Freude bei den Archäologen am Grubgraben in Kammern:
Schloss Gobelsburg verlängert die Erlaubnis zum Graben
KAMMERN/GOBELSBURG (mk) „Michael Moosbruggger, Geschäftsführer des Weinguts Schloss Gobelsburg, hat die Übereinkunft verlängert, dass wir das Grabungsfeld im Weingarten bei Kammern auch in den kommenden Jahren wissenschaftlich nutzen können!“, freut sich Dr. Thomas Einwögerer von Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) „Jetzt können wir das Jagdlager der Menschen aus der Altsteinzeit, das wir dort gefunden haben, weiter erforschen!“ Die beteiligten Wissenschaftler der ÖAW und die Studierenden der Universität Wien sind dem Weingut Gobelsburg umso dankbarer, weil von Jahr zu Jahr deutlicher wurde, dass diese Ausgrabungsstelle weltweit einzigartig ist.
Das Gebiet am heutigen Grubgraben lag in der Altsteinzeit in Kessellage zwischen Heiligenstein und Gaißberg auf einem flachen, leicht abfallenden Sporn, der von zwei großen Entwässerungsgräben aus der Richtung des Heiligensteins gebildet wurde. Dieser Kessel mag für die Menschen damals so etwas wie eine Landmarke gewesen sein, die leicht wiederzufinden war. Dazu bot die Lage einen weiten Blick ins Land und war trockener als die Umgebung, da die Staunässe des auftauenden Permafrostbodens besser abfließen konnte. So entstand hier vor etwa 22.000 Jahren ein Jagdlager der Altsteinzeitmenschen, von dem aus vorrangig Rentiere gejagt wurden. Das Lager wurde offenbar immer wieder besucht und mit der Zeit sogar „komfortabler“ ausgestattet als andere Lager dieser Zeit:
O Es gab vermutlich auch Depots („Caches“) für Fleisch in rundgeschichteten Steinhaufen, in denen die Jagdbeute, die nicht sofort aufgegessen werden konnte, kühl aufbewahrt wurde. Mehrere Steinschichten und viele Knochenfunde zeigen, dass diese Caches in mehreren Phasen genutzt wurden. Am Grubgraben, so Ausgrabungsleiter Dr. Einwögerer, findet sich ein ganzes System diverser Steinbefunde, dessen Ausmaß noch gar nicht bestimmt werden konnte.
O Es gab - völlig ungewöhnlich für diese Zeit - Bodenpflasterungen mit Steinen nahezu im ganzen Lagerbereich. Dies erleichterte womöglich das Begehen, wenn der Frostboden oberflächlich auftaute und der Boden schlammig wurde.
O Es gab sogar Pflasterungen mit besonders flachen Steinen -– womöglich dienten sie als Unterlage für die Trocknung von erbeuteten Fellen. Möglicherweise schützten sie aber auch vor Nässe im Bereich einer Behausung. Dr. Einwögerer: „Das ist einmalig. Sonst finden wir in dieser Zeit keine großflächigen Steinstrukturen.“
O Und - auch das sehr ungewöhnlich - es gab im Grubgraben-Lager Schmuck in großem Ausmaß. „Wir haben unglaublich viel Schmuck gefunden - nahezu sechshundert Stücke aus fossilen Meerestieren, gelochten Tierzähnen und Stein, die an der Kleidung oder an anderen Gegenständen befestigt waren und offenbar im Lager verloren gegangen sind“, berichten die Archäologen.
O Dazu gab es Kreidefeuersteine, die nicht aus dieser Region stammten, sondern aus Vorkommen in Südpolen und Nordmähren. Das deutet allerdings nicht auf einen entwickelten Handel hin, meint Dr. Einwögerer. Die Familienverbände der Steinzeitmenschen zogen über große Gebiete und könnten so auf ihren Wanderungen auch zu diesen Vorkommen gelangen.
Die Archäologen sind gespannt darauf, was sie im Bereich des Grubgrabens noch alles im Boden finden und welche Erkenntnisse sie über das Leben der Menschen vor rund 22.000 Jahren hier in der Region gewinnen werden. Dr. Thomas Einwögerer: „Ein großes Dankeschön an das Weingut Schloss Gobelsburg, das jetzt die weitere Erforschung dieser bedeutenden Fundstelle ermöglicht hat!“
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