Geplatzte Trauben, geplatze Träume? Noch gibt es Chancen für den Wein
Faule Trauben brauchen fleißige Winzer - die Summe der Maßnahmen führt zum Erfolg, verrät Experte Erhard Kührer
REGION. Wenn 14 Tage Regenwetter bei Menschen trübe Gesichter hervorrufen, was tun 19 Tage Regenwetter dann wohl mit dem heurigen Wein? Wo die Trauben doch Tag und Nacht - und das für viele Wochen- im Freien hängen. "Fäulnis ist heuer das große Thema", bestätigt Rebschutzdienst-Experte Erhard Kührer. Genauer: Der Befall mit Botrytis-Graufäule ist es, die den Weinhauern nun Lawinen von Arbeitsstunden abverlangt, sofern sie ihren Ertrag retten wollen.
Was kann der Winzer jetzt tun?
Ganz oben auf der To-do-Liste des Weinbauern steht genau jetzt die Negativlese, wie Erhard Kührer erklärt: "Kranke Trauben werden jetzt geerntet, gesunde bleiben am Rebstock. So werden Krankheitsherde entfernt." Die verbleibenden Trauben würden dadurch besser durchlüftet, seien daher weniger anfällig für Fäulnis und können bei idealer Witterung zügig reifen.
Welche Witterung will der Wein?
"Wir brauchen in den nächsten Wochen eine stabile, trockene, sonnige Witterung mit Luftbewegung", weiß der Experte, "einen Altweiber-Sommer oder goldenen Herbst!"
Auf jeden Fall sollten Winzer ihre Rieden sehr gut im Auge behalten, eine Vorlese durchführen, Beere für Beere sehr genau selektieren und beim endgültigen Lesen schlagkräftig eingreifen. Das heißt, mit einer ganzen Armee von Lesehelfern die guten ins Töpfchen, die schlechten aus dem Köpfchen (Anm. der Redaktion).
Dieser Jahrgang hatte eine gute Kinderstube aber eine schwere Jugend
Weil das Frühjahr bis in den Sommerbeginn hinein trocken war, entwickelte sich die Blüte früh und günstig. Ein guter Traubenansatz versprach, sich zu gesundem Traubenmaterial zu entwickeln und früh geerntet werden zu können.
"Die Wende brachte der August, wo es die doppelte Niederschlagsmenge als im Durchschnitt gsb", erklärt Kührer, "wir hatten eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit von 81 Prozent, wenig Sonnenscheinstunden, dafür Bewölkung."
Hagelereignisse am 9. August im Kremstal und am 31. August im Weinviertel versetzten den jungen Früchtchen den nächsten Schock. Das alles warf die Trauben in ihrer Reifeentwicklung ganz schön zurück, sorgte für Verletzungen der Beerenhaut und legte die Rutsche für den Echten Mehltau wie auch Botrytis.
Schon im Vorfeld gut für die Trauben sorgen. Ganz nach dem Motto "Weniger ist mehr"
"Die Winzer, die im Vorfeld gut gearbeitet haben, haben jetzt weniger Probleme", wirft Dieter Faltl, der Direktor der Weinbauschule Krems ein. Doch- was bedeutet "gut gearbeitet"?
"Eine frühe Laubarbeit nach der Blüte hilft, die Beerenhaut abzuhärten und schützt in weiterer Folge vor Mehltau", klärt Kührer auf, der diese Technik durch wissenschaftliche Arbeit ständig weiter entwickelt. Der zu hohe Traubenansatz sollte auch schon rechtzeitig ausgedünnt werden, so bleibt für die restlichen mehr Energie.
Eine ganz essentielle Maßnahme sei die Auflockerung der Traubendichte, die mit 40 bis 60 Arbeitskraftstunden pro Hektar zwar sehr arbeitsintensiv, aber den wohl besten Schutz gegen das gegenseitige Anfaulen bietet. Erhard Kührer zeigt im Rohrendorfer Forschungs-Weingarten der Schule verschiedenste Varianten des Ausdünnens. An Zweigelt-Trauben, die besonders dicht sind, demonstriert der die, schon länger gebräuchliche Technik des horizontalen Teilens der Traube. Heuer wurde an der Weinbauschule auch das vertikale Teilen erprobt. Mit Erfolg, denn die Früchte blieben größtenteils von der Fäule verschont. "Wird die Traube nass, kann das Wasser leicht abtropfen", nennt Kührer einen der Vorteile des Teilens.
Wie wird das Produkt?
"Die selektive Lese ist Handarbeit und der Aufwand ist sehr hoch", empfiehlt Erhard Kührer nun eine Lese auf Etappen, "viele Anlagen haben bereits die nötige Reife für Qualitätswein erreicht. Und wenn das Wetter nun drei Wochen durchhält, dann wird es ein tolles Produkt."
Den Fernsehbeitrag zu diesem Thema finden Sie auf
www.tvw4.at
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.