Welttag der Milch
"Wenn Milch weniger kostet als Mineralwasser, dann läuft etwas schief"

Im Bezirk Kufstein nimmt die Milchwirtschaft einen besonders hohen Stellenwert ein. Am Hof von Andrä Schipflinger (Mitte) „Adambauer“ in Kirchbichl tauschten sich (vlnr.) Heinz Gstir von der Biosennerei Hatzenstädt, Thomas Osl, Werksleiter der Tirol Milch in Wörgl, Bezirksbauernobmann Hans Gwiggner und der Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereines, Sepp Lanzinger, über die Herausforderung und Zukunft der heimischen Milchwirtschaft aus.  | Foto: Tiroler Bauernbund
  • Im Bezirk Kufstein nimmt die Milchwirtschaft einen besonders hohen Stellenwert ein. Am Hof von Andrä Schipflinger (Mitte) „Adambauer“ in Kirchbichl tauschten sich (vlnr.) Heinz Gstir von der Biosennerei Hatzenstädt, Thomas Osl, Werksleiter der Tirol Milch in Wörgl, Bezirksbauernobmann Hans Gwiggner und der Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereines, Sepp Lanzinger, über die Herausforderung und Zukunft der heimischen Milchwirtschaft aus.
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"Milch aus dem Bezirk Kufstein bringt's!", meint der Bauernbund. Bezirksobmann Gwiggner will „Wettbewerbsnachteile im Berggebiet bestmöglich ausgleichen.“ Höchste Qualitätsstandards, Lebensmittelversorgung im eigenen Land und eine gepflegte Kulturlandschaft – dafür sorgen die Milchbauern aus dem Bezirk Kufstein tagtäglich. "Wenn ein Liter Milch weniger kostet als ein Liter Mineralwasser, dann geht hier etwas in die völlig falsche Richtung", sagen die Produzenten.

BEZIRK (red). In 39 Prozent der österreichischen Haushalte werden täglich Milch und Milchgetränke konsumiert. Gut 80 Prozent der Konsumenten legen einen besonders großen Wert auf gentechnikfreie Milch ohne künstliche Farb- und Konservierungsstoffe und Aromen. In Tirol produzierte Milch erfüllt all diese Kriterien und zeichnet sich generell durch besonders hohe Tierschutz-, Qualitäts- und Hygienestandards aus. Tiroler Milch bringt’s aber auf noch vielseitigere Art und Weise.

Im Bezirk Kufstein spielt die Milchwirtschaft eine traditionell besonders große Rolle: „Unsere 932 Lieferanten liefern jährlich rund 86 Millionen kg Milch an unsere vier privaten Sennereien und die Tirol Milch in Wörgl und somit schaffen es unsere Bauern locker, die gesamte Milch-Produktpalette abzudecken“, gibt Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner einen Überblick. „Wir sind ein sehr stark grünlandbasierter Bezirk mit einem extrem hohen Biomilchanteil, da 34 Prozent unserer Bauern Biobauern sind. Es wurde bei uns im Bezirk bereits sehr früh erkannt, dass wir uns mit unserer qualitativ hochwertigen Milch von der Masse am Weltmarkt abheben müssen – nur so haben wir auch in Zukunft Bestand am Weltmarkt“, so Gwiggner und er ergänzt: „Unsere Bauern erhalten unseren Lebens- und Erholungsraum! Sie sorgen für die gepflegte und für Tirol typische Kulturlandschaft, die Touristen wie Einheimische gleichermaßen schätzen. Jeder Tiroler Hof sichert nicht nur die Existenz der jeweiligen Bauernfamilie, sondern mindestens drei weitere Arbeitsplätze in der Region. Deshalb ist die Tiroler Land und Forstwirtschaft von enormer Bedeutung für Wirtschaft und Tourismus im ländlichen Raum.“

Mut zur Nische – Aufklärungsarbeit noch nicht beendet

Diese Bobachtung unterstreicht auch Biopionier Heinz Gstir, der auch Obmann der Biosennerei Hatzenstädt ist: „Es gibt in unserer Bevölkerung einen immer größeren Anteil, der sehr bewusst kauft. 17 Prozent der Trinkmilch ist bereits Biomilch, aber – so ehrlich müssen wir auch sein – der Rest greift nach wie vor zum billigen Produkt und schaut lieber auf den Preis, als auf die Herkunft“, so Gstir, „hier haben wir noch Luft nach oben und hier werden wir auch weiterhin an der Bewusstseinsbildung und Aufklärung arbeiten müssen, auch wenn wir in den vergangenen Jahrzehnten schon sehr viel erreicht haben.“

