literatur & wein
Literatur & Wein im Stift Göttweig

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Wein und Literatur - eine sehr nette Kombination, die heuer schon zum 21. Mal stattfand. Vier Tage Dichterlesungen, Weinverkostungen und Musik sind die "Zutaten". Es begann am Donnerstag mit einer Eröffnungslesung. Der Freitag startete mit dem bosnischen Dichter Dzevad Karahasan, der in Sarajevo und Graz lebt. Er beschäftigt sich mit der Schönheit des Alters und ist ein, der Freude zugewandter Melancholiker. Seine Erzählungen beruhen auf dem Grundsatz, dass die Gegenwart ein Produkt der Vergangenheit ist.
Die Lesung des Böhmen Jaroslav Rudis gestaltete sich sehr lustig und er wurde zum Publikumsliebling. Bekannt ist er durch die Verfilmung seines Romans "Grand Hotel" geworden. Er schrieb seinen letzten Roman in Deutsch, obwohl seine Muttersprache Tschechisch ist. Das begründete er damit, dass man als Tscheche, der zwei Sprachen spricht Situationen besser versteht. Böhmen war einmal Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und diese Wurzeln seien noch heute zu spüren. So meinte er, dass man, wenn man von Brünn nach Wien fährt, noch heute sage "man fährt in unsere Hauptstadt". Das kam natürlich beim österreichischen Publikum gut an. Rudis las aus seinem neuesten Buch "Winterbergs Reise" in dem ein 99-jähriger mit einem Alkoholiker als Begleiter mit zum Zug durch Europa fährt und von seinen Jugenderinnerungen träumt. Die Reise beginnt in Königgrätz und führt über Wien. Die Eisenbahnliebe des Autors klingt durch die Texte. Auch zu dieser Lesung kam er mit der Bahn aus Mattersburg und fuhr nach Brünn im Zug heim.
Das Programmmuster dieses Events sieht immer 2 Dichterlesungen mit einer Weinpräsentation und anschließender Musikeinlage vor. Dann darf das Publikum im Refektorium Weine verkosten und essen. An einem Abend gibt es immer drei solcher Durchgänge, wodurch ein Dichterlesungstag am Göttweiger Berg um 18 Uhr startet und um Mitternacht endet.
Im zweiten Durchgang las Erich Hackl, der Experte für die literarische Aufarbeitung der Nationalsozialistischen Zeit. Sein Schreiben bewegt sich immer nahe der Schmerzgrenze. An diesem Abend las er aus seinem neuesten Roman „Am Seil“, in dem ein Bergsteiger eine junge Frau mit ihrem Kind versteckt und so durch den Zweiten Weltkrieg bringt. Er wollte nie darüber sprechen und sah sein Engagement, das ihm das Leben hätte kosten können, nie als Heldentat. Hackl gelang es aber über ihn und die beiden jüdischen Frauen zu schreiben. Als die Moderatorin den Dichter fragte, ob er nicht einmal eine Autobiografie schreiben wolle meinte er „Andere Menschen interessieren mich mehr.“
Christina Viragh ist in Budapest geboren, in der Schweiz aufgewachsen und heute in Rom wohnhaft. Seit 1980 lebt sie als Dichterin und Übersetzerin. Sie las aus einem ihrer komplexen Romane.
Der letzte Durchgang des zweiten Tages gehörte dem Fernseh-, Filmemacher und Lyriker David Schalko. Der Niederösterreicher, der oft als Wiener gehandelt wird wurde mit seinem jüngsten Fernsehfilm „M- eine Stadt sucht einen Mörder“ und dem Theaterstück „Toulouse“ bekannt. Als Dichter kann er auf vier Romane verweisen. Dem Publikum las er aus „Schwere Knochen“ vor.
Am dritten Tag übersiedelte der Literatur interessierte Publikumstross nach Krems in die Artothek. Schon am Vormittag wurden 4 Dichter vorgestellt und auch am Nachmittag lasen unter der Moderation des Dichters Christoph W. Bauer vier weitere Dichter Gedichte. Es war nicht sehr viele Leute gekommen, aber der Raum war nicht groß und wirkte daher gefüllt. Parallel gab es eine Veranstaltung, die sich "Literatur & Wandern" nannte, an der mehr Besucher teilnahmen. Der Moderator begann mit einem Gedicht von Gert Jonke, dessen 10. Todestag heuer ist. Zuerst las die Deutsche Kathrin Schmidt kraftvolle Gedichte mit Wortspielen und Metrik. Ihre Gedichte stammten alle aus dem abgelaufenen Jahr, in dem sie nach Eigenangabe sehr melancholisch war. Dementsprechend auch die Dichtungen. Nach ihr dann die serbische Dichterin Sofija Zivkovic, die 2018 Writer in Residence im Literaturhaus Niederösterreich war. Sie las ihre Gedichte in ihrer, der serbischen Sprache. Der Moderator dann die Übersetzung. Die in Wien lebende Südtirolerin Sabine Gruber ist allgemein als Romanschriftstellerin bekannt. Hier zeigte sie sich mit Gedichten. Als Star des Nachmittags wurde Julian Schutting vorgestellt. Auch er ein typischer Romanschriftsteller las aus Gedichten.
