßnahmen in einem Pilotprojekt durchgeführt worden: So wurde etwa die Entsiegelung von Flächen getestet. Sie verbessert das Mikroklima, da weniger Hitze gespeichert wird und mehr Wasser verdunstet. Zudem wurden Wohnhäuser aus den 1980er-Jahren saniert – mit Rollläden und neuen sogenannten Lufträumen unter dem Dach zum Schutz der oberen Etagen. So soll die Temperatur in besonders betroffenen Räumen um bis zu 3,2 Grad sinken.
Außerdem wurden kostenlose Trinkwasserstationen installiert und eine Karte entwickelt, in der „kühle Freiräume“ wie ein Wald oder Parks sowie klimatisierte Gebäuden verzeichnet sind. Dresden will die Erkenntnisse aus Gorbitz mit einem Hitzeaktionsplan auf die ganze Stadt übertragen. Der Plan soll nach jüngsten Angaben von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) nach dem Sommer vorgestellt werden.
Auf der Website der Stadt gibt es seit 2023 zudem das nach Angaben der Stadt erste bundesweite Hitze-Handbuch. Es informiert über das Stadtklima, gesundheitliche Risiken und gibt praktische Tipps für heiße Tage. Zielgruppe sind Beschäftigte im Gesundheits-, Pflege-, Sozial- und Bildungsbereich.
Düsseldorf
Auch Düsseldorf setzt auf Trinkwasserbrunnen – und will deren Zahl mehr als verdoppeln. Derzeit sind nach Stadtangaben rund 25 Trinkbrunnen in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens am Netz. Im Verlauf des Jahres 2025 kämen noch fünf weitere hinzu. Perspektivisch sollen es insgesamt 60 werden.
Eine digitale Karte zeigt auch in Düsseldorf kühle Orte wie Kirchen und klimatisierte Museen, um der Hitze zu entfliehen, sowie die Standorte der Trinkbrunnen. Angezeigt werden aber auch schattige Grünanlagen oder Bademöglichkeiten. Es gibt in Düsseldorf zehn Wasserspielplätze, die Kindern an heißen Tagen neben Spielmöglichkeiten auch Abkühlung bieten sollen.
Die NRW-Landeshauptstadt hat darüber hinaus weitere Maßnahmen zum gesundheitlichen Hitzeschutz aufgelegt. Dazu gehören neben Trinkbrunnen nach Angaben der Stadt auch Baumpflanzungen, Entsiegelungsprojekte und ein Förderprogramm für Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung. Derzeit werde auch die Verabschiedung des ersten Konzepts zur Hitzeaktionsplanung vorbereitet. Der Plan enthalte rund 60 Maßnahmen für das gesamte Stadtgebiet.
Investitionen rechnen sich
Dass sich konkrete Investitionen in Klimaanpassung – wie etwa die Begrünung von Städten – lohnen, zeigt eine im Juni 2025 veröffentlichte Studie der Denkfabrik World Resources Institute (WRI): Über einen Zeitraum von zehn Jahren bringe jeder in Anpassung und Widerstandsfähigkeit investierte US-Dollar mehr als zehn US-Dollar wieder ein, berechneten die Experten. Für dieses Ergebnis analysierte die Denkfabrik 320 solcher Investitionen in zwölf Ländern, die insgesamt 133 Milliarden US-Dollar umfassten.
Um mit Camilo Mora zu schließen: "Der Mensch ist anfälliger für Hitze, als die meisten Leute denken.“ Angesichts dessen, so Mora im typischen Understatement eines Wissenschaftlers, „ist es bemerkenswert, welche Gleichgültigkeit die Menschheit gegenüber den Gefahren eines fortschreitenden Klimawandels an den Tag legt“.
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