Proteste nach nächtlicher Polizeiaktion in Langenlois
Afghanischer Flüchtling in Schubhaft
In der Nacht zum 2. Advent fordern um 21 Uhr sieben Polizisten mit Polizeihund - davon drei der Polizeidirektion Langenlois - Einlass bei den Langenloiser Schulschwestern in Haindorf. Die Aktion ruft Menschenrechtler auf den Plan.
LANGENLOIS. (mk) Sie legen einen Durchsuchungsauftrag vor, aus dem hervorging, dass der afghanische Flüchtling Ziaulrahman Zaland gesucht wird, weil er abgeschoben werden soll. Die Schwestern hatten Zaland seit Jahren im Klausurbereich des Klosters Unterkunft gewährt.
In einem Gedächtnisprotokoll von Charlotte Ennser von der Flüchtlingsinitiative Langenlois, die von den Schulschwestern als Unterstützung herbeigerufen worden war, heißt es etwa:
„Sudern S‘ mi net an!“
„Zaland hatte sich in Panik in den Turnsaal geflüchtet. Gegen 22 Uhr finden die Polizisten den Gesuchten. Nach einem kurzen Zusammenpacken und einer Verabschiedung von den Schwestern wird er mit dem Polizeiauto nach Wien gebracht. (...) Die Langenloiser Polizisten verhalten sich bei der Amtshandlung korrekt und auch menschlich einfühlsam, die auswärtigen Polizisten sind im Tonfall rüde (Zitat: ‚Sudern S‘ mi net an!‘). (…) Das Eindringen der Polizisten in den Klausurbereich eines Klosters und den damit verbundenen Tabubruch betrachten die Schwestern als eine empfindliche Störung ihres persönlichen und religiösen Lebens.“
Integriert und engagiert
Ziaulrahman Zaland ist seit fast drei Jahren Schüler der Fachschule für Sozialberufe, die er im Juni 2020 abschließen wollte. Der Lehrkörper und die Partner bei Schulpraktika stellen ihm beste Zeugnisse aus, sein soziales Engagement sei groß. Auch die Schwestern betonen, dass er hervorragend integriert sei. Sein im Sommer 2020 bevorstehenden Schulabschluss beinhaltet auch die Berufsberechtigung als Betriebswirtschaftskaufmann und ist deshalb mit einer Lehre gleichzusetzen.
Das Leben von Ziaulrahman Zaland ist in Gefahr
Zaland erfährt noch auf der Fahrt nach Wien, das er am kommenden Dienstag um 0 Uhr nach Afghanistan abgeschoben werden soll. Die Mitglieder der Flüchtlingshilfe Langenlois machen sich ebenso wie die Schulschwestern ernste Sorgen um sein Leben: Die Taliban werden ihn verfolgen, weil er zum einen vor seiner Flucht für das afghanische Militär gearbeitet und zum anderen in Österreich in einer katholischen Einrichtung gelebt habe. Die Flüchtlingshilfe: „Wie unter solchen Umständen das Asylansuchen Anfang Dezember negativ beschieden werden konnte, ist nicht zu verstehen!“
Gemeinsam kritisieren der Langenloiser Bürgermeister Harald Leopold, Vizebürgermeister LeopoldGroiß, Stadträtin Brigitte Reiter, Gemeinderätin Anita Stemberger-Chabek, die Schulschwestern und das Team der Flüchtlingshilfe Langenlois den Vorgang und die Vorgangsweise: Es habe den Anschein, als ob knapp vor der Behandlung des Themas „Asylwerber in Ausbildung oder Lehre“ im Nationalrat noch rasch Fakten geschaffen werden sollen, die die abgeschobenen Personen in Lebensgefahr bringen und die alle Ausbildungs-, Schulungs- und Integrationsbemühungen zunichte machen würden.
Von Mitschülern wurde für "Zia", wie der Flüchtling von seinen Freunden und Schulkollegen genannt wird, in Langenlois eine Demo initiiert.
Verzweifelter Appell an den Bundespräsidenten
Die Flüchtlingshilfe Langenlois: „Wir werden uns in einem verzweifelten Appell an Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen wenden, diese als mutwillig empfundenen Abschiebungen noch zu stoppen, wenigstens die parlamentarische Behandlung des Themas abzuwarten und damit den Menschen die Beendigung ihrer Ausbildung zu ermöglichen. Weiters werden wir uns an Innenminister Wolfgang Peschorn, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Christian Konrad sowie an kirchliche Würdenträger wenden."
"Abschiebepraxis eines Rechtsstaates nicht würdig"
Kritik an dem Vorgehen kam am Montag auch von den Initiatoren der Allianz Menschen.Würde.Österreich, Christian Konrad und Ferry Maier: "Die derzeit besonders rigorose Abschiebepraxis ist eines Rechtsstaates nicht würdig - hier wird Zynismus betrieben, der Menschen das Leben kosten kann." Zaland habe die Fachschule für Sozialberufe abgeschlossen und könne damit einer pflegebedürftigen Person und ihrer Familie das Leben erleichtern. Er wäre eine Antwort auf den drastischen Pflegekräfte-Mangel in Österreich, betonten Konrad und Maier. "Wir appellieren an die österreichische Politik, Abschiebungen voll integrierter Menschen vorerst auszusetzen, und gleichzeitig eine vernünftige und langfristige Lösung für Menschen, die Österreich dringend benötigt, auf Schiene zu bringen", sagten die Initiatoren der Allianz Menschen.Würde.Österreich.
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