Der Abend begann um 18 Uhr im Brunnensaal im Stift Göttweig mit dem Tiroler Musiker und Dichter Hans Platzgumer. Er hatte in den letzten Jahren seinen Schwerpunkt von der Musik zur Literatur verschoben. 2004 hatte er sein Debüt und im Jahr 2019 kann er schon auf 8 Romane verweisen. Der neue und dem Publikum vorgestellte Roman mit dem Titel „Drei Sekunden“ spielt an verschiedenen Schauplätzen: Marseille, New York und Montreal. Platzgumer ist ein außerordentlicher Geschichtenerzähler. Im gelesenen Roman ist der Protagonist ein Findelkind. Die Anregung dazu holte er sich aus Tschechovs „Kirschgarten“. Ihm folgte die Große der österreichischen Literatur: Barbara Frischmuth mit ihrem neusten, erst wenige Wochen alten Roman „Vergossene Milch“. Der Leser folgt in drei Teilen dem Lebensweg eines Kindes, das an einem See nach dem Krieg aufwächst. Vieles erinnert an die heutige Zeit: Asylanten, Flüchtlinge, Besatzungssoldaten und Einheimische leben nebeneinander.
Der Schweizer Schriftsteller Klaus Merz wurde vielfach international schon ausgezeichnet. Mit seinem Roman „Firma“ stellt er eine feine Manufaktur, die Poesie produziert, vor.
Der renommierte Dichter Karl-Markus Gauß lässt mit seinem Roman „Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer“ das Publikum in seine private Lebenswelt schauen. Gauß hat schon viele Bücher über fremde Länder geschrieben. In diesem Roman bleibt er im eigenen Haus in Salzburg und es wurde für ihn die „fremdeste Geschichte“. Dass er Badehauben aus Hotels sammelt brachte das Publikum zu herzhaftem Lachen.
Traurig wurde es, als Natascha Wodin von ihrem Vater las. Sie wurde in Deutschland als Kind von sowjetischen Zwangsarbeitern geboren. Zur Mutter hatte sie ein herzliches und zum Vater nur ein schlechtes Verhältnis. Im Roman erfährt man aber auch als Leser, wie diese Fremdarbeiter in Gettos lebten und nie Deutsche wurden.
Am Sonntag gab es eine Sektmatinée, bei der Barbara Frischmuth und Julian Schutting ein gemeinsames Projekt, eine Broschüre mit dem Thema „Herbst in der Nussschale“ vorstellten. Das kleine Druckwerk wurde dem Publikum mitgegeben. Antonio Fian las in memoriam Werner Kofler.
Soweit der dichterische Teil von „literatur & wein“. Musikalisch sorgten drei Gruppen für Abwechslung:
• Am zweiten Tag Roland Neuwirth mit dem „radio.string.quartet“. Eigentlich wollte Roland Neuwirth schon aufhören, mit diesen, aus der Klassik kommenden Musikern begann er aber ein neues, musikalisches Leben.
• Am dritten Tag war es Ernst Molden mit dem „Frauenorchester“, der bis nach Mitternacht noch musizierte.
• Am letzten Tag, am Sonntagvormittag spielte „Wiener Blond“, das Paar Verena Doublier und Sebastian Radon und trugen dem literaturinteressierten Publikum liebreizende und böse Texte in hochmusikalischer Qualität vor.
Alleine diese drei Bands wären es wert gewesen zum Festival zu fahren.
Winzer aus drei Regionen stellten ihre Weine vor und boten sie in den Pausen zur Verkostung an: das Weinviertel mit seinen 1000 Winzern, das Kamptal und die Domäne Wachau. So lernten die Besucher auch Neues über den Wein generell und die aktuellen Jahrgänge.
Dieses internationale Kulturfestival hatte drei Schwerpunkte – Literatur, Musik und Wein – von dem jeder einzelne auch selbstständig existieren hätte können.

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