Österreichischer Gemeindebund
"Bürgermeister als Krisenmanager tagtäglich gefordert"

Alfred Riedl spricht über die momentane Situation. | Foto: Österreichischer Gemeindebund
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Nach zwei Wochen Notbetrieb zeigt sich: Gemeindeordnungen und Dienstrechte sind nicht krisentauglich, unbürokratische Zusammenarbeit der Behörden gefordert und finanzielle Herausforderungen für Gemeinden steigen. 

BEZIRK TULLN (pa). „Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in allen Gemeinden unseres Landes sind für ihre Bürgerinnen und Bürger verlässliche Krisenmanager, die sich immer um rasche und unbürokratische Lösungen bemühen. Aber gerade jetzt in Krisenzeiten zeigt sich, dass ihnen die Arbeit nicht immer leicht gemacht wird“, erklärt Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl.

Die Bürgermeister kommunizieren und informieren vor Ort die Maßnahmen der Bundesregierung an die Bürgerinnen und Bürger und sind in dieser Situation auch die ersten Ansprechpartner für die Sorgen und Ängste der Bevölkerung. Gemeinden organisieren Einkaufs- und Hilfsdienste für die ältere Bevölkerung, sowie Kinderbetreuungsangebote für die Eltern und kümmern sich weiter um die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge (Wasser, Kanal, Müllabfuhr etc.). Darüber hinaus sind sie als Krisenmanager auch Anlaufstellen für Unternehmen und Mitbürger bei finanziellen Härtefällen. „Kurz gesagt: Die Bürgermeister sind der Fels in der Brandung, wenn es rundherum ungemütlich wird“, so Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. Gerade in dieser Situation ist es etwa unverständlich, dass an die Bürgermeister bisher nicht die Informationen über bestätigte COVID-19-Erkrankte in ihren Gemeinden weitergegeben wurden. „Hier braucht es rasch eine unbürokratische Lösung. Der Austausch der Informationen hilft bei der Organisation von Einsatzorganisationen bis hin zur Versorgung von Personen, die Unterstützung brauchen“, betont Riedl.

Umfrage

Im Zuge einer Umfrage unter den Gemeinden haben sich in den letzten Tagen mehr als 350 Bürgermeister aus ganz Österreich mit Sorgen, Wünschen und Anregungen an den Österreichischen Gemeindebund gewandt. Dabei zeigte sich, dass sich viele um die Finanzen in ihren Gemeinden sorgen. Einnahmen werden weniger durch den Rückgang der Kommunalsteuer und das baldige Sinken der Ertragsanteile, wobei die Ausgaben weiter hoch bleiben (Stichwort: Personalkosten, Umlagen etc.). In dieser Situation ist aber auch ein besonnenes Vorgehen und die Zusammenarbeit der Gemeinden mit den Bundesländern gefragt. „Wir plädieren etwa bei der Kommunalsteuer für Einzelfallentscheidungen, wo Gemeinden bei Härtefällen eine zeitliche Verschiebung oder Stundung veranlassen können“, erläutert Riedl. „Wichtig sei“, so Riedl weiter, „auf die Solidarität der Gemeinden untereinander zu achten, denn wir müssen alle die Gürtel enger schnallen. Aber klar ist auch, die Gemeinden sind die größten regionalen öffentlichen Investoren und nach der Krise sind wir als regionale Konjunkturmotoren gefragt.“

Ein weiteres wichtiges Thema für die Gemeinden sind aktuell dienstrechtliche Fragen. „Hunderte Bürgermeister fragen seit letzter Woche bei uns und den Landesverbänden an, wie sie mit Fortschreiten der Krise ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter beschäftigen können und auch weiter bezahlen können“, so Riedl. Wenn etwa Kinderbetreuungseinrichtungen auf Sparflamme laufen, werden viele Mitarbeiter aktuell nicht benötigt und die Einnahmen durch Elternbeiträge fallen weg. „Wir wollen in dieser Situation eng mit den Personalvertretern an Lösungen in den Bundesländern arbeiten, um nötige dienstrechtliche Anpassungen im Sinne des guten Miteinanders vorzunehmen“, erklärt Riedl.

Maßnahmen

In der Krise zeigt sich auch, dass etwa die Gemeindeordnungen nicht krisenfest sind. In den Bundesländern sind nun eigentlich die Beschlüsse zu den Rechnungsabschlüssen oder anderen Projekten in öffentlichen Sitzungen zu fassen. Derzeit werden aber aufgrund der Corona-Krise keine Gemeinderatssitzungen abgehalten und der Bürgermeister kann nur vereinzelt Maßnahmen vorziehen. Umlaufbeschlüsse und Videokonferenzen für die Gremien der Gemeinden sind derzeit in den meisten Gemeindeordnungen nicht vorgesehen. „Hier braucht es landesgesetzliche Anpassungen, damit wir auch vor Ort handlungs- und beschlussfähig bleiben können“, so Riedl.

Abschließend hält der Gemeindebund-Präsident noch fest, dass sich gerade jetzt in der Krise die seit Jahren vom Gemeindebund geforderte Notwendigkeit eines flächendeckenden Glasfasernetzes zeigt: „Wenn Hundertausende gleichzeitig online aktiv sind, geraten die mobilen Netze an ihre Grenzen. Wir müssen die Erfahrungen der jetzigen Situation endlich ernst nehmen und nach Bewältigung der Krise rasch im ganzen Land Glasfaser ausbauen.“

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