Nach Flut
Kufsteiner Politiker greifen Debatte um Hochwasserschutz auf

Der Hochwasserschutz in Kufstein und ein bereits 2019 präsentierter Gefahrenzonenplan zu den drei übergelaufenen Bächen sind aktuell ein Thema in der Stadt.  | Foto: BFV-SZ
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  • Der Hochwasserschutz in Kufstein und ein bereits 2019 präsentierter Gefahrenzonenplan zu den drei übergelaufenen Bächen sind aktuell ein Thema in der Stadt.
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Hochwasserschutz in der Festungsstadt wird nach Überflutung zum Thema. FPÖ fordert Aufklärung zu "liegengebliebenem" Gefahrenzonenplan, Grüne wollen "ehrliche Debatte". 

KUFSTEIN. Die Wassermassen sind aus der Stadt verschwunden, die Straßen der Innenstadt gerade einmal wieder für den Verkehr freigegeben. Viele Betroffene sind noch immer mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Was nun in Kufstein folgt, ist eine Diskussion rund um Verantwortung sowie der Umsetzung von Hochwasserschutzprojekten in der Festungsstadt.
Bereits 2017 ging es im Gemeinderat um einen Gefahrenzonenplan für den Inn und die Weißache. Auch im Februar 2019 legten Experten des Fachbereichs Wasserbau dem Gemeinderat einen ersten Entwurf zum Gefahrenzonenplan für Kufstein vor – damals mit Augenmerk auf die drei Stadtbäche Kienbach, Kreuzbach und Mitterndorfer Bach. Dieser ist Voraussetzung für die Umsetzung von Maßnahmen und den Erhalt von Förderungen zugleich. Wer diesen Gefahrenzonenplan mit den Augen von heute betrachtet, wird beinahe eine Art Drehbuch dafür vorfinden, was sich am 17. und 18. Juli in der Stadt zugetragen hat. 

Gefahr durch Stadtbäche länger ein Thema 

Die drei Stadtbäche  wurden schon 2019 mit Argusaugen beobachtet. Die Bäche fließen vom Kufsteiner Stadtberg zwischen Weißache und Kaiserbach durch die Festungsstadt und in den Inn. Sie sind seit Jahrzehnten beinahe komplett verbaut und kanalisiert. Als großes "Sorgenkind" galt bereits 2019 der Kienbach. Bei Verklausungen – also Verschlüssen wie beispielsweise durch angeschwemmtes Totholz – rechnete man schon vor drei Jahren mit einer weitreichenden Überschwemmungsgefahr. Deswegen wurde entlang des Bachs eine "Gelbe Zone" ausgewiesen. Diese umfasst einen großen Teil der Innenstadt und reicht vom Kienberg bis zum Christian-Bader-Weg.
Die Bachbetten selbst wurden zudem als "Rote Zonen" gekennzeichnet. Nach Vorlage des Gefahrenzonenplans war die Stadt am Zug, Hochwasserschutzprojekte auszuarbeiten und umzusetzen. 

Bereits im Februar 2019 wurde dem Kufsteiner Gemeinderat ein Gefahrenzonenplan für die Stadtbäche präsentiert.  | Foto: Noggler/BB Archiv
  • Bereits im Februar 2019 wurde dem Kufsteiner Gemeinderat ein Gefahrenzonenplan für die Stadtbäche präsentiert.
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Grüne wollen "ehrliche Debatte"

Die Grünen orten nun die dringende Notwendigkeit, dass alle Fraktionen im Gemeinderat gemeinsam gute und tragfähige Lösungen für den Hochwasserschutz und die Klimawandelanpassung in Kufstein erarbeiten müssen. Ausgehend von der bereits 2017 geführten Debatte um Hochwasserschutz betreffend Kreuzbach, Mitterndorferbach und Kienbach müsse die Diskussion wieder aufgenommen werden, merkt Stefan Graf, Raumordnungssprecher der Kufsteiner Grünen, an. „Wir wollen eine ehrliche Debatte um weitere Möglichkeiten im Hochwasserschutz, auch wenn das bedeuten würde, dass man die Kanalisierung einzelner Bäche wieder rückbauen müsste. Es geht um gute und tragfähige Lösungen für die Zukunft“, so Graf.

FPÖ fordert klare Antworten

Die FPÖ stellte indes die Frage in den Raum, warum dem Kufsteiner Gefahrenzonenplan bis dato keine Maßnahmen folgten. Laut einer medial zitierten Aussage der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes Tirol liege in Kufstein bereits seit dem Jahr 2018 ein neuer Gefahrenzonenplan vor. 

„Wie kann es bitte sein, dass man in drei Jahren - vom neuen Gefahrenzonenplan bis hin zum Hochwasser am vergangenen Wochenende - nicht weiter kommt, als dass drei Projektentwürfe für Hochwasserschutzmaßnahmen am Tisch liegen?",

so FPÖ-Stadtparteiobmann LAbg. Christofer Ranzmaier. Er fordert klare und transparente Antworten aus dem Rathaus, wer die Verantwortung dafür trage, dass vorliegende Hochwasserschutzprojekte nicht "längst umgesetzt sind". 

Wie hoch die Schadensumme nach dem Hochwasser in Kufstein sein wird, ist noch nicht genau abschätzbar.  | Foto: BFV-SZ
  • Wie hoch die Schadensumme nach dem Hochwasser in Kufstein sein wird, ist noch nicht genau abschätzbar.
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Schadensumme noch nicht beziffert

"Wer sich ein bisschen auskennt der weiß, dass solche Millionen-Projekte eine Vorlaufzeit haben",
sagt Kufsteins Bgm. Martin Krumschnabel zu Ranzmaiers Kritik. Man werde aber trotzdem auf eine rasche Umsetzung drängen.
Was die Schadensumme für die Stadt Kufstein, aber auch hinsichtlich der privaten Schäden betrifft, ist noch nichts Näheres bekannt. Bis Donnerstagvormittag haben sich rund achtzig betroffene Bürger bei der Stadt gemeldet. Die meisten Betroffenen dürften jedoch noch intensiv mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sein, einige Bewohner dürften sich laut Rückmeldungen von Nachbarn auch noch im Urlaub befinden. Die Stadt fasst die Meldungen zusammen und leitet diese dann an das Land Tirol weiter. "Ich habe mit Fachleuten gesprochen, die Schadensumme lässt sich derzeit überhaupt noch nicht beziffern. Nach den Schätzungen der Sachverständigen des Landes nach Erhalt der Einreichungen wird man mehr wissen", erklärt Krumschnabel abschließend.

Spendenkonto und Hilfe

Die Stadt Kufstein hat für die Kufsteiner Opfer des Hochwassers ein Spendenkonto eingerichtet. Wer hier finanzielle Hilfe leisten möchte, kann dies gerne auf das Konto „Hochwasser Juli 2021“ IBAN: AT09 3635 8000 3814 7534 tun.
Wer mit Schäden betroffen ist kann sich zusätzlich am Freitag, den 23. Juli und Dienstag, den 27. Juli zwischen 8:30 und 13:00 Uhr in der Stadtpfarre Kufstein St. Vitus melden und unbürokratisch Hilfe beantragen. Die Caritas unterstützt betroffene Haushalte mit einer finanziellen Soforthilfe bis zu 200 Euro pro Person, wenn Wohnraum von Schlamm- oder Wassermassen betroffen war oder notwendige Einrichtungen im Keller zerstört wurden. (bfl)

Wurde die Hochwasser-Gefahr durch die drei Stadtbäche in Kufstein unterschätzt?

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