Protest gegen Abriss-Neubau-Vorhaben in Kremser Altstadt reißt nicht ab
Klima schützen - Altbau nützen!

Rund sechs Monate ist es her, dass die BewohnerInnen sowie Gewerbetreibenden des intakten innerstädtischen Altbauensembles Obere Landstraße/Sparkassengasse/ Spitalgasse von der Eigentümerin SK Immobilien GesmbH informiert worden sind, dass der Abriss ihres Hauses für die Errichtung eines Hotels, hochpreisigen Wohnungen und einer zweistöckigen Tiefgarage mit rund 100 Stellplätzen für den öffentlichen Bedarf bei dem Magistrat der Stadt Krems beantragt worden ist.
Es dauerte nicht lange, dass sich ein breiter Protest mit starkem Rückenwind aus verschiedenen Fachbereichen der Architektur, Baukultur und des Denkmalschutzes hinter der Kremser Lokalgruppe der Klimagerechtigkeitsbewegung Fridays For Future formiert hat.
Für Freitag, 14.5., ist die nächste Aktion geplant.

Das öffentliche Interesse als gemeinsame Entscheidung
An dem Magistrat der Stadt Krems liegt es seither, ob er für den Antrag gemäß §30 Abs. 2 Z 15 des Mietrechtsgesetzes den Bescheid eines öffentlichen Interesses für das Vorhaben ausstellt oder nicht. Auch wenn diese Entscheidung letztlich von der Behörde getroffen wird, kann sie mitwirken und sich dafür aussprechen, dass der Klimaschutz als auch die Wahrung sozialer Vitalität im Prozess der Bearbeitung des Ansuchens der SK Immobilien GesmbH beachtet werden. Das wurde öffentlich bisher nicht gemacht.
“Wer sich jetzt nicht klar und deutlich dagegen ausspricht, trägt die unverantwortlichen Folgen des Vorhabens für unsere Stadt und unsere Zukunft mit”, stellt die Klima-Aktivistin Marlene Nutz von Fridays For Future Krems fest.
Daher hat FFF Krems am Montag, 3.5., Briefe an VertreterInnen jeder Fraktion des Gemeinderates geschickt, um diese um eine Stellungnahme zu ersuchen. Gestern, 11.5., ist die erste Stellungnahme eingelangt. "Wir wollen für Transparenz sorgen und die Stellungnahmen, soweit die Fraktionen dies erlauben, öffentlich zugänglich machen", stellen die AktivistInnen in Aussicht.

Beachtung der Klimarelevanz bleibt bisher aus

Es gibt zwei konkrete Punkte, an denen die Klimarelevanz festgehalten werden kann:
Erstens bedeutet der Abriss und Neubau des Gebäudes einen enormen Verlust und Neuverbrauch an grauer Energie, also jener Energie, Emissionen und Ressourcen, die für die Errichtung des jetzigen Hauses notwendig waren und für die Erbauung des geplanten Gebäudes notwendig sind. Das Argument, dass ein heutzutage bestehendes Gebäude aufgrund von Techniken zur Wärmedämmung energieeffizienter sei, zählt nicht. Denn die so “eingesparte” Energie kann die durch das Abriss-Neubau-Vorgehen verlorengegangene Energie nicht mehr einholen, wie Berechnungen deutlich zeigen. Es gilt: Klima schützen - Bestand nützen! Zu erwähnen ist in diesem konkreten Fall, dass der Altbau aus 1876/1910 mit Dachgeschosswohnungen aus 1998 stets behutsam saniert, Parkettböden, Flügeltüren, Kastenfenster, Kamine im Original erhalten und die Fassade vor etwa fünf Jahren mit einem Vollwärmeschutz ausgestattet wurde.
Um diesen wesentlichen Faktor der Klimarelevanz des Vorhabens in der Bearbeitung des Ansuchens um öffentliches Interesse zu berücksichtigen, fordert Fridays For Future Krems, dass der von der Stadt Krems für den Interessensbescheid beauftragte Gutachter eine Berechnung der Ökobilanz des geplanten Vorhabens durchführt. “Nach den Informationen, die wir bisher bei der zuständigen Magistratsabteilung einholen konnten, hat eine solche Klimabilanz-Rechnung nicht stattgefunden. Das ist ein enormes Versäumnis”, kritisieren die KlimaaktivistInnen.

Zweitens meint die SK Immobilien GesmbH in ihrem Antrag auf Interessensbescheid, dass die vorgesehene Tiefgarage eine “Verbesserung der Parkraumsituation” in Krems bewirke.
Fridays For Future Krems hat beim Amt für Stadt- und Verkehrsplanung genauer nachgefragt: “Wir haben erfahren, dass es keine Parkraumanalyse gibt, die dieses Ergebnis hervorgebracht hätte. Aktuelle Verkehrsplanung bestätigt, dass zukunftsträchtiges Verkehrsmanagement in alternativen Verkehrsmitteln liegt, und sicher nicht im Ausbau des motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt durch die Errichtung einer weiteren Tiefgarage”.

