Bleibt Britannien Teil der EU?
In Kärnten lebende Briten sprechen über das nahende EU-Referendum.
KLAGENFURT. Der britische Premierminister und Vorsitzende der Conservative Party, David Cameron, kündigte an, am 23. Juni ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens als Teil der Europäischen Union abzuhalten.
Problematischer Termin
Für Helen Taupe, Präsidentin der Britisch-Österreichischen Gesellschaft in Klagenfurt, ist besonders die Wahl des Termins problematisch. "Nach vier Monaten andauernder Berichterstattung wird die Bevölkerung das Interesse verloren haben", sagt Taupe, die seit 30 Jahren in Klagenfurt lebt.
Der späte Termin im Sommer könnte auch dazu führen, dass das Thema der Migration wieder in den Fokus rücken wird. "Ein vermehrtes Aufkommen an Flüchtlingen, die in die EU drängen, könnte den Ausschlag zwischen Ja oder Nein geben", erklärt Edward Larner aus Newcastle, der seit einem Jahr in Klagenfurt lebt.
Innenpolitische Themen
Taupe und Larner geben sich überzeugt davon, dass die Briten bei der Stimmabgabe nicht daran denken werden, ob ihr Land Teil der EU bleiben soll, sondern dass innenpolitische Themen ausschlaggebend sein werden.
"Wenn man britische Nachrichtensendungen ansieht und mit kontinentaleuropäischen vergleicht, merkt man, wie wenig über Themen außerhalb Großbritanniens berichtet wird", sagt Taupe und ergänzt, "Die Leute wissen sehr wenig über die Europäische Union."
Mögliche Auswirkungen
Welche Auswirkungen ein Brexit hätte, kann nicht abgeschätzt werden. Larner: "Keiner weiß, was passieren würde, wenn das Land die EU verlässt. Wir hätten keine Stimme mehr bei europäischen Entscheidungen."
Neben unabwegbaren Problemen für die britische Wirtschaft, die sich für einen Verbleib in der EU ausspricht, kann es auch zu weiteren Unabhängigkeitsbestrebungen in Schottland und Nordirland kommen, die beide in der EU bleiben wollen.
Taupe: "Ich möchte, dass Großbritannien in der EU bleibt." "Die Abstimmung wird sehr knapp. Am Ende haben wir hoffentlich genug Menschenverstand um für den Verbleib zu stimmen", sagt Larner.
Zur Sache
Brexit ist ein Kunst- und Kofferwort aus „Britain“ und „Exit“; es steht für einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU).
Nach Ansicht der liberalen Denkfabrik Open Europe könnte das Vereinigte Königreich im Falle seines Austritts aus der EU einen geschätzten Wohlstandsverlust von 56 Milliarden Pfund im Jahr und einen Wachstumsrückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2018 auf unter 1,5 Prozent erleiden.
Es wäre dann dem Risiko ausgesetzt, einen neuen Marktzugang zum Binnenmarkt der EU aushandeln zu müssen, insbesondere für die Finanzdienstleistungsbranche der City of London.
Im besten Fall würde ein Brexit die jährliche Wirtschaftsleistung des Landes bis 2030 um 1,6 Prozent steigern, im schlimmsten Fall aber um 2,2 Prozent drücken.
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