Geschichte
"Kundler Kanon" vor Neuwirt Abriss dem Heimatverein übergeben

Walter Lechner beim Verladen der "Kundler Kanon".
 | Foto: WLOTT
9Bilder
  • Walter Lechner beim Verladen der "Kundler Kanon".
  • Foto: WLOTT
  • hochgeladen von Magdalena Gredler

Mit dem baldigen Abriss des Kundler Neuwirts geht eine über 400 Jahre alte Ära zu Ende. Die dort links vom Eingangstor einbetonierte "Kundler Kanon" wurde dem Heimatverein übergeben. 

KUNDL (flo). Wer kennt die ältesten drei Kundler Gasthäuser Postwirt, Neuwirt und Auerwirt nicht die entlang der Biochemiestraße nebeneinander stehen. Bedauerlicherweise sind die Tore von allen geschlossen, denn der Postwirt sperrte bereits vor 21 Jahren zu und der Auerwirt vor knapp sechs Jahren. Auch der Betrieb vom Neuwirt ging mit dem Aus der NW-Bar am ersten August Wochenende des heurigen Jahres endgültig zu Ende. Während die prächtigen Fassaden vom Postwirt und Auerwirt dem Denkmalschutz unterliegen ist dies beim mehr als 400 Jahre alten Neuwirt nicht der Fall. Anfang des heurigen Jahres wurde der Neuwirt schließlich vom angrenzenden Kundler Traktorenwerk Lindner erworben, welche das alte Gebäude bald abreißen werden, um Platz für ein neues Betriebsgebäude und einen Parkplatz zu schaffen.

Für die Nachwelt erhalten

Früher wurde der Neuwirt oft auch schmunzelnd "Das Gasthaus mit der Kanon" genannt, war doch die sogenannte "Kundler Kanon" links vom Eingangstor einbetoniert. Glücklicherweise stimmten sowohl die ehemaligen Besitzer als auch die Firma Lindner zu, dem Kundler Heimatverein das 106 Jahre alte geschichtsträchtige Relikt aus dem ersten Weltkrieg zu überlassen. Unter mühsamer Arbeit wurde es schließlich am Mittwoch, dem 26. August von Mitgliedern des Heimatvereins und mit Hilfe eines Traktors ins nahe gelegene Vereinslokal gebracht um es für die Nachwelt zu erhalten.

Geschichte der "Kundler Kanon"

Bei der "Kundler Kanon" handelt es sich laut dem renommierten Tiroler Militärhistoriker Hans-Peter Haberditz aus Jenbach, um ein italienisches Geschoss aus dem Rohr eines 30,5 Zentimeter Mörsers aus dem Jahre 1914 das eine Reichweite von 14 bis 16 Kilometern hatte. Laut historischen Aufzeichnungen krachte der 118 Zentimeter lange und 300 Kilo schweren Blindgänger der in der Nacht vom 24. auf den 25. August 1915 in die Stellung der Kundler Standschützen im trentinischen Valsugana Tal wobei er glücklicherweise nicht detonierte und dadurch viele Leben verschonte. Der damalige Kundler Standschützen Hauptmann und Leonhard Edenstrasser, der Besitzer des Neuwirts war, beschloss daraufhin eigenmächtig das Geschoss nachdem es sofort entladen wurde per Bahn als Kriegsandenken nach Kundl zu schicken und es später vor seinem Gasthof aufzustellen. Dafür kassierte er allerdings eine heftige Rüge von seinem Vorgesetzten, da es aus militärischer Sicht disziplinwidrig war dies ohne vorherige Absprache mit der Obrigkeit zu entscheiden. Aufgrund dieses Vorfalls erging zu jener Zeit sogar ein militärischer Befehl an alle Soldaten der besagte "Dass Blindgänger nicht angerührt oder gar aufgehoben werden dürfen und dass der Fundort solcher Geschosse sofort markiert und gemeldet werden muss". 

1975 neu aufpoliert 

Von 1918 bis 1945 war die "Kundler Kanon" schließlich auf einem Sockel mit zwei Eisen auf der linken Seite vom Eingang des Neuwirts befestigt. Als jedoch am Ende des zweiten Weltkriegs die Amerikaner, welche stets auf der Suche nach solchen Souvenirs waren einmarschierten, montierte ihn Edenstrassers Sohn Hans, welcher zu jener Zeit im Besitz des Neuwirts war, ab und versteckte ihn in der hintersten Scheune unter vielen weiteren Stücken. Erst im Jahre 1975 wurde der alte "Torwächter" neu aufpoliert und wieder vor dem Kundler Neuwirt aufgestellt und war stets eine Attraktion für die vielen Besucher des beliebten Gasthofs. Nun steht er, wie viele weitere sehenswerte Relikte vom Dachboden des Neuwirts, im Vereinslokal des Kundler Heimatvereins. Jeden Freitag kann man den Blindgänger dort von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr besichtigen. 

Weitere Infos zum Thema Kundl finden Sie hier. 

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.