Ausgehend von der fehlenden Klimabilanz-Berechnung und der nicht durchgeführten Parkraumanalyse fragen die jugendlichen KlimaaktivistInnen: “Auf Basis welcher Berechnungen und Studien arbeitet der Gutachter?”. Genau diese Frage haben sie an den Magistrat gestellt. Bis jetzt kam jedoch keine inhaltliche Antwort.

Forderung nach Transparenz kommt von mehreren Seiten
Da das Vorhaben das soziale Zentrum von Krems direkt betrifft, ist höchste Transparenz gefragt. Wir schließen uns daher der im März ausgesprochenen Forderung des ORTE Architekturnetzwerkes Niederösterreich an und verlangen “die Offenlegung des Gutachtens sowie der Machbarkeitsstudie von Architekt Christian Abrihan, welche Basis für die Wettbewerbsauslobung [des eingeladenen Architekturwettbewerbs] sind, das Publikmachen der Auslobung und nach Abschluss des Wettbewerbs die Veröffentlichung des Juryprotokolls sowie aller eingereichten Beiträge”.
“Bis jetzt ist die Stadt Krems dieser Forderung nicht nachgekommen. Im Gegenteil: Der Prozess läuft intransparent ab, auch durch direktes Nachfragen konnten wir bisher nur einen Bruchteil der Informationen einholen, die eigentlich die Öffentlichkeit betreffen”, kritisiert Fridays For Future-Aktivistin Marlene Nutz. Darüber hinaus bleiben nicht nur die Unterlagen des Architekturwettbewerbs, sondern auch jene Dokumente unter Verschluss, auf deren Recherche der Gutachter aus der Raumplanung das Sachverständigengutachten – also die Formulierung des öffentlichen Interesses für den Bescheid – erstellt.
Dieser Intransparenz möchten die Jugendlichen kommenden Freitag entgegenwirken: “Wir werden jene Informationen, die wir einholen konnten, an die Teilnehmenden weitergeben. Außerdem möchten wir etwas zur Klimabildung beitragen: ExpertInnen werden für Fragen zur Verfügung stehen und aufliegende Fachliteratur wird zum Schmökern einladen.”

Bruch mit “Krems 2030” und Versprechen zum Klimaschutz
Das Stadtentwicklungskonzept “Krems 2030” sieht eine Verringerung des motorisierten Individualverkehrs vor. Doch genau das Gegenteil würde eine weitere Tiefgarage im Zentrum von Krems bewirken. “Wenn die Stadt Krems das öffentliche Interesse für das geplante Vorhaben beschließt, dann bricht sie die Ziele, die sie sich selbst gesetzt hat”, bringt es Klimaaktivist Max Nutz auf den Punkt.
Auch das im Juni 2019 unterschriebene Klimaschutzmanifest wurde bisher nicht eingehalten. Dieses sieht u.a. vor, dass alle Beschlüsse des Gemeinderates auf ihre Klimarelevanz geprüft werden und dass jene Vorhaben, die sich positiv auf das Klima auswirken, favorisiert werden.
Da es sich nur auf eigene Beschlüsse bezieht, kann es in der Frage um den Interessensbescheid nicht geltend gemacht werden. “Geltend wäre es jedoch bei den Plänen um das Gelände des Stadtgartenamtes in der Strandbadstraße gewesen - und es wurde ignoriert. Die derzeitige laut Angaben des Bürgermeisters ,vorläufige’ Nutzung als Parkplatz und die Rodung fast aller Hecken und Bäume des Geländes entsprechen ganz sicher nicht den Prinzipien des Klimaschutzmanifestes. Ebenso sieht es mit dem Straßenbauprojekt Kraxenweg aus, für das die Stadtpolitik sich einsetzt.”
Schlussendlich bleibt noch ein Versprechen, das Bürgermeister Dr. Reinhard Resch vergangenen Dezember einer Vertreterin von Fridays For Future Krems im telefonischen Gespräch gegeben hat: Man werde nichts unternehmen, was schädlich für das Klima sei.

Andauernder Widerstand in Aussicht
“Leider hält sich die Stadt Krems bisher nicht konsequent an ihre eigenen Versprechen und Verträge. Daher halten wir es für möglich, dass sie tatsächlich für eine Ausstellung des öffentlichen Interesses entscheiden wird, obwohl das Vorhaben bewiesenermaßen klimaschädlich ist und bestimmt nicht das Gemeinwohl der KremserInnen auf der Agenda hat”, bedauert der Kremser Klimaaktivist Roman Tiefenbacher.
Es ist mit weiterem Widerstand zu rechnen.

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