Almen sorgen für Wohlergehen bei Mensch und Tier

Der Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereines, Sepp Lanzinger, brachte den Mehrwert der heimischen Almen und der Produkte, die während der Sommermonate dort produziert werden, zur Sprache. „Der Anteil an Almmilch ist in den vergangenen Jahren sogar gestiegen und unsere Bauern sind nach wie vor sehr stolz darauf, dass wir diese besondere Art der Tierhaltung in Tirol haben. Trotz des Mehraufwandes für die Almbauern, wird unsere Almwirtschaft nach wie vor stark gepflegt“, so Lanzinger. „Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft unsere Almprodukte und den Mehrwert unserer Almen für die gesamte Bevölkerung als Naherholungsgebiet und Schutzfaktor vor Vermurungen und Umweltkatastrophen noch besser im Bewusstsein unserer Bevölkerung verankern. Da erhoffe ich mir in Zukunft noch mehr Rückendeckung von Seiten der Landespolitik und der Tirol Werbung.“

Versorgung sichern

„Regionale Lebensmittelproduzenten sichern die Versorgung und damit auch die Unabhängigkeit im Land. Damit alle auch noch so kleinen Betriebe, selbst in abgelegenen Ortschaften einen Abnehmer für ihre Milch finden, braucht es eine ausgeklügelte Infrastruktur. Diese stellen wir von der Tirol Milch bereit“, erklärt Thomas Osl, Werksleiter der Tirol Milch in Wörgl und er streicht heraus, wie wichtig ein regionaler Verarbeiter für die 4.400 Milchbetriebe in Tiroler sei. „Denn nur so, können die Bauern ihren Betrieb aufrechterhalten. Auch wenn die Logistik hinter der Milchgewinnung in Tirol um einiges komplizierter ist, als in vielen anderen Regionen: der Aufwand rentiert sich auf alle Fälle. Das beweisen vor allen Dingen die hervorragenden Tiroler Produkte.“

"Transportkostenzuschuss würde Chancenausgleich schaffen"

Bezirksbauernobmann Hans Gwiggner bedankte sich bei Osl für die gute Zusammenarbeit der Tirol Milch mit den heimischen Bauern und brachte ein Problem zur Sprache: „Vielen Konsumentinnen und Konsumenten ist wohl kaum bewusst, dass die Milchabholung im Berggebiet ein enormer Wettbewerbsnachteil gegenüber den Gunstlagen in anderen Regionen Europas darstellt. Es bedarf eines ausgeklügelten Systems, dass alle Milchsorten –angefangen von Silo- über Heu-, Bio-, Alm-, Bioheumilch etc. – sorgfältig voneinander getrennt bei den Bauern vor Ort abgeholt und weiterverarbeitet werden können. Und dieses System bedeutet eben auch einen finanziellen Mehraufwand für die verarbeitenden Molkereien“, so Gwiggner und er sprach offen einen Lösungswunsch aus: „Eine Bezuschussung der Transportkosten wäre in dieser Hinsicht eine enorme Kostenentlastung, die sich in weiterer Folge direkt auf den Milchpreis unserer Bäuerinnen und Bauern auswirken würde.“

Dumpingpreise: der Tod heimischer Landwirtschaft

Wofür alle Gesprächspartner kein Verständnis haben: „Unsere Bauern im Bezirk decken die gesamte Milchpalette in der Region ab. Wenn dann in unseren Kühlregalen und in der Gastronomie auf einmal ausländische Milchprodukte zu Dumpingpreisen zum Verkauf angeboten werden, oder in Supermärkten Milchprodukte zu Schnäppchenpreisen angeboten werden und dann ein Liter Milch weniger kostet als ein Liter Mineralwasser, dann geht hier etwas in die völlig falsche Richtung. Hier können wir nur jeden einzelnen Konsumenten dazu auffordern beim täglichen Einkauf wachsam zu sein und die größeren Zusammenhänge nicht aus dem Hinterkopf zu verlieren.“

Alle Beiträge rund um das Thema Milch finden Sie hier.

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