Interview
ARBÖ-Präsident: "Nicht alles auf E-Mobilität setzen"

Helmut Glantschnig ist Präsident des ARBÖ Tirols. Als solcher plädiert er dafür, dass nicht nur auf E-Mobilität, sondern auch auf E-Fuels gesetzt werden sollen. | Foto: Christoph Klausner
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  • Helmut Glantschnig ist Präsident des ARBÖ Tirols. Als solcher plädiert er dafür, dass nicht nur auf E-Mobilität, sondern auch auf E-Fuels gesetzt werden sollen.
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Helmut Glantschnig, Präsident des ARBÖ-Tirol, spricht über CO2-Einsparungen, nachhaltige Mobilität und andere Herausforderungen. 

BEZIRK KUFSTEIN. Der ARBÖ Wörgl hat mit den Bauarbeiten eines neuen Prüfzentrums an der Salzburger Straße begonnen. Der Umzug ist Anfang 2023 geplant. Vor Kurzem erfolgte dort auch der offizielle Spatenstich. Im Rahmen dieser Veranstaltung nahm sich Helmut Glantschnig, Präsident des ARBÖ Tirol, Zeit für die Fragen der RegionalMedien Tirol.

RegionalMedien: Die Spritpreise sind in den letzten Wochen durch die Decke gegangen. Was ist Ihrer Meinung nach am Sinnvollsten, um das Preisniveau wieder zu senken? 
Helmut Glantschnig: Es gibt verschiedene Konzepte und Ansätze seitens der Politik. Ich finde zum Beispiel die Mehrwertssteuersenkung nicht sinnvoll. Das betrifft nämlich alle Autofahrer gleich, auch jene, für die die Spritpreiserhöhung nicht wirklich problematisch ist. Man müsste mehr über die Pendlerpauschale oder ähnlichen Methoden agieren, damit die Preissenkung wirklich treffsicher ankommt. Beisatz: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Vor Kurzem war man bei 2 Euro pro Liter, jetzt ist man bei 1,80 Euro pro Liter angelangt. Und mir kommt vor, dass sich jetzt schon viele daran gewöhnt haben.

Muss nicht einfach mehr auf das Auto verzichtet werden?
Das Auto ist weiterhin DAS Verkehrsmittel am Land. Man kann das Auto aber ein bisschen gezielter einsetzen. Nicht jeder Weg muss nämlich mit dem Auto zurückgelegt werden, da ist mit Sicherheit noch Einsparungspotential vorhanden - auch bei mir. Ab und zu bewusst auf das Rad zu steigen oder manche Termine zu bündeln, würde also ebenfalls zu Spriteinsparungen führen. 

Auch beim Radverkehr sieht Helmut Glantschnig in ganz Österreich Aufholbedarf. | Foto: Christoph Klausner
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Und Preisdeckelungen?
Das hat beispielsweise Slowenien probiert. Mittlerweile haben sie es aber schon wieder aufgegeben, da solche Maßnahmen zu einem knappen Angebot führen. Da setzen sich die Konzerne dann auf eine andere Weise durch. Den Markt muss man hier vermutlich spielen lassen.

Wo sehen sie das Preisniveau in nächster Zeit?
Billiger wird's vermutlich nicht mehr, aber wenn es so bleibt, dann werden wir das überstehen. 

Wie stehen die Chancen, dass die Menschen mehr auf das Rad steigen?
Ich denke, dass jeder Mensch das Rad mehr miteinbeziehen sollte. Viele laden das Rad ins Auto und fahren dann irgendwohin, von wo aus sie dann losstarten. Fährt man aber auch die Alltagswege mit dem Rad, dann hat man gleichzeitig auch schon ein bisschen trainiert. Es gibt viele kleine Hebel, wo jeder für sich ansetzen könnte.

Wie finden Sie die Radinfrastruktur in Tirol? Gibt es hier Aufholbedarf?
Nicht nur in Tirol, sondern in ganz Österreich besteht Aufholbedarf. Es gibt noch zu viel Konfliktpotential zwischen Radfahrern und Autofahrern. Vor allem die Radfahrmöglichkeiten gehören ausgebaut und auch sicherer gemacht. Auch der Autofahrer hat dadurch einen Vorteil, weil weniger Konfliktpotential und Unfallgefahr entsteht. Und das kommt auch den Autofahrern zugute, weil diese bei einem Unfall oftmals vorschnell beschuldigt werden. Aktionen wie "Tirol radelt" kann ich ebenfalls nur unterstützen. Das ist gescheit, nachhaltig und wird die Mobilität fördern.

Die CO2-Bepreisung soll im Juli kommen. Was sagen Sie dazu? 
Wenn man die Grundidee der CO2-Bepreisung berücksichtigt, dann muss sie bleiben. Wir müssen wirklich wegkommen von den fossilen Brennstoffen. In dieser Hinsicht passt mir allerdings nicht, dass alles auf E-Mobilität gesetzt wird, obwohl man weiß, dass dies ebenfalls problembehaftet ist. Das fängt an beim Abbau der seltenen Erden, wo sehr viel Umweltfrevel betrieben wird. Auch die Arbeitsbedingungen der Arbeiter sind oft katastrophal. Und gleichzeitig begeben wir uns wieder in Abhängigkeit von einigen Staaten. Meiner Meinung nach müssen auch E-Fuels stärker mitgedacht werden - aber mir scheint, dass man diesbezüglich noch nicht soweit ist. Wenn man zudem mit Technikern redet, dann sagen die einem auch, dass bei der Optimierung von Verbrennern ebenfalls noch viel möglich sei. 

Ich finde, man sollte...

Sind der Ukraine-Krieg und die steigenden Spritpreise nun ein Beschleuniger für die E-Mobilität? 
Die E-Autos sind nicht die Billigsten. Aber auch sonst gibt es noch Hindernisse, z. B. die Entsorgung der Batterien. Das kommt mir ein bisschen vor wie bei den Atomkraftwerken. Einfach mal Einlagern und dann schauen wir mal. Und auch die Ladeinfrastruktur hinkt hinterher. Ein Hausbesitzer kann sich vielleicht noch eine Photovoltaik leisten und dann völlig grün laden. Doch wieviele können das tatsächlich? E-Mobilität ist schon auch noch etwas unausgegoren. 

Wo sehen Sie weiteres Potential für CO2-Einsparungen beim Verkehr?
Wichtig ist, dass beim "Pickerl" machen die Abgastests ganz genau durchgeführt werden. Dann kommen die "alten Stinker" nach und nach weg. 2035, wenn keine Neuzulassungen von Verbrennern mehr möglich sind, dann sollten auch diese "alten Stinker" nicht mehr weiterfahren dürfen. Auch bei den Altbeständen muss man aufpassen. Wenn man Berichte hört, dass zigtausend Autos nach Afrika transportiert werden und dann dort weiterbenützt werden, dann ist das fatal fürs Klima. Es macht nämlich keinen Unterschied, wo das CO2 ausgestoßen wird. 

Braucht es also einen gemeinsamen, globalen Kraftakt?
Ja, absolut. Ich war vor ein paar Jahren in Indien. Wenn man das sieht, welcher Smog dort herrscht, dann ist das hier in der Inntalfurche mehr oder weniger ein El Dorado. Allerdings darf man so nicht denken. Es muss sich jeder selbst an der Nase nehmen und seine Hausaufgaben machen. 

Gibt es auch beim Transit noch Einsparungspotential?
Auf jeden Fall. Wenn man die vielen LKW sieht, die Dinge hin- und herfahren, dann muss man auch den Förderungskreislauf der EU überdenken. Es gibt viele Hebel. Nicht nur beim Autofahrer. Dagegen wehre ich mich übrigens vehement, dass immer der Autofahrer der Sündenbock ist, dass man fast schon ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn man ins Auto steigt. Das finde ich nicht gut.

Wie reagiert der ARBÖ auf den Mobilitätswandel?
Techniker werden ausgebildet bzw. umgeschult, damit sie auch mit E-Mobilität zurechtkommen. Ansonsten diskutieren wir derzeit ebenfalls viel über Maßnahmen. Zum Beispiel denken wir auch an Car-Sharing-Projekten in Wien. In Wien braucht man nämlich wirklich nicht immer ein Auto. Außerdem planen wir auch eine stärkere Verknüpfung mit den Öffis.

Haben Sie noch drei Ratschläge für Autofahrer?

  1. Ich bin der Meinung, dass das Auto am Land einfach gebraucht wird. Aber ein bewusster Umgang wäre wichtig.
  2. Nimm das Rad, wenn möglich.
  3. Auch die Fahrweise führt zu Einsparungen. Wenn ich ruckartig fahre, dann brauche ich halt mehr. 

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