Kärnten-Koalition
Ein „Jahreszeugnis“ mit siebzig Seiten
Landeshauptmann Peter Kaiser wirft im Gespräch mit der Kärntner WOCHE einen Blick zurück auf das erste Jahr der SPÖ-ÖVP-Koalition – und voraus auf die bevorstehende EU-Wahl.
KÄRNTEN. Seit einem Jahr ist die Landesregierung aus Vertretern der SPÖ und der ÖVP, die erste Koalitionsregierung in Kärnten, im Amt. Nach dem überraschenden Obmann-Wechsel von Christian Benger zu Martin Gruber in der ÖVP am Ende der Koalitionsverhandlungen sah sich Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) als Voraussetzung für die Koalition gezwungen, das in der Landesregierung geltende Einstimmigkeitsprinzip in der Landesverfassung abzuschaffen. Eine Entscheidung, zu der er nach wie vor steht: „Weil sie eine Maßnahme für den Notfall ist, von der wir bisher keinen Gebrauch gemacht haben – und es auch nicht vorhaben.“
Lob für Zusammenarbeit
Das Arbeitsresümee nach dem ersten Jahr fällt für Kaiser positiv aus. „Es ist meine siebte Legislaturperiode als Regierungsmitglied. Ich kann behaupten: Wir haben noch nie so ruhig, arbeitsam und vernünftig ein Koalitionsabkommen bearbeitet“, lobt der Landeshauptmann die Zusammenarbeit mit der ÖVP. Das „Jahreszeugnis“ mit realisierten Projekten und Vorhaben der von Kaiser bezeichneten „Kärnten-Koalition“ ist siebzig Seiten stark. Das Land, kommunale Verbände und ausgegliederte Gesellschaften investierten 2018 etwa eine knappe Milliarde Euro im Bereich der Bauwirtschaft, wodurch 10.000 Arbeitsplätze abgesichert wurden.
Kritik der Opposition
Die Opposition beurteilt die Entwicklung naturgemäß anders: Das „Team Kärnten“ kritisiert etwa die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer, die zweithöchste Arbeitslosenrate Österreichs und über 62.000 Armutsgefährdete in Kärnten. Die FPÖ prangert an: Laut KIHS-Konjunktur-Report vom 1. März betrug der Anstieg der unselbstständigen Beschäftigung zwischen 2008 und 2018 österreichweit 10,4 Prozent, in Kärnten nur 3,2 Prozent.
Stärkstes Wirtschaftswachstum
Landeshauptmann Kaiser hält dagegen und beruft sich ebenso auf den KIHS-Report: Demnach erzielte Kärnten im Jahr 2017 mit 3,9 Prozent das stärkste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer. Die Arbeitslosigkeit ging um 6,3 Prozent zurück, in Gesamt-Österreich „nur“ um 4,9 Prozent. „Der Export ist um 7,8 Prozent gewachsen. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass Kärnten Waren im Wert von 7,56 Milliarden Euro exportiert hat – das ist das höchste Ergebnis, das Kärnten je erzielt hat“, betont Kaiser.
Neues Standort-Marketing
Die positive Wirtschaftsentwicklung hat auch das neue Standort-Marketing Kärntens zum Ziel. Ein referats- und institutionsübergreifender Prozess, der auf die durch die „Kärnten Werbung“ etablierte Marke „Kärnten“ mit dem bestehenden Schriftzug aufbaut. „Nicht nur anhand von Subtiteln, sondern auch auf Basis von Sub-Storys soll die Marke auf andere Bereiche wie Technologie, Industrie und Produktion ausgeweitet werden“, betont Kaiser. Kärnten sei mehr als ein Tourismusland: „Wir sind mittlerweile ein Hochtechnologieland, unter den Top-Forschungsregionen Europas und können mit zahlreichen Innovationen punkten.“ Ein Herzstück des neuen Standort-Marketings soll der Online-Auftritt (kaernten.at) in 25 Sprachen werden.
Sohn Luca Kaiser
Die EU-Wahl am 26. Mai wirft ihre Schatten voraus. Die Nominierung von Kaisers Sohn Luca als Kandidat der Landespartei schlug hohe Wellen. Wegen dessen verbaler Entgleisungen in Sozialen Netzwerken (Stichwort „Nazion“) und der Rückreihung auf den (aussichtslosen) neunten Platz auf der Bundesliste der SPÖ. Im Rückspiegel sieht Peter Kaiser die Situation aus unveränderter Sicht: „Mein Sohn wurde von der Sozialistischen Jugend nominiert, hat sich einem Auswahlverfahren gestellt und ist daraus als Bestgereihter hervorgegangen. Warum soll ich einem jungen Menschen den Weg verbauen?“ Er findet klare Worte: „Ich würde heute gleich handeln, selbst wenn es mich mein Mandat kosten würde!“
ZUR SACHE
Für die EU-Wahl am 26. Mai setzt sich Peter Kaiser, Landesparteivorsitzender der SPÖ, drei Ziele:
• Das Bewusstsein um die Bedeutung der Europäischen Union für Kärnten zu schärfen.
• Demokratiepolitisch die Wahlbeteiligung zu erhöhen (2014: 39 Prozent).
• Parteipolitisch Platz eins der SPÖ (2014: 32,8 Prozent) zu verteidigen.
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