Das 'Aus' für Sonderschulen ist umstritten
„Inklusion“ lautet das neue Zauberwort – zumindest wenn es nach Bildungsministerin Sonja Hammerschmid geht. Der gemeinsame Unterricht aller Kinder – also auch jener mit besonderen Bedürfnissen und Behinderungen – soll bis 2020 die bisherigen Sonderschule ersetzen. Dagegen gibt es jedoch Widerstand.
KLOSTERNEUBURG. "Das ist eine müßige Diskussion die nicht einfach zu führen ist", meint Werner Sallomon, Direktor der Allgemeinen Sonderschule in der Albrechtstraße. Das Thema Sonderschule und Inklusion körper- und sinnesbehinderter Kinder und Jugendlicher beschäftigen seit geraumer Zeit. Immer wieder werden die gleichen sinnvollen und weniger sinnvollen Argumente in den Diskussionen genannt, die Sallomon als "sozialpolitisches Geplänkel, bei dem die sozialpädagogischen Aspekte längst nicht mehr im Vordergrund stehen" bezeichnet.
Vielfalt und Wahlmöglichkeiten
Aus seiner Sicht ist das System, das derzeit in Österreich geführt wird, eines der modernsten aller Systeme. Die Vielfalt der Möglichkeiten, beeinträchtigte Kinder je nach ihren individuellen Bedürfnissen in Regelschulen zu inkludieren oder sich ihnen in Sonderschulen entsprechend zu widmen, ist eben das, was für ihn erstrebenswert ist. "Trotzdem wird in der Politik dauernd von einer "Einbahn" gesprochen und eine Änderung vorangetrieben. Aber warum soll die Vielfalt mit Gewalt aufgegeben werden? Wo liegt der Vorteil darin, nicht wählen zu können?", kann Sallomon nicht verstehen. Nationalratsabgeordneter Fritz Ofenauer ist ähnlicher Meinung: "Es gibt Kinder, die mit dem Schulalltag in herkömmlichen Klassenverbänden nicht zurechtkommen und individuelle Förderung nach ihren Bedürfnissen brauchen. Das ist am besten in der derzeitigen Form der Sonderschule gewährleistet. Anderseits besuchen auch jetzt schon Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Regelschulen. Mit dem Wegfall der Sonderschule würde auch die Möglichkeit der individuelleren Unterstützung wegfallen, eine Einschränkung dieser Wahlmöglichkeit kann nicht das Ziel sein."
Dinge beim Namen nennen
Dass der Begriff "Sonderschule" oft negativ gebraucht wird und damit immer noch eine sonderbare Konnotation in der Gesellschaft erhält, ärgert Sallomon. "Die Fähigkeit Dinge beim Namen zu nennen, ist offensichtlich verloren gegangen", ist er der Meinung, und auch die Klosterneuburger Stadträtin und Bildungsbeauftragte Maria-Theresia Eder hält die genaue Bezeichnung hier für wenig relevant. Der Sonderschuldirektor sieht sich selbst jedoch nicht nur auf beruflicher Ebene, sonder auch im Kreis seiner Familie mit dem Thema konfrontiert, denn sein Neffe ist in diesem Sinne dauerhaft beeinträchtigt. "Er hat sich in der Sonderschule sehr wohl gefühlt", so Sallomon. Solche Erfahrungen machte aber nicht nur seine Familie. "In Klosterneuburg konnten wir die Eltern früh abholen und sie über alle Möglichkeiten beraten. So haben wir für fast alle die richtige Lösung gefunden. Schon oft haben sich Eltern bei mir bedankt, die vorher gegen die Sonderschule waren, sich dann doch dafür entschieden haben und schlussendlich sehr glücklich über ihre Entscheidung waren", erklärt er.
Klosterneuburger Resolution
Auch in Klosterneuburger ist das Thema aktuell. Eine diesbezügliche Resolution der Koalitionsparteien, die erst in der letzten Gemeinderatssitzung am 30.06.2017 beschlossen wurde, hält der Direktor der Allgemeinen Sonderschule grundsätzlich für den richtigen Weg. "Inklusiver Unterricht soll überall dort gefördert und unterstützt werden, wo es möglich und sinnvoll ist. Es braucht aber darüber hinaus individuelle Förderinstrumente und Lernräume für Kinder und Jugendliche, die nur in Sonderschulen möglich sind", heißt es darin. "In einer guten, modernen Pädagogik braucht es unbedingt beides, die Betreuung besonderer Bedürfnisse aber auch die Förderung besonderer Begabungen, die wesentliche Arbeit der Sonderschulen, als au h einer Inklusion für jene Kinder, für die das von Vorteil ist", ist auch Eder überzeugt. "Kein Mensch ist komplett ideal und makellos, deshalb ist es wichtig auf alle Kinder einzugehen und jene zu fördern die Hilfe bedürfen um ein gewisses Lernniveau zu erreichen, aber auch diejenigen nicht links liegen zu lassen, die bereits ein höheres Niveau haben", ist sie der Meinung. Auch Stadtrat und Vorsitzender des Ausschusses für Soziales und Gesundheit, Stefan Mann ist mit dem Endergebnis der Resolution zufrieden. "Die Sonderschulen leisten hervorragende Arbeit, trotzdem sollte auch die Einbeziehung in Regelschulen gefördert werden", so Mann.
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