Verbote treiben merkwürdige Blüten

CBD-Blüten vom "Grünen Kaiser"
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KUFSTEIN (nos). In der Hanfpflanze wurden bislang etwa 200 Wirkstoffe, Cannabinoide genannt, entdeckt. Cannabidiol (CBD) ist einer von ihnen, wirkt im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC) jedoch nicht berauschend.
In Österreich können CBD-Produkte derzeit legal erworben werden, in den vergangenen Monaten wurden in ganz Tirol mehr und mehr Läden eröffnet, die sich CBD-Produkten verschrieben haben. In der Festungsstadt finden sich mittlerweile vier sehr unterschiedliche Bezugsquellen für CBD: Einen alteingesessenen Bio-Laden, einen Online-Shop mit Offline-Plänen, einen "klassischen Headshop" und die Trafik.

Die aromatische Seite

Sie dürfen nicht sagen, ob man es rauchen könnte. Sie dürfen nicht sagen, ob man es essen könnte. Über mögliche gesundheitliche Auswirkungen dürfen sie keine Angaben machen. Die Blüten, Pollen, Wachse und Kristalle gehen als Aromastoffe, als Räucherware über den Ladentisch.
"Einnahme nicht empfohlen" oder "Verwertung untersagt" steht auf allen Verpackungen. CBD-Produkte dürfen nicht als Arzneimittel bezeichnet und verkauft werden. Auch die Bezeichnung als „Nahrungsergänzungsmittel“ ist rechtlich nicht zulässig. Die staatliche Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) schreibt: „Ein relativ neuer Trend sind Cannabinoid-haltige Öle/Extrakte, die zumeist als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht werden. Derartige Produkte entsprechen jedoch nicht der Definition eines Nahrungsergänzungsmittels gemäß § 3 Z 4 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG, BGBl I Nr. 13/2006 idgF). Aus diesem Grund fallen sie nicht unter das Anwendungsgebiet des Lebensmittelrechts.“

Die "Ökoinsel" setzt sich seit langem mit der Cannabispflanze auseinander, seit geraumer Zeit finden sich hier Tees, Öle und mittlerweile auch Blüten mit verschiedenen CBD-Konzentrationen. Die Blüten von "Aroma Kult" werden in verschiedenen Sorten und CBD-Anteilen angeboten. Sie kommen aus der Schweiz.
Von dort beziehen beinah alle Anbieter in Österreich ihre Blüten, Pollen, Tees, Öle oder sonstigen CBD-Produkte, wie der "Grüne Kaiser" erklärt. Derzeit nur als Online-Shop aktiv, planen die drei Kufsteiner aktuell ein Ladenlokal in der Festungsstadt, in dem es sich dann um die Aromen verschiedener Blüten und Pollen drehen soll. Dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht, das lassen sie sich gleich dreifach bescheinigen: Durch den Labortest des Verkäufers, den Labortest des heimischen Zolls und einen in eigenem Auftrag. "Bis der Kunde das Siegel an der Verpackung bricht, übernehmen wir die volle Verantwortung für den Inhalt", so die "Kaiser". Mit der Verpackung haben die Kufsteiner einen ähnlich regionalen Griff gemacht, wie mit der Anspielung auf den Berg im Namen und dem Bildnis von Franz Josef II im Logo und setzen auf Dosen.
"Next Generation" dagegen ist ein "klassischer" Head- und Growshop. Florian und und seine Frau führen die CBD-Blüten, Wachse und Kristalle erst seit kurzem. "Die musst du heute haben, daran kommst du in einem Laden wie unserem gar nicht vorbei", erklärt er.
Die Wachse und Kristalle werden durch Extraktion aus CBD-Blüten gewonnen, die Wirkstoffkonzentration klettert dabei auf bis zu 99 Prozent. Die Blüten schwanken je nach Sorte zwischen drei und acht Prozent, in den Pollen beim "Grünen Kaiser" stecken rund 15 Prozent CBD.
Exotischer ist die Variante, die sich in Trafiken finden lässt: "Liquids" für E-Zigaretten in fünf "Stärken" zwischen 3 mg CBD/ml und 100 mg CBD/ml.

Abgegeben werden alle diese CBD-Produkte nur an Erwachsene. Und noch etwas haben alle Sorten und Produkte gemeinsam: Die Hanfpflanze muss dem EU-zertifizierten Saatgutkatalog entstammen und einen THC-Gehalt unter der im Österreichischen Suchtmittelgesetz definierten Grenze von 0,3 Prozent aufweisen.
Problematisch für Konsumenten und die Polizei: Äußerlich unterscheiden sich die legalen Blüten nicht von den illegalen. Nur eine Laboranalyse kann hier Gewissheit bringen.

"Die Gründe, warum Menschen zu CBD-Produkten greifen sind unterschiedlich. Sie reichen von Schlafstörungen über eine gesündere Alternative zum Tabakrauchen bis hin zur Schmerzlinderung und Bekämpfung von schweren Krankheiten wie Krebs", weiß Günther Ganhör von "Institut Suchtprävention" von "pro mente" Oberösterreich. Diese Erfahrungen haben auch die Kufsteiner Anbieter gemacht.

Die medizinische Seite

"Das Wirkspektrum von CBD wird als antitumorös, antiepileptisch, angstlindernd, antipsychotisch – im Gegensatz zu THC–, antibakteriell und antiviral sowie nervenschützend beschrieben. Forschungsergebnisse aus Tierversuchen sowie erste Erfahrungen aus der medizinischen Behandlung deuten darauf hin, dass CBD vor allem bei Schmerzpatienten, Multipler Sklerose aber auch bei der Behandlung von neurologischen Alterskrankheiten, wie z.B. Parkinson, bei Epilepsie oder Krebserkrankungen positive Ergebnisse erzielt", fasst Ganhör zusammen. In Österreich ist ein Arzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen zugelassen. Es enthält die Kombination von CBD- und THC-Extrakten zur Verbesserung krampfartiger Symptome bei Patienten mit Multipler Sklerose. "Die arzneiliche Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabidiol ohne Kombination mit THC wird derzeit in klinischen Studien geprüft", so Ganhör.
THC als Reinsubstanz – "Dronabinol" – kann als "magistrale Verschreibung", als direkt in der Apotheke zubereitetes Arzneimittel, abgegeben werden. "Jeder Arzt kann eine solche magistrale Zubereitung über ein Suchtgiftrezept anordnen. Nach der derzeitigen Situation ist Ärzten dabei keine eng definierte Indikation auferlegt", so Ganhör. Am ehesten verschrieben werde bei Spastizität bei Patienten mit Lähmungen sowie auch symptomatisch bei Multiple Sklerose-Patienten, zur Linderung chronischer Schmerzen, die auf keine andere Therapie ansprechen oder gegen Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bei Krebs- und AIDS-Patienten.

"Cannabinoide, die aktiven Bestandteile von Cannabis, und ihre Abkömmlinge weisen bei Krebspatienten lindernde Eigenschaften auf, indem sie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen verhindern und den Appetit steigern. Zudem hemmen diese Substanzen bei Labortieren – Mäusen und Ratten – das Wachstum von Tumorzellen. Allerdings gibt es zur Zeit keine zuverlässigen Beweise, nach denen Cannabinoide – natürliche oder synthetische – wirksam Krebs bei Patienten heilen können, auch wenn in diesem Bereich geforscht wird", leitet Dr. Manuel Guzmán seine Übersicht zum Thema Cannabinoide und Krebs ein.
Hier finden Sie einen Vorreport der WHO zum Thema CBD in englischer Sprache.

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