Asfinag
Bericht zieht dauerhafte Mautbefreiung bei Kufstein in Zweifel

Die Mautbefreiung bis Kufstein-Süd trat mit 15. Dezember 2019 in Kraft. Ein nun vorliegender Bericht der Asfinag zweifelt nun aber die Tragweite der erhofften positiven Auswirkungen durch die Vignettenbefreiung an.  (Symbolfoto) | Foto: Noggler/BB Archiv
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  • Die Mautbefreiung bis Kufstein-Süd trat mit 15. Dezember 2019 in Kraft. Ein nun vorliegender Bericht der Asfinag zweifelt nun aber die Tragweite der erhofften positiven Auswirkungen durch die Vignettenbefreiung an. (Symbolfoto)
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Asfinag legt Studie zu Vignettenfreiheit auf A12 bei Kufstein vor. Bis zu knapp 37 Prozent weniger Verkehr am Landesstraßennetz und einigerorts höhere Verkehrsströme wegen mehr Urlaubern. Studie sieht Zweck der Mautbefreiung jedoch nicht erreicht. Beurteilung aber wegen coronabedingt veränderter Verkehrslage ab März 2020 problematisch. 

KUFSTEIN (bfl). Groß war die Freude im Bezirk über die im Parlament beschlossene Mautfreiheit für die A12 bei Kufstein noch im November 2019. Mit 15. Dezember 2019 wurde der Abschnitt an der A12 Inntalautobahn bei Kufstein von der Vignettenpflicht befreit. Das Blatt könnte sich nun aber wenden. Denn die Asfinag hat nach der Befreiung eine Evaluierung der Auswirkungen der Vignettenbefreiung auf Verkehr und Umwelt in Auftrag gegeben. Diese liegt nun vor und verheißt für Kufstein nichts Gutes. Denn wenn es nach dem Ergebnis dieser geht, würde die Mautbefreiung hinsichtlich des Verkehrs keine so große Rolle spielen, wie vielleicht anfangs angenommen oder von Kufsteinern erhofft. 

Vergleich mit Jänner und Februar sowie Befragung

Seit der Einführung der Mautbefreiung von Kufstein-Süd bis zur Staatsgrenze auf der A12 hat man für den Bericht Werte mit den Vorjahren verglichen. Was den Wissenschaftern bei der Erstellung des Gutachtens übel mitspielte, war die Coronapandemie, denn seit März 2020 sind die Verkehrsdaten nicht mehr typisch bzw. "normal". Konzentriert hat man sich deswegen bei der Auswertung des Verkehrs auf die Monate Jänner und Februar 2020. Darüber hinaus wurden Lenker im sommerlichen Urlaubsverkehr 2020 befragt.

Fazit: keine dauerhafte Vignettenbefreiung

Das Fazit, zu dem man im Bericht kommt, ist ernüchternd: Eine dauerhafte Mautbefreiung sei nicht begründet. Vielmehr sei der Zweck – weniger Ausweichverkehr und weniger Lärm- sowie Luftbelastung – nicht erreicht worden. 

"Insgesamt zeigen die nach Einführung der Vignettenbefreiung verfügbaren Daten (Zählungen, Befragungen) zwar gewisse Verlagerungsphänomene, die nach unserer Auffassung allerdings eine dauerhafte Vignettenbefreiung nicht begründen können: denn die Änderungen des Verkehrsaufkommens, der Schadstoff- und Lärmbelastung können kausal nicht ausreichend auf die Vignettenbefreiung zurückgeführt werden. Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Vignettenbefreiung (Verhinderung „beinahe durchgehend stattfindender Ausweichverkehre auf nicht mautpflichtigen autobahnnahen Straßen, die regelmäßig eine unzumutbare Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zur Folge haben und zu einer unzumutbaren verkehrsbedingten Lärmbelästigung und einer unzumutbaren verkehrsbedingten Luftverschmutzung führen“) konnte somit nicht erreicht werden",

heißt es dazu konkret im vorgelegten Bericht.
Die Asfinag rechnet darüber hinaus in Folge der Vignettenbefreiung (in den drei Autobahnabschnitten mit Mautbefreiung: Kufstein, Rheintal/Walgau sowie in Salzburg) insgesamt mit Mindereinnahmen für 2020 von mindestens 14,1 Millionen Euro brutto.

So sahen einige Straßen an Samstagen in und rund um Kufstein vor der Mautbefreiung aus: Lange Wartezeiten auf der Inntalautobahn und Blechkolonnen auf den Ausweichstrecken. Das zeigt dieses Archivbild vom Jänner 2017.  | Foto: Noggler/BB Archiv
  • So sahen einige Straßen an Samstagen in und rund um Kufstein vor der Mautbefreiung aus: Lange Wartezeiten auf der Inntalautobahn und Blechkolonnen auf den Ausweichstrecken. Das zeigt dieses Archivbild vom Jänner 2017.
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Weniger Autos auf B171, mehr Verkehr auf A12

Eine der Kernerkenntnisse im Bericht ist auch, dass die Vignettenbefreiung hauptsächlich Auswirkungen auf den touristischen Verkehr hat und vor allem an Samstagen und Sonntagen bzw. Freitagen spürbar ist. In Grenznähe verlagerten sich zudem die Verkehrsströme vom Landesstraßennetz auf die Autobahnen. Das brachte etwas weniger Verkehr auf der B171 nördlich von Kufstein. Für diese Verlagerung sind laut dem Asfinag-Gutachten neben der Vignettenbefreiung aber auch noch Verkehrsbeschränkungen auf den niederrangigen Straßen verantwortlich. In Kufstein wurden ja seit 2019 am Wochenende (Dezember 2019 – April 2020 während des Untersuchungszeitraumes) solche Maßnahmen gesetzt.
Konkret gab es auf der B171 an Samstagen im Querschnitt 2.700 Pkw pro 24 Stunden. Das sind um zwanzig Prozent weniger, wenn man die Zahlen mit durchschnittlichen Verkehrsstärken aus den Jahren 2017 bis 2019 vergleicht. An Sonntagen waren es sogar 4.200 Pkw/24h, was im Vergleich 36,7 Prozent weniger entspricht. 1.000 Pkw/24h bis 2.000 Pkw/24h  wurden an den übrigen Werktagen gezählt (-11,2 bis -22,4 Prozent).
Gestiegen ist das Verkehrsaufkommen auf der A12 im vignettenbefreiten Abschnitt im Jahr 2020. An Samstagen und Sonntagen waren es um 6.000 bis 7.000 Pkw pro 24 Stunden mehr (+12,1 bis +14,1 Prozent) gegenüber der Jahre 2017 bis 2019.

Mehr Verkehr in Kirchbichl

Umgekehrt gibt es laut Bericht keinen bzw. kaum Verkehr, der sich von der A 12 auf Landesstraßen verlagert hat. Eine Ausnahme stellt die B171 in Kirchbichl dar. Dort hat der Verkehr im Jahr 2020 zugenommen, allerdings nach Reduktionen im Jahr 2018. Das Niveau von 2020 liege demnach in Kirchbichl auf jenem im Jahr 2017. Die Sperre der L211 Unterinntalstraße an Wochenenden verlagert laut dem nun vorliegenden Bericht Verkehre auf die B171 und die A12.

Mehr Verkehr, aber nicht wegen Vignettenbefreiung

Vergleicht man den Jänner und Februar 2020 mit den Jahren 2017 bis 2019, dann hat es auf der Route über St. Johann in Tirol, Walchsee und Niederndorf nach Deutschland bzw. über Kössen beim Verkehr keine großen Unterschiede gegeben.
Im Bericht kommt man somit zum Schluss, dass Verkehrszunahmen auf der B173 (Zählstelle Schwoich) und auf der B178 (Zählstellen Bocking und Wörgl-Bruckhäusl) kein verlagerter Verkehr durch die Vignettenbefreiung sind. Die Verkehrszunahmen führt man auf größere Urlauberströme an Samstagen – unabhängig von der Vignettenbefreiung – zurück.

"Es braucht verschiedene Maßnahmen, man kann aber nicht eine gelungene Maßnahme zurückziehen. Dann würden wir ja immer wieder von vorne anfangen", sagt Kufsteins Bgm.  Martin Krumschnabel.  | Foto: Barbara Fluckinger/BB Archiv
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Das sagt Kufsteins Bürgermeister dazu

Kufsteins Bürgermeister Martin Krumschnabel will im nächsten Gemeinderat bereits eine Resolution gegen eine Aufhebung der Mautbefreiung einbringen – und zwar, "weil ich nicht verstehen würde, dass man diese Ausnahme wieder aufhebt", sagt Krumschnabel gegenüber den BEZIRKSBLÄTTERN.
Rückgänge zwischen 20 und 37 Prozent seien aus seiner Sicht ein großer Erfolg und man stehe ja hier erst am Anfang. "Es braucht verschiedene Maßnahmen, man kann aber nicht eine gelungene Maßnahme zurückziehen. Dann würden wir ja immer wieder von vorne anfangen", sagt Krumschnabel. Er hoffe hier auch stark auf die Unterstützung des Landeshauptmannes, wie schon beim letzten Mal. Der Bürgermeister weist zudem darauf hin, dass die Stadt im Ortsteil Zell einen neuen Kreisverkehr plant, während Langkampfen vielleicht eine Autobahn-Abfahrt bekommt und in Zell eine Spange über die Ladestraße geplant wird. Deswegen brauche es am Ende all diese Maßnahmen, damit die Verkehrssituation besser werde. "Wir werden hier sicherlich massiv Widerstand leisten, damit die Bevölkerung bestmöglich geschützt wird", sagt Krumschnabel.

Das sagen Niederndorf und Ebbs

Auch Christian Ritzer, Bürgermeister Gemeinde Niederndorf, will sich mit aller Vehemenz für die Beibehaltung der jetzigen Regelung einsetzen: 

"Grundsätzlich kann ich einer einseitigen Evaluierung eines Nationalratsbeschlusses in dieser für die Bevölkerung so wichtigen Angelegenheit nichts abgewinnen. Die angeführten Zahlen sind wie berichtet ebenso wenig relevant, weil eben weitreichende Ausgangsbeschränkungen in diesen Zeitraum fallen. Zahlenwerke sind statistisch interessant, nehmen aber kaum Rücksicht auf die Behinderung von Rettungs- und Einsatzfahrzeugen auf dem niederrangigen Straßennetz",

so Ritzer. 
In die gleiche Kerbe schlägt auch Josef Ritzer, Bürgermeister der Gemeinde Ebbs: "Dass eine Mautbefreiung keine Mehreinnahmen bringt, war immer bekannt und wurde auch nie behauptet. Das aber auch die Entlastung der Bevölkerung von Verkehr und damit auch von Lärm, Schadstoffen und der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit einen Wert hat und dringend notwendig ist, kann wohl auch niemand bestreiten. Diese Mautbefreiung muss dauerhaft bleiben, dementsprechend rechtlich abgesichert werden und dafür werden wir für unsere Bürger kämpfen", sagt Ritzer. 
Für Sebastian Kolland, VP-Bundesrat und Ebbser Vizebürgermeister, stellt das kritische Resümee der Asfinag keine Überraschung dar. Für ihn belegen die erhobenen Zahlen aber klar die Wirksamkeit der Befreiung. „Die Asfinag hat sich als Autobahnbetreiber von Anfang an mit Händen und Füßen gegen die Mautbefreiung gewehrt. Da stehen vor allem die Einnahmen im Mittelpunkt, nicht die Belastung der Menschen“, sagt Kolland. Dabei würde sogar im Asfinag-Gutachten bestätigt, dass die Maßnahme eine deutliche Verkehrsentlastung gebracht habe. „Bis zu 37 Prozent oder 4.200 PKW Verkehrsentlastung an Sonntagen ist keine Kleinigkeit, sondern mehr als ein Erfolg", so Kolland. Das negative Urteil des Gutachtens sei für ihn deshalb inhaltlich nicht nachvollziehbar.

Ranzmaier fordert Bewerbung der Mautfreiheit

„Diese nicht repräsentative und völlig unseriöse Wasserstandsmeldung aus der Ecke von Asfinag bzw. Verkehrsministerium verwundert nicht weiter“, kommentiert indes der Kufsteiner FPÖ-Stadtparteiobmann LA Christofer Ranzmaier die Zahlen aus der Evaluierungsstudie. „Jeder, der sich intensiv mit der Materie befasst hat, weiß genau, dass von Anfang an die größten Gegner dieser Problemlösung für die Bewohner der Unteren Schranne in Asfinag und der Beamtenschaft des Verkehrsministeriums zu finden waren“, so Ranzmaier weiter, der dem Verkehrsministerium gleichzeitig eine "äußerst halbherzige Umsetzung" des Nationalratsbeschlusses aus dem November 2019 unterstellt. Im Vergleich zu den "soften" Maßnahmen, die von Bund, Land und Asfinag in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, seien die von der Asfinag präsentierten Zahlen jedoch schon ein wahrer Erfolg – "insbesondere wenn man bedenkt, dass die Bewerbung der Vignettenfreiheit bis Kufstein Süd entlang der deutschen Autobahn nach wie vor nicht gegeben ist“, so Ranzmaier. Er forderte "endlich" Taten der zuständigen grünen Regierungspolitiker in Bund und Land zur Bewerbung der Mautfreiheit.

Brachte die Mautbefreiung bei Kufstein-Süd für Sie persönlich eine spürbare Entlastung